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Landkreis Landsberg: Vor 80 Jahren: Landsberg und der Holocaust

Landkreis Landsberg

Vor 80 Jahren: Landsberg und der Holocaust

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    Amerikanische Soldaten auf einem Foto im Lager Kaufering IV bei Hurlach, das am 27. oder 28. April 1945 gemacht wurde.
    Amerikanische Soldaten auf einem Foto im Lager Kaufering IV bei Hurlach, das am 27. oder 28. April 1945 gemacht wurde. Foto: Stadtarchiv Landsberg

    Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee im Konzentrationslager Auschwitz rund 7000 überlebende Gefangene. Nach einem Beschluss der Vereinten Nationen wird an diesem Tag seit 2006 der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, in Deutschland seit 1996. Auch in Landsberg fand an diesem Montag dazu eine Gedenkveranstaltung statt. Denn die Stadt am Lech war ein Ort des Holocaust. Ein Teil ihrer Geschichte, mit dem sich Politik und Bürger lange Zeit schwertaten.

    Das Rüstungsprojekt mit dem Tarnnamen „Ringeltaube“ begann im Juni 1944 mit dem Bau von unterirdischen Fabriken im Frauenwald zwischen Landsberg und Igling. Dort sollten Kampfflugzeuge hergestellt werden. Auf der Baustelle musste auch eine große Zahl jüdischer KZ-Häftlinge arbeiten, darunter Frauen und Kinder. Die Häftlinge wurden unter unmenschlichen Bedingungen in Viehwaggons transportiert, anfangs kamen sie vor allem aus Auschwitz und anderen Lagern im Osten. Viele von ihnen überlebten den Transport nicht.

    Elf KZ-Außenlager in Landsberg und Umgebung

    Die jüdischen Häftlinge wurden in elf Lagern in Landsberg und Umgebung untergebracht, die die Namen „Kaufering I“ bis „Kaufering XI“ trugen. Obwohl die meisten auf Landsberger Flur lagen, erhielten sie den Namen des benachbarten Ortes, weil die Transporte am dortigen Bahnhof endeten. Die Unterkünfte der Häftlinge waren primitiv - Hütten aus Sperrholzplatten, Erdhütten und Tonflaschenbunker, kaum gegen Kälte geschützt. Wie bei den Arbeitseinsätzen in Auschwitz, war in den Lagern in und um Landsberg die „Vernichtung durch Arbeit“ das Ziel der SS.

    Das Foto aus dem Jahr 1945 zeigt die Erdhütten des KZ-Außenlagers Kaufering IV bei Hurlach.
    Das Foto aus dem Jahr 1945 zeigt die Erdhütten des KZ-Außenlagers Kaufering IV bei Hurlach. Foto: Stadtarchiv Landsberg

    Auch am Tag der Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz starben in den Lagern und auf der Baustelle im Frauenwald Häftlinge. Doch es gab auch Hoffnung inmitten des Grauens. Zwischen Dezember 1944 und Februar 1945 kamen im KZ-Außenlager Kaufering I sieben jüdische Kinder zur Welt. Das „Wunder von Kaufering“ war die Ausnahme im mörderischen System der Konzentrationslager. Ende April 1945, als sich die amerikanische Armee Landsberg näherte, wurden die Lager geräumt. Ein kleiner Teil der Häftlinge blieb zurück, die anderen mussten zu Fuß nach Dachau und Allach und später in Todesmärschen Richtung Alpen. Das Lager IV bei Hurlach wurde nach der Räumung vom Lagerarzt angezündet. Dabei verbrannten nicht nur die Toten, sondern wohl auch viele Schwerkranke. Größere bauliche Überreste haben sich nur in Lager VII zwischen Landsberg und Erpfting erhalten. Ansonsten erinnern heute vor allem die sieben KZ-Friedhöfe an die Opfer.

    Landsberger Schüler stellten für einen Geschichtswettbewerb Nachforschungen an

    Der Holocaust in Landsberg war lange Jahre kein Thema in der Stadt. Als der Gymnasiallehrer Anton Posset Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre mit seinen Schülern für Geschichtswettbewerbe Nachforschungen anstellte, waren diese nicht erwünscht. Mit Gleichgesinnten gründete Posset 1983 die „Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert“. Sie erwarb Flächen des ehemaligen Lagers VII und errichtete dort die „Europäische Holocaustgedenkstätte“. Auch Barbara Fenner legte Spuren eines KZ-Außenlagers mit ihren Schulklassen frei. Das Unterrichtsprojekt „Wir machen ein KZ sichtbar“, führte Fenner 1993 bis 1995 mit Neunt- und Zehntklässlern am Ignaz-Kögler-Gymnasium durch. Die Projektgruppe legte im ehemaligen Lager Kaufering XI Betonfundamente der Baracken frei und kartierte das Gelände.

    Die Tonröhrenbunker des KZ-Außenlagers Kaufering VII zwischen Landsberg und Erpfting sind noch erhalten.
    Die Tonröhrenbunker des KZ-Außenlagers Kaufering VII zwischen Landsberg und Erpfting sind noch erhalten. Foto: Thorsten Jordan (Archivbild)

    Das KZ-Außenlager VII soll zum Dokumentationszentrum werden. Viele Jahre lang waren Sicherung und Erhalt Angelegenheit einiger weniger engagierter Bürger. Die Bundesrepublik hat der Europäischen Holocaustgedenkstätte nationale Bedeutung zugesprochen. Doch das Projekt befindet sich seit einigen Jahren in der Warteschleife. Zuletzt hatte Gabriele Triebel, die Präsidentin der Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung, gegenüber unserer Redaktion Kritik an der Stadt geübt. Denn momentan sei nicht zu erkennen, dass sich diese mit ihrem Teil des historischen Areals in die Planungen einbringt.

    Triebel hatte sich angesichts der Pläne der Stadt für den Kratzerkeller zu Wort gemeldet. Dort soll in einer Art Atelier an das DP-Lager erinnert werden, das sich dort befand. „Wenn man das eine macht, darf das aber nicht heißen, dass man das andere nicht macht“, hatte die Landtagsabgeordnete der Grünen gesagt und sich auf die geplante Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Kaufering VII bezogen. Ein Drittel des Grundstücks sei in Besitz der Europäischen Holocaustgedenkstätte Stiftung, die anderen zwei Dritteln des Grundstücks gehörten der Stadt. Triebel ist es wichtig, dass es mit den Plänen für einen Gedenkort auf dem ehemaligen Gelände des Lagers VII vorangeht. „Es geht darum, an das Schicksal der vor allem jüdischen Menschen, die dort gelitten haben und ermordet wurden, würdig zu erinnern.“

    (Ein Teil des Artikels ist bereits am 27. Januar 2015, anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, erschienen)

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