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Eine Nachtschicht im Stellwerk Buchloe – wenn erst mal kein Zug mehr aus München kommt

Stellwerk Buchloe

Und dann kommt erst mal kein Zug mehr aus München

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    Fahrdienstleiterin Sophia Negele hat Nachtschicht im Stellwerk Buchloe und koordiniert den Bahnverkehr.
    Fahrdienstleiterin Sophia Negele hat Nachtschicht im Stellwerk Buchloe und koordiniert den Bahnverkehr. Foto: Johannes Füssel

    Kurz vor 21 Uhr: Das Bahnhofsgelände in Buchloe ist in ein beeindruckendes Abendrot getaucht. Wie jeden Tag rund um die Uhr wachen oben im Stellwerk der DB Fahrdienstleiterinnen und Fahrdienstleiter über den ein- und ausgehenden Bahnverkehr.

    21 Uhr: Dienstbeginn im Stellwerk Buchloe

    Gerade ist Schichtwechsel. Während ihr Kollege sich in den Feierabend verabschiedet, beginnt für Sophia Negele die Nachtschicht, die bis 7 Uhr morgens geht. „Das ist nur am Wochenende so, sonst geht der Nachtdienst bis 6 Uhr in der Früh“, sagt die 21-jährige Biessenhofenerin. Für sie ist das kein Problem: „Ich mache lieber die Nachtschichten.“

    Seit September 1847 gibt es die Bahnstrecke zwischen Augsburg und Kaufbeuren. Im Oktober des folgenden Jahres wurde die erste Station in Buchloe fertiggestellt. Dass der Bahnverkehr für Buchloe bedeutet ist, zeigt sich in einer historischen Zahl: Um 1950 waren rund ein Drittel der damals 5000 Buchloerinnen und Buchloer bei der Eisenbahn beschäftigt oder wirtschaftlich von ihr abhängig. Am 7. Dezember 1975 waren dann auch in der Gennachstadt die Tage der mechanischen Stellwerke gezählt – ein acht Millionen D-Mark teures „Spurplan-Drucktasten-Stellwerk“ verrichtet seither seinen Dienst.

    21.20 Uhr: Die Gleise zwischen Buchloe und Kaufering werden gesperrt

    Negele telefoniert kurz und legt auf. Der Zug, der aus München kommt, wird wie jeder andere auch per Telefon angemeldet. Erst wenn die Fahrdienstleiter die Strecke freigeben, kann er in den Bahnhof einfahren. An diesem Abend aber wird die Strecke für Züge, die aus der Landeshauptstadt kommen, erst einmal gesperrt. „Der Lokführer hat beim Fahren einen Schlag gespürt“, sagt sie. Es bestehe die Gefahr, dass etwas auf den Schienen lag. „Sicherheit geht vor Pünktlichkeit“, betont Negeles Chef Christian Wolter-Prautsch.

    Es ist kurz vor halb zehn, und inzwischen sind beide Gleise auf der Strecke Kaufering-Buchloe gesperrt. Auf der Schalttafel im Buchloer Stellwerk sind jetzt zwei Marker gesteckt – ein X darauf symbolisiert, dass die Strecke vorübergehend außer Betrieb ist. Ein System aus Kontrollleuchten zeigt, welche Gleise frei sind und welche nicht.

    Diese Schalttafel wird es bald nicht mehr geben, denn das Stellwerk wird modernisiert. Dann schauen die Fahrdienstleiter auf acht Monitore, und die Mitarbeiter, die für den Kauferinger Bahnhof zuständig sind, arbeiten auch in Buchloe. Nachts koordiniert dann eine Person beide Bahnhöfe. Inzwischen hat Negele die Betriebszentrale in München informiert. „Die schicken jetzt jemanden raus zur Streckenprüfung“, erklärt sie.

    Im Schnitt fährt nur noch ein Zug pro Stunde in der Nacht, dem die Fahrdienstleiter im Stellwerk Buchloe die Ein- und Ausfahrt genehmigen.
    Im Schnitt fährt nur noch ein Zug pro Stunde in der Nacht, dem die Fahrdienstleiter im Stellwerk Buchloe die Ein- und Ausfahrt genehmigen. Foto: Johannes Füssel

    Die Bahn spricht inzwischen nicht mehr von Fahrdienstleitern, offiziell heißt die Tätigkeit „Eisenbahner in der Zugverkehrssteuerung“. Die Ausbildung dauert drei Jahre, aber auch der Quereinstieg ist möglich. Wenn ein Interessent bereits eine Berufsausbildung, meist technischer Art, vorweisen kann, verkürzt sich die Lehrzeit auf zehn Monate. Das Jahresgehalt variiert zwischen 44.600 Euro und 64.500 Euro - je nachdem wie komplex das Stellwerk ist. Das in Buchloe gehört der Kategorie „komplex“ an, so Wolter-Prautsch. Die Anlagen in München und Augsburg haben den Status „besonders komplex“.

    Kein Zugverkehr nach Türkheim, denn die Polizei untersucht einen Zug

    Inzwischen ist auch die eingleisige Strecke nach Türkheim gesperrt. „Die Polizei ist vor Ort und untersucht den Zug“, erklärt Negele. Die Züge aus München haben derweil eine Verspätung von rund 40 Minuten und werden über Augsburg umgeleitet. Ihren Beruf habe sie „per Zufall“ entdeckt, berichtet die Biessenhofenerin.

    „Es müssten rund 300 Züge insgesamt sein, die wir von hier oben aus koordinieren“, beschreibt Wolter-Prautsch das tägliche Arbeitspensum des Buchloer Stellwerks. 250 Züge entfallen auf den Personenverkehr, der Rest auf den Güterverkehr. „Im Schnitt fährt jetzt nur noch ein Zug pro Stunde“, berichtet Nägele vom üblichen spätabendlichen Betrieb. Tagsüber seien es viermal so viele. Vor allem die langsameren Güterzüge würden nachts auf die Bahnstrecken geschickt.

    Um 22.30 Uhr kommt die Entwarnung

    Inzwischen ist es 22.30 Uhr. Nägele hat eine Entwarnung bekommen und kann die Strecke Kaufering-Buchloe wieder freigeben. „Manchmal legen Raben Nüsse oder Steine auf die Gleise, das rumpelt dann auch“, erklärt Wolter-Prautsch. Rund eine halbe Stunde später fährt der letzte Zug nach Lindau ab. Die Nachtschicht dauert noch – gegen halb zwei wird es ruhiger, ab 4 Uhr wird der Bahnverkehr wieder dichter. Dann sind es für Nägele nur noch drei Stunden bis zum Feierabend.

    Unsere Serie: Nachtschicht

    In unserer Serie „Nachtschicht“ begleiten wir Menschen in Buchloe bei ihrer Arbeit, wenn andere schon Feierabend haben. Sei es bei der Koordinierung des Bahnverkehrs im Stellwerk, im Seniorenheim oder unterwegs mit dem Milchsammelwagen.

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