Vollkommen überraschend ist die Marktoberdorfer Krankenhaus-Ruine am Freitagmittag jetzt doch bereits dem Boden gleichgemacht worden. Gegen 12.46 Uhr war der vierstöckige, immer noch fünf auf 20 Meter große Gebäude-Stumpf „nur noch ein Trümmerhaufen“, meldete ein Marktoberdorfer Rentner, der zufällig vor Ort war – und den Baggern bei ihrem Zerstörungswerk zusah.
Nur langsam sprach sich am Freitagnachmittag die Neuigkeit in der Ostallgäuer Kreisstadt herum. Überregionales Medienaufgebot wie an den beiden Sprengungstagen? Fehlanzeige. Nur Anwohner, Spaziergänger und Autofahrer, die zufällig vorbeikamen, bekamen etwas von dem Endabriss mit. Am frühen Nachmittag sind es nur Einzelne.
Sieh Dir hier den nicht geglückten ersten Sprengversuch an:

Viele zeigen sich verwundert, dass nichts von der Abrissaktion bekannt war, schütteln den Kopf. Manche sprechen von einer „Nacht- und Nebel-Aktion.“ „Das gibt es doch gar nicht“, meint eine Frau. „Auf den Spezialbagger zu warten, war wohl zu teuer“, mutmaßt ein anderer. „Heimlich, still und leise ist das jetzt passiert“, sagt ein Autofahrer, nachdem er sein Auto scharf abgebremst hat. Viele Marktoberdorfer zücken ihre Handys, wollen den letzten Zustand ihres Krankenhauses als digitale Fotodatei festhalten. Glücklich wirkt keiner.
Die Politiker hat es nicht interessiert, wie wichtig uns Marktoberdorfern das Krankenhaus war.Eine ehemalige Krankenhausmitarbeiterin
„Die Politiker hat es nicht interessiert, wie wichtig uns Marktoberdorfern das Krankenhaus war“, sagt eine frühere Arzthelferin, die dort 38 Jahre lang gearbeitet hat. Sie ist – fast sechs Jahre nach der Schließungsentscheidung am 27. Juli 2011 – noch immer fassungslos. Auch sie hält die Tabula Rasa im Bild fest. „Ich bin einfach nur traurig“, meint eine andere Frau. Ihr Ehemann erinnert an den seiner Meinung nach „ignorierten Bürgerentscheid“ für das Krankenhaus.
Wer zu Fuß entlang des Krankenhausgeländes unterwegs ist, muss freilich genau hinschauen, um einen Blick auf den Trümmerhaufen zu erhaschen – muss auf Sitzbänke steigen oder durch einen Spalt im Bauzaun der Baufirma Hubert Schmid hindurchlugen. Denn das Gelände ist stark verrammelt. „Sie sehen doch, dass das Krankenhaus jetzt nicht mehr steht“, beantwortet ein zugeknöpfter Bauarbeiter die Frage, was denn nun mittags genau passiert sei.
Mithilfe von Ketten und Seilen haben zwei unserer Bagger die Ruine ’runtergezogen.Bauleiter Xaver Hipp
Auskunftsfreudiger ist ein Bauleiter der Firma Hubert Schmid, Xaver Hipp. Nein, ganz von alleine sei die Klinik-Ruine nicht zusammengekracht, sagt er. „Mithilfe von Ketten und Seilen haben zwei unserer Bagger die Ruine ’runtergezogen“, berichtet Hipp. Dank der vielen Risse im Mauerwerk durch die zwei Sprengungen „hat scheinbar auch nicht mehr viel gefehlt“, erklärt Hipp. In gut zwei Stunden sei die Sache erledigt gewesen. Nur fünf oder sechs Mann seien dafür nötig gewesen, darunter die zwei Baggerfahrer.
Da der aufwendige Transport des Seilbaggers mit Abrisskugel dadurch nun wegfalle, habe das Bauunternehmen Geld und Zeit gespart. „Aber alles ist mit rechten Dingen zugegangen“, beteuert Hipp. Seine Firma habe das Abbruchkonzept beim Gewerbeaufsichtsamt noch kurzfristig eingereicht. „Jeder unserer Mitarbeiter war außerhalb des Gefährdungsbereichs.“