Der größte See Italiens als juristische Person. Was zunächst abwegig klingen mag, fordert derzeit eine Bürgerbewegung am Gardasee. Laut eines Berichts des Giornale de Brescia hat sich die Bewegung zum Ziel gemacht, dem See eigene Persönlichkeitsrechte zu verschaffen. Doch was steckt hinter diesem Wunsch – und kann er in Erfüllung gehen?
Bewegung fordert Persönlichkeitsrechte für den Gardasee
Immer mehr Touristen besuchen den Gardasee, dieser Trend ist schon seit Jahren zu erkennen. Eine Erhebung des italienischen Umweltverbands Legambiente ergab: Zwischen 2014 und 2024 stieg die Zahl an Urlaubern um 27 Prozent an. Folgen dieses Overtourism sind unter anderem Zersiedlung und eine schwindende Biodiversität, die den See bedrohen. Das behauptet zumindest eine Bürgerbewegung, die sich unter dem Namen „Föderation zur Anerkennung der Rechte des Gardasees“ zusammengeschlossen hat. Laut dem Giornale de Brescia vereint die Bewegung Umweltorganisationen und Verbände. Darunter befinden sich „Gaia animali e ambiente“ und „Legambiente“.
„Der See soll nicht länger ein Objekt der Kommerzialisierung sein, sondern ein Subjekt, das geschützt werden muss“, fordert die Föderation laut mehreren italienischen Medien, unter anderem dem Giornale di Brescia. Schützen möchte die Bewegung den See durch die Ernennung zur juristischen Person. Mit dieser Forderung ist sie bereits an die Politik herangetreten. Mit Persönlichkeitsrechten ausgestattet könnte der Gardasee beispielsweise, vertreten durch Treuhänder, Klagen gegen Umweltverschmutzung einreichen, erklärte Pasquale Viola, Professor für Europäisches und Vergleichendes Umweltrecht an der Universität Triest im Gespräch mit siviaggia.it.
Der Umweltschutz spielt bei der Forderung eine Hauptrolle. „Die Anerkennung der juristischen Person eines Ökosystems wie dem Gardasee bedeutet anzuerkennen, dass der Umweltschutz, wie er heute ist, nicht ausreicht“, sagte Viola. Einzigartig wäre die Entscheidung nicht, den Gardasee zur juristischen Person zu ernennen. Es gibt weltweit mehrere Gewässer, die einen solchen Status innehaben.
Auch interessant: Es gibt einige Trentino-Seen, die Alternativen zum Gardasee darstellen. Das könnte auch wegen der hohen Preise am Gardasee interessant sein.
Gardasee als juristische Person? Er wäre nicht das erste Gewässer
International gab es bereits Präzedenzfälle, auf die die Bewegung am Gardasee verweisen kann. So wurde der Whanganui-Fluss in Neuseeland 2017 zur juristischen Person ernannt, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. „Es ist nicht merkwürdiger als der Status von Stiftungen, Unternehmen oder Aktiengesellschaften“, erklärte damals Chris Finlayson, der als Verhandlungsführer für die neuseeländische Regierung agierte. Zuvor erhielt in Neuseeland auch der Mount Taranaki Persönlichkeitsrechte. In Indien gilt das für die Flüsse Ganges und Yamuna, in Peru für den Maranon-Fluss und in Kolumbien für das Atrato-Flussbecken.
Ob die italienische Regierung derartigen Beispielen folgt, bleibt abzuwarten. In Italien gibt es bislang keinen vergleichbaren Fall. Die Bewegung „Föderation zur Anerkennung der Rechte des Gardasees“ erhofft sich, ein gutes Timing gefunden zu haben, um dem Gardasee einen besseren Schutz zu verschaffen. Die ökologische Krise spitzte sich zuletzt zu, sind sich die Verantwortlichen der Föderation laut Giornale de Brescia sicher.
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