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Kann die Kneipp-Lehre bei Post-Covid helfen? Das soll eine Studie im Allgäu nun beweisen.

Mit kaltem Wasser gegen Erschöpfungszustände

Kann Kneipp Menschen mit Post-Covid helfen? Eine Studie im Allgäu will das beweisen

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    Andreas Eggensberger, Chef des gleichnamigen Therapiezentrums hier bei einem Patientengespräch, ist überzeugt davon, dass die Kneipp-Lehre Long-Covid-Patienten helfen kann.
    Andreas Eggensberger, Chef des gleichnamigen Therapiezentrums hier bei einem Patientengespräch, ist überzeugt davon, dass die Kneipp-Lehre Long-Covid-Patienten helfen kann. Foto: Therapiezentrum Eggensberger

    Ein Heilversprechen will Andreas Eggensberger nicht geben. „Aber wir haben eine Idee, wie man Long Covid und Erschöpfungszustände nach anderen Virus-Infektionen nach der Kneipp-Lehre behandeln kann“, sagt der Chef des Therapiezentrums Eggensberger in Hopfen am See. Zwei Studien sollen zeigen, ob der Ansatz funktioniert. Ab sofort können sich Probanden dafür auf der Internetseite www.studie-eggensberger.de anmelden.

    Die erste und größere Studie befasst sich mit dem Effekt der Kneipp-Hydrotherapie auf Post-Covid-Patienten. Das Therapiezentrum Eggensberger führt sie zusammen mit der Schön Klinik im Berchtesgadener Land und der Philips Universität in Marburg durch. An den Königssee kommen dabei Patienten, die rehafähig und damit bis zu einem gewissen Grad körperlich belastbar sind. Sie erhalten neben Hydro- auch Bewegungstherapie. In Hopfen dagegen gibt es eine reine Hydrotherapie. „Deshalb gehen wir davon aus, dass wir auch schwere Fälle bekommen. Das wird eine Herausforderung“, sagt Eggensberger.

    Warum es für die Patienten in Hopfen einen sehr strengen Plan gibt

    Auf die Patienten wartet in Hopfen ein strenger Plan. „Wir diskutieren nicht, ob jemand auf etwas Lust hat. Wir geben den Ablauf vor. Wer das nicht will, kann nicht teilnehmen“, erklärt Eggensberger. Diese Struktur folgt Kneipps Ordnungslehre und soll den Patienten helfen, wieder in geregelte Abläufe zu finden. Die Betroffenen seien oft seit Monaten oder Jahren in ihren Erschöpfungszuständen und der damit einhergehenden Immobilität gefangen. Sie daraus zu befreien, ist Teil der Therapie.

    Der Tag beginnt für die Studienteilnehmer um 5 Uhr früh. Dann werden sie in ihren Zimmern durch eine Oberkörperwaschung mit einem kalten, nassen Waschlappen geweckt. Danach legen sie sich wieder ins warme Bett. „Dadurch ziehen sich die Blutgefäße zusammen und weiten sich wieder“, erklärt Eggensberger. Das sei ein Reiz für das vegetative Nervensystem, das im menschlichen Körper alles steuert, von der Verdauung über die Fortpflanzung bis hin zur Entspannungsfähigkeit.

    Über einen Ohrclip messen die Patienten ihre Herzratenvaribilität (HRV) sprich die Regelmäßigkeit des Herzschlags. Sie zeigt laut Eggensberger, wie gut jemand entspannen kann. Ein absolut regelmäßiger Herzschlag deute auf Stress hin, einer mit leichten Schwankungen auf Entspannung. Die Methode sei schon vor Jahrhunderten in China und anderen Regionen der Welt angewandt worden.

    Nach dem Frühstück gibt es wieder eine Oberkörperwaschung. Danach müssen die Probanden etwas herumlaufen und haben bis zum Mittagessen freie Zeit. Nachmittags folgen Güsse bis zum Knie und eine Unterkörperwaschung. Mit kalt gewaschenen Beinen geht es ins Bett.

    Das ist die Idee hinter der Therapie bei Eggensberger

    Die Idee dahinter ist, das vegetative Nervensystem so anzuregen, dass die Patienten wieder auf die Beine kommen. Durch den Reiz des kalten Wassers wird zudem das Herz-Kreislauf-System gestärkt, die Durchblutung verbessert und das Immunsystem unterstützt. „Wir machen etwas ziemlich Simples. Aber ich bin mir sicher, dass die Leute davon profitieren. Vor allem nehmen wir sie und ihre Leiden ernst“, sagt Eggensberger. Viele Betroffene hätten schon eine Ärzte-Odyssee hinter sich. Ihre Beschwerden sind ständige Erschöpfung, Muskelschmerzen, Konzentrationsprobleme oder Kreislaufschwäche. Symptome, die ihren Alltag und ihre Arbeitsfähigkeit mitunter massiv beeinträchtigen.

    Um sich für die Studie bewerben zu können, muss bei den Probanden ein Post-Covid-Syndrom diagnostiziert worden sein, sie müssen seit mindestens zwölf Wochen Symptome haben, volljährig sein und ihren Alltag noch weitgehend ohne fremde Hilfe bewältigen können. Insgesamt dauert die Studienteilnahme sechs Monate, wovon die Patienten drei in Hopfen verbringen, den Rest zu Hause.

    So läuft die zweite Stunde im Therapiezentrum Eggensberger ab

    Die zweite Studie führt das Hopfener Therapiezentrum mit der Hochschule Kempten durch. Sie richtet sich nicht nur an Post-Covid-Patienten, sondern auch an Personen, die nach anderen Virusinfekten an Erschöpfungszuständen leiden. Die Probanden erhalten dabei Bewegungs- und Hydrotherapie. „Sie sind sieben Tage im Haus und in der Zeit zeigen wir ihnen, was die danach acht Wochen lang selbst machen sollen“, erklärt Eggensberger.

    Es handelt sich dabei um eine reine Machbarkeitsstudie mit einer kleinen Fallzahl von 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Sie untersucht, ob die Kneipp-Methode Menschen mit Erschöpfungssymptomatik nach einer Viruserkrankung helfen kann. Ziel ist es herauszufinden, was genau funktioniert und das dann noch einmal in einer größeren, allgäuweiten Studie zu überprüfen.

    Finanziert werden beide Studien, deren förderfähige Kosten bei insgesamt 675.000 Euro liegen, zu 70 Prozent vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit. Das Förderprogramm greift laut Eggensberger nur bei Kurorten. Er sieht daher in den Studien auch eine Chance für Kurorte.

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