Es ist so etwas wie der heilige Gral des Radsports: Alpe d‘Huez. Der französische Wintersportort ist als Zielort zahlreicher Tour-de-France-Etappen nicht nur Schauplatz etlicher denkwürdiger Duelle gewesen. Beim Anstieg auf 1850 Metern werden die Athleten in aller Regel frenetisch von den Massen hinaufgepeitscht.
Ein ähnliches Stimmungsbild dürften sich die Organisatoren des Rad Race 120 ausgemalt haben, als sie das Streckenupdate für eins der größten Radrennen Deutschlands ausgetüftelt haben. Erstmals steigt der Prolog zum Megaevent im Oberallgäu am Samstag am Oberjoch (10 Uhr in Bad Hindelang). Wir schauen zum Auftakt des Rad Race 120 auf Zahlen und Fakten rund ums Spektakel.
30-Sekunden-Takt: In diesem Rhythmus gehen die Teams vom Kurhaus aus auf die Strecke bis zum Kreisel am Joch. „Wir erhoffen uns am Jochpass die Stimmung, wie es sie bei der Tour in Alpe d’Huez gibt. Das war an der Staig in Sonthofen schlicht nicht möglich“, sagt Marlon Wörndl vom ausrichtenden „808project“. „Die Strecke unterstreicht den Teamgedanken (die Zeit des dritten Fahrers zählt) und wir haben die Möglichkeit, eine wahnsinnige Atmosphäre zu transportieren. Wir gehen dahin, wo es richtig wehtut und gleichzeitig wunderschön ist.“

13:02 Minuten sind die unglaubliche Bestzeit, die Christoph Wachter (Allgäu Outlet Raceteam) am Oberjoch hält. Der Lokalmatador ist zwar nicht dabei – seine Zeit ist aber die „Benchmark“. 6,9 Kilometer und 340 Höhenmeter sind zu bewältigen. „Das wird außergewöhnlich für die Sportler und für die Zuschauer“, sagt Kilian Stückler. Der Geschäftsführer der Hirschbrauerei ist heuer das dritte Mal dabei – und hat 2025 schon fünfmal das Oberjoch angegriffen. „Zur Staig hoch musste ich mich das erste Mal übergeben“, sagt Stückler lachend. „Das Joch ist komplett anders. Vielleicht kann man es sogar genießen.“
120 Kilometer: Im Grunde sind es über 126 Kilometer und 2230 Höhenmeter, die das Feld am Sonntag im Hauptrennen erwarten. Ab 6.15 Uhr geht es vom Eisstadion in Sonthofen (auf den ersten sechs Kilometern neutralisiert ohne Zeitnahme) über Immenstadt nach Oberstaufen und Hittisau. Übers Rohrmoos führt der Kurs nach Obermaiselstein über den Riedbergpass nach Balderschwang und erneut Rohrmoos ins Ziel an der Hörnerbahn in Bolsterlang. „Die Aufregung vor dem Start ist immer ein wenig da. Aber wenn man dann in der Gruppe mit 60 Leuten in der Morgendämmerung am Alpsee entlangfährt, ist das extrem cool“, sagt Stückler. „Mit der Erfahrung aus ein paar Jahren, weiß man inzwischen, wo man sich zügeln muss.“
5 gewinnt: An fünf besonderen Spots kommen Zuschauer am Event-Wochenende auf ihre Kosten. Allen voran am Jochpass: Jeder Kilometer wird von einem Sponsor begleitet. Im Rennen herrscht Rechtsfahrgebot – auf der anderen Straßenseite können Zuschauer hoch- und runterlaufen. Starts haben immer ihren besonderen Reiz – so auch der in Sonthofen. In Obermaiselstein wartet entlang der Strecke eine Fanmeile. Der Knackpunkt der Strecke, der Riedbergpass, ist nicht nur für die Athleten ein Schlüsselerlebnis – auch für Zuschauer könnte es ein emotionaler Hotspot werden. Der Schlussanstieg zur Hörnerbahn-Talstation in Bolsterlang ist für die Sportler schmerzhaft, für die Zuschauer das furiose Finale des Rennwochenendes.
Rad Race: 12.000 Menschen in Sonthofen und Umgebung
12.000 Personen fluten am Wochenende die Kreisstadt und ihre Umgebung. Das Spektakel ist in den vergangenen Jahren von 2200 Teilnehmern auf die stolze Zahl von 3300 gewachsen. Weitere 800 waren laut Wörndl auf der Warteliste. Die Kreisstadt verkraftet den Andrang allemal. „Wir rechnen im Schnitt mit über zwei Begleitpersonen pro Teilnehmer. Genau kann man das aber nie sagen“, sagt Christoph Fürleger-Rädler, der betont, dass Sonthofen und die Umgebung davon profitieren. „Wir erreichen ein junges, aktives Publikum – Menschen, die bleiben, übernachten, essen und sich austauschen.“
198 Feuerwehrleute aus 19 Ortschaften sind heuer beim Rad Race im Einsatz. Neben all den ehrenamtlichen Helfern stehen allein 50 Personen beim Bergzeitfahren am Oberjoch, darunter die Feuerwehr Hindelang, der Skiclub Hindelang und freiwillige Helfer aus der ganzen Region. Insgesamt sind 450 Personen von den Hindelanger Vereinen über den Skiclub Sibratsgfäll bis zum Trachtenverein Bolsterlang im Einsatz, die das Mammut-Event unterstützen. „Das zeigt, wofür dieses Event steht“, sagt Wörndl. „Die Helfer im Hintergrund leben diese Veranstaltung mit. Ohne sie würde all das nicht gehen.“
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