Im Gebäude des IT-Unternehmens ID.KOM im Kemptener Norden gibt es einen Raum mit zwei großen schwarzen Kammern - „Cubes“ nennen sie die Mitarbeitenden, also Würfel. Es sind nebeneinander stehende mannshohe Schränke, die mit schwarzen Gittern verkleidet sind, durch die man ins Innere sehen kann. Darin blinken Lichter und jede Menge bunte Kabel führen von einem Gerät zum anderen. Jeder Cube hat außen eine Schiebetür, durch die man in einen kleinen Gang zwischen den Geräten gelangt. Hier ist es deutlich wärmer als im ansonsten kühlen Raum.
Aber was sind diese zwei schwarzen Würfel? „Das Herzstück unseres neuen Rechenzentrums. Mein Baby!“, sagt Andreas Juli von ID.KOM. Er führt gerade eine Gruppe von Kunden durch die Räume und erklärt, wie die Rechner, Server und Festplatten im Rechenzentrum zusammenspielen. Alles ist videoüberwacht und normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. „Aber viele unserer Kunden wollen wissen: Wo werden eigentlich meine Daten gespeichert?“, erklärt Klaus Giehl, Geschäftsführer und Gründer der ID.KOM.
Wer viele Daten speichern will, braucht einen leeren Raum für die Rechner, kalte Luft, um sie zu kühlen und eine Menge Strom, um sie zu betreiben. Das ist das Geschäftsmodell der ID.KOM: Mittelständischen Unternehmen nicht nur diesen Raum zu bieten, sondern auch die Rechnerleistung und den Festplattenplatz zu vermieten und deren Anwendungen zu betreiben, wie zum Beispiel das Warenwirtschaftssystem, den Online-Shop oder die Website. „Private Cloud Services“ nennt Klaus Giehl das: „Wir sorgen dann dafür, dass das Ding rund um die Uhr schnurrt.“
Das Rechenzentrum kann 72 Stunden autark betrieben werden
Seit 1990 gibt es das IT-Unternehmen in Kempten mit mittlerweile rund 80 Mitarbeitenden. Mit ihrem Geschäftsmodell habe die ID.KOM laut Giehl bundesweit „gar nicht so viel Konkurrenz“. Er selbst sei „Ur-Kemptener“ und die Firma seit der Gründung hier gewachsen. Zwar wären München oder Frankfurt als Hauptstandort günstiger, doch in Kempten sei das Unternehmen näher an den Kunden.
Während der Führung durch das Rechenzentrum erklärt Juli: „Wir haben alles in doppelter Ausführung.“ Es gibt nicht einen Cube, sondern zwei, nicht eine Kühlanlage, sondern zwei. „Damit wir sofort reagieren können, falls mal ein Gerät ausfällt.“ Im Fall eines totalen Blackouts stehe draußen ein Notstromaggregat, das das Rechenzentrum für 72 Stunden betreiben könne. Die Server brauchen schließlich Zeit, um geordnet herunter- und wieder hochzufahren.
Noch seien einige Regale in den Cubes leer, „doch die können wir sehr schnell mit Leben füllen“, sagt Giehl. Zu wenig Platz werde künftig nicht das Problem sein: „Dadurch, dass wir hier alles selbst machen, können wir eine sehr hohe Packungsdichte erreichen.“ Rund 1000 Kunden und bis zu 1500 virtuelle Server betreut das Unternehmen mit dem Rechenzentrum. Doch mehr als 90 Prozent des Stroms, den ein Server verbrauche, wandle er in Wärme um und die müsse abtransportiert werden, erklärt Giehl: „Irgendwann komme ich an die Grenze, wo die Luft und auch die Kühlflüssigkeit, nicht mehr in der Lage sind, die Geräte ausreichend zu kühlen.“
Sollten Kunden mehr auf deutsche und europäische Software setzen?
Ende vergangenen Jahres hat die ID.KOM das Rechenzentrum fertiggestellt. „Wir waren stark ausgelastet und jetzt haben wir wieder Kapazität für die nächsten Jahre“, meint Giehl. Der Bau habe sich jedoch in die Länge gezogen. Dafür seien Lieferengpässe und höhere Materialkosten während der Pandemie verantwortlich. Allein der Preis für die Stahlrohre, durch die die Kühlflüssigkeit zu den Cubes fließt, habe sich laut Giehl verdreifacht.
Von den höheren Kosten würden ihre Kunden nichts merken, meint Giehl. Dafür aber von den erhöhten Strompreisen: „Die müssen wir leider fast gänzlich weitergeben.“ Ein weiterer Kostenpunkt sei die Software: „Da sind wir fast ausschließlich vom amerikanischen Markt abhängig und deren Preise kennen schon seit Jahren nur noch die Entwicklung nach oben.“ Giehl hofft deshalb, dass seine Kunden künftig verstärkt auf deutsche oder europäische Produkte setzen.
Die Führung von Andreas Juli durch das Rechenzentrum endet in der sogenannten Schleuse. Ein Raum mit einem großen Fernseher an der Wand. Auf dem Bildschirm sind Kennzahlen und Daten zu sehen. Sie zeigen die aktuelle Temperatur der Cubes, die Luftfeuchtigkeit und Temperatur draußen und wie viel Strom von der PV-Anlage auf dem Dach der ID.KOM ins Rechenzentrum gespeist wird. Der Strom der PV-Anlage allein reiche jedoch nicht, um das Rechenzentrum zu betreiben. Das habe immerhin einen Strombedarf von ungefähr 200 Haushalten, erklärt Juli.
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