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Alarm im Ostallgäu: Fische sterben durch Klimawandel und Hitzestress!

Trockenheit und Wärme

Fische im Hitzestress – Alarm für die Flüsse im Ostallgäu

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    Die Temperaturen in den Ostallgäuer Gewässern machen Stefan Zott vom Fischereiverband Schwaben Sorgen. Er sieht ganze Arten in Gefahr.
    Die Temperaturen in den Ostallgäuer Gewässern machen Stefan Zott vom Fischereiverband Schwaben Sorgen. Er sieht ganze Arten in Gefahr. Foto: Marcus Merk

    Das trockene Frühjahr und der heiße Sommer setzen den Fischen zu. Viele Gewässer im Ostallgäu und in Kaufbeuren sind streckenweise nur noch Rinnsale und zu warm. Der Fischereiverband Schwaben schlägt Alarm. Im Landkreis seien bereits Fische gestorben – letztlich an der Hitze. „Der Temperaturstress in Verbindung mit zu wenig Wasser ist ein katastrophaler Cocktail und eine Folge der Klimakatastrophe“, warnt Verbandsgeschäftsführer Stefan Zott.

    Trockenheit und Hitze im Ostallgäu machen Fischen zu schaffen

    Zott legt Fotos von Fischen vor, die tot an der Wasseroberfläche schwimmen. Aufgenommen im Ostallgäu, einer eigentlich wasserreichen Gegend. Das Unglück nahm nach seinen Angaben bereits im Frühjahr seinen Lauf, als die große Schneeschmelze in den Bergen weitgehend ausgeblieben ist.

    Die Folge: Bis heute führen die Flüsse und Bäche zu wenig Wasser. Zott spricht von einem schrumpfenden „Wasserdargebot“, also der Summe des nutzbaren Grund- und Oberflächenwassers, das im Ostallgäu und in ganz Schwaben über Monate zur Verfügung steht.

    Bald nur noch Waller und Karpfen auf den Tellern

    Zott warnt, dass die Aufheizung ganze Arten dahinrafft. Besonders gefährdet seien die sogenannten kaltwasserbevorzugenden Fischarten, also Forellen, Huchen und Äschen, die vor allem in Wertach, Gennach und Hühnerbach leben und sauerstoffreiches, kühles Wasser brauchen. Zott warnt vor dem Missverständnis, es könne sich um ein kurzfristiges Ereignis handeln. So sei die ohnehin seltene Mühlkoppe, die nur in sauberen Gewässern vorkomme, nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie besonders geschützt. „Die ganze Art verliert ihren Lebensraum, ein schmerzlicher Verlust“, sagt der Fischerei-Experte.

    Eine Entwicklung, die auch für weniger Vielfalt auf dem Teller sorgt. Geht das so weiter, gibt es laut Zott bald nur noch Waller und Karpfen zu essen. Allerdings möchte der Verbandsgeschäftsführer die Fische nicht auf ihren kulinarischen oder irgendeinen anderen Stellenwert reduzieren. „Es steht uns kein Urteil zu, den Rang eines Tieres oder einer Art zu bemessen“, sagt Zott. „Für uns zählt der Artenreichtum.“

    Schatten am Ufer kann helfen

    Die Folgen des Klimawandels sind für Zott aber nur eine weitere Bedrohung, die den Fischbeständen zusetzt. Das Unheil hat aus seiner Sicht vor vielen Jahren mit der zunehmenden „Kanalisation“ der Fließgewässer und der Rodung der Uferbereiche begonnen. Je gerader die Flussbetten sind und je weniger „Strukturelemente“ es im Wasser gibt, desto weniger Bewegung ist im Wasser, das sich dann umso schneller aufheizt. Zudem fehlen immer mehr schattenspendende Bäume und Hochstauden an den kleineren Zuläufen der Flüsse, sagt Zott. Dort sei der Bewuchs besonders sinnvoll. Der Experte vergleicht das mit einem Wadenwickel für den Menschen bei hohem Fieber. „Sie tun gute Dienste an den Extremitäten mit ihren kleinen Gefäßen“, so der Experte. „An Bauch und Hals sind sie meist wenig hilfreich.“

    Hochwasserschutz ist nicht immer für Fische gut

    Kurios: Künstlich angelegte Ausbuchtungen oder Rückhaltebecken, die allein dem Hochwasserschutz dienen und das Wasser zurückhalten sollen, sind dem Artenerhalt wenig förderlich. Zudem seien selbst nach dem Hochwasser im vergangenen Jahr ganze Uferbereich planiert worden. Begründung: Kommt die Flut, könne das Wasser schneller abfließen, sagt Zott. Dies sei weder im Sinne des Hochwasserschutzes noch des Artenschutzes. Er betont aber, dass es ohne viele Eingriffe für den Flutschutz nicht mehr geht.

    Um der Klimakeule zu begegnen, müsse gleichzeitig mehr für die Renaturierung an den Ufern, intakte Auenlandschaften und tiefere Bereiche mit kühlerem Wasser getan werden. „Dafür braucht es keine millionenschweren Zuschüsse vom Land“, sagt der Verbandsgeschäftsführer. „Jede Gemeinde, jeder Anlieger kann etwas tun.“ Gerade wenn Extremereignisse wie Hochwasser den Fischbestand im Hauptfluss in Mitleidenschaft ziehen, dienen laut Zott kleinere Flüsse und Bäche als „Kinderstube“ und Rückzugsraum, die es zu erhalten gelte. 

    So bringen die „Bachflüsterer“ Uferbereiche auf Vordermann

    Helfen will der Fischereiverband Schwaben dabei mit der Initiative „Bachflüsterer“, die seine Mitglieder motiviere, sich nachhaltig um die kleinen Zuläufe zu kümmern. In Zusammenarbeit mit den Kommunen und Anliegern könnten Fischereivereine, Fischereigenossenschaften und einzelne Fischereiberechtigte Positives für die Natur bewegen. Mit ihrem Fachwissen, etwa über Standortlebensgemeinschaften, Gewässerstrukturen und Beschattung durch Säume und Uferbewuchs wüssten die „Bachflüsterer“ ganz genau, mit welchen Maßnahmen schnell nachhaltige Effekte erzielt werden.

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