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Balderschwang debattiert: Wie Literatur den Klimawandel beleuchtet

Bald Winter ohne Schnee?

Balderschwang im Dialog: Klimawandel, Literatur und die Folgen des Schneemangels

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    Wie geht ein Tourismusort wie Balderschwang mit Schneemangel um? Darüber diskutierte ein Expertengremium.
    Wie geht ein Tourismusort wie Balderschwang mit Schneemangel um? Darüber diskutierte ein Expertengremium. Foto: Matthias Becker (Archiv)

    Balderschwang, eine Gemeinde, die maßgeblich vom Tourismus lebt, setzt sich mit den Folgen des Klimawandels auseinander. In einer Veranstaltung von „Beyond Snow“, einem EU-geförderten Projekt des Gemeindenetzwerks „Allianz in den Alpen“, wurde der Klimawandel durch Literatur beleuchtet. Autor Arno Camenisch las aus seinem preisgekrönten Roman „Der letzte Schnee“. Anschließend gab eine Podiumsdiskussion zum Schneemangel Raum für Analysen, persönliche Geschichten und neue Perspektiven.

    Sie diskutierten über die Auswirkung von Schnellmangel (von links) Marc Traubel (Hubertus Mountain Refugio Allgäu), Katharina Gasteiner (Allianz in den Alpen), Rolf Eberhardt (Naturpark Nagelfluhkette), Johanna Holzmann (Skicross-Weltcupathletin), Evi Sachenbacher-Stehle (Biathlon-Olympiasiegerin) und Pirmin Moser (Sattel-Hochstuckli AG, Schweiz).
    Sie diskutierten über die Auswirkung von Schnellmangel (von links) Marc Traubel (Hubertus Mountain Refugio Allgäu), Katharina Gasteiner (Allianz in den Alpen), Rolf Eberhardt (Naturpark Nagelfluhkette), Johanna Holzmann (Skicross-Weltcupathletin), Evi Sachenbacher-Stehle (Biathlon-Olympiasiegerin) und Pirmin Moser (Sattel-Hochstuckli AG, Schweiz). Foto: Simone Zehnpfennig (Allgäu GmbH)

    Arno Camenisch liest aus „Der letzte Schnee“

    Der Schweizer Autor Arno Camenisch rezitierte aus seiner Geschichte eines schneelosen Winters in den Bündner Bergen. Sie machte deutlich, wie tief der Schnee in der Identität alpiner Regionen verwurzelt ist. Camenischs skurrile Dialoge und nostalgische Beobachtungen sorgten für viele Lacher im Publikum. Die anschließende Diskussion kreiste um die Frage, wie Orte wie Balderschwang mit dem Klimawandel umgehen, wenn Schnee – sowohl emotional als auch wirtschaftlich bedeutend – zunehmend seltener wird?

    Der Schweizer Autor Arno Camenisch las aus seinem Buch „Der letzte Schnee“.
    Der Schweizer Autor Arno Camenisch las aus seinem Buch „Der letzte Schnee“. Foto: Augsburger Allgemeine (Archiv)

    Balderschwangs Bürgermeister Konrad Kienle erinnerte an die Kirchenrenovierung von 1970. Damals hatte der Gemeindepfarrer einen Brief unter dem Altarstein hinterlegt. Darin schrieb er: „Nur wenige Seelen bei der Patroziniumsmesse des Hl. Antonius anwesend, denn das Tal liegt unter einer geschlossenen Schneedecke, die Älpler können nicht auffahren.“ Das Fest des Hl. Antonius wird am 13. Juni gefeiert.

    Schneelage wird unvorhersehbar

    Biathlon-Olympiasiegerin Evi Sachenbacher-Stehle und die Skicross-Weltcupathletin Johanna Holzmann schilderten, wie sich der Rückgang des Schnees auf den Sport auswirkt. Die zunehmende Unvorhersehbarkeit der Schneelage erfordere von Sportlern mehr Flexibilität in der Freizeitgestaltung – auch zugunsten schneefreier Aktivitäten. Dennoch sahen sie eine unverändert hohe Leidenschaft für Ski und Board. Beide appellierten dafür, den Schneesport, soweit es gehe, aufrechtzuerhalten, damit die jungen Generationen diese Freude am Schnee kennenlernen dürften – insbesondere, weil Schnee identitätsstiftend sei.

    „Schnee inszeniert den Winter, und es gibt keine Alternative für Schnee.“

    Pirmin Moser, Vizepräsident der Sattel-Hochstuckli AG in der Schweiz

    Pirmin Moser, Vizepräsident der Sattel-Hochstuckli AG (Schweiz) und Beyond Snow-Sparringpartner von Balderschwang, berichtete von zwei Liftschließungen. „Das hat starke Emotionen ausgelöst“, sagte Moser. Letztendlich sei es jedoch eine wirtschaftliche Entscheidung gewesen. „Es ist töricht, im Sommer viel Geld zu verdienen, um es im Winter zu verbrennen“, betonte er. Die Leute kämen trotzdem – auch ohne Skilifte. Dennoch bleibe es schwierig, für Schneearmut eine Strategie zu finden: „Schnee inszeniert den Winter, und es gibt im Grunde keine Alternative für Schnee.“

    „Schnee wird immer mehr zum besonderen Erlebnisgut.“

    Marc Traubel, Chef des Hotels Hubertus in Balderschwang

    Marc Traubel, Hotelier des Hubertus Mountain Refugio in Balderschwang, betonte, dass auch mit weniger Schnee neue Zielgruppen angesprochen werden könnten, darunter Nicht-Skifahrer. Als Beispiel nannte er Familien: „Denen geht es gut, wenn die Kinder glücklich sind – dafür reicht möglicherweise ein kleines Skigelände schon aus.“ Traubel empfiehlt Gelassenheit: „Es wird auch wieder Super-Winter geben. Und Schnee wird eben immer mehr zu einem besonderen Erlebnisgut.“

    Naturpark als Schlüssel für sanften Tourismus

    Rolf Eberhard, Leiter des Naturparks Nagelfluhkette, betonte die Anpassungsfähigkeit der Natur: „Seit 2008 haben sich die Winter stark verändert, dafür muss man keine Statistik zitieren. Das betrifft auch Tiere und Vegetation. Wir müssen das sorgfältig beobachten, aber nicht mit Schrecken in die Zukunft blicken – Anpassung ist möglich.“ Der Naturparks sei ein wertvolles Label, um authentische und nachhaltige Erlebnisse zu schaffen. Diese seien entscheidend für einen sanften Tourismus, der auf Qualität und Nachhaltigkeit setzt.

    Perspektiven für Balderschwang

    In der Diskussion mit dem Publikum betonte ein Hotelier, dass man sich nicht allein auf den Winter und wenige Wochen Alpsommer konzentrieren könne: „Das Jahr hat zwölf Monate.“ Die Belegung könne etwa durch aktive Naturerlebnisse ergänzt und gestärkt werden. Es gehe darum, authentisch zu bleiben, die eigenen Stärken klar zu definieren und das Vertrauen der Gäste langfristig zu gewinnen. Besonders beliebt bei Tourengehern ist im Winter das Riedberger Horn. Ein Gast wies am Beispiel der Rhön darauf hin, dass auch Regionen mit wenig Schnee attraktiv seien. Er selbst habe in einem schneelosen Winterurlaub festgestellt: „Balderschwang ist auch in Grün schön.“

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