Vor 24 Jahren kam der erfolgreichste deutsche Film aller Zeiten in die Kinos: Der Schuh des Manitu von Michael „Bully“ Herbig. Mehr als 11,7 Millionen Menschen sahen den Film in den Sälen der Republik, ganze Generationen können jeden Dialog Wort für Wort mitsprechen. Nun erscheint mit „Das Kanu des Manitu“ der Nachfolger. Und der fügt sich nahtlos an seinen Vorgänger an. Aber zündet der Humor heute, in einer Zeit, in der Worte auf die Goldwaage gelegt werden, noch so wie damals?
Die Titelmelodie ertönt, die Namen der Schauspieler erscheinen in der gewohnten Schrift, und ehe man sich versieht, diskutieren Ranger (Christian Tramitz) und Abahachi (Michael Herbig) lautstark, während auf sie geschossen wird. So kennt man sie, Nostalgie pur. Zumindest für die Menschen, die den Vorgänger kennen. Alle anderen werden nur wenig Freude an dem Film haben.
Denn in den rund 90 Minuten reihen sich die Anspielungen an den Vorgänger aneinander. Abahachi schenkt Ranger zur silbernen Blutsbruderschaft als Ersatz für die Mundharmonika eine Panflöte. Dimitri (Rick Kavanian) eröffnet ein neues Lokal, das Hellas-Fellas. Und statt auf einer Draisine fahren die Protagonisten nun auf einem Tretboot.
Abahachi und Ranger entrinnen in „Das Kanu des Manitu“ wieder dem beinahe sicheren Tod
Und auch die Story ist eigentlich identisch mit dem Vorgänger. Abahachi und Ranger werden zu Unrecht eines Verbrechens beschuldigt und entkommen gerade so dem Marterpfahl. Pardon, dem Galgen. Eine Ganovenbande, angeführt von „Der Boss“ (Jessica Schwarz), will Abahachi dazu benutzen, das Kanu des Manitu zurückzuholen. Denn das kann nur ein echter Apache. Das Kanu soll laut Legende unsterblich machen. Die Bande will es wiederum an einen Ölbaron verkaufen, der sich später als Santa Maria (Sky du Mont) entpuppt. Der ist seinem eigentlich sicheren Tod im ersten Teil entronnen. Stellt sich heraus, dass er im Teerbecken stehen konnte.

Santa Maria, gespielt von Sky du Mont, kehrt zurück
Auch wenn Fans die Rückkehr des Lieblings-Bösewichts freuen dürfte, dem Film tut das keinen Gefallen. Der Boss hatte das Zeug zu einer spannenden, manchmal nachdenklichen und in ihrer Rolle als Bandenanführerin teils unsicheren Antagonistin. Mit dem Auftritt von Santa Maria verschwindet sie leider von der Bildfläche. Da wurde viel Potenzial verschenkt. Schade.

Denn insgesamt ist von Charakterentwicklung nur wenig zu spüren. Ranger und Abahachi sind noch genau dieselben, nur älter. Vermutlich zur Freude der Fans. Und auch Dimitri ist noch der Alte. Schnell verliebt er sich in Mary (Jasmin Schwiers), eine uneheliche Tochter von Ranger. Diese hilft Abahachi und Ranger immer wieder aus der Patsche, genau wie Uschi vor 24 Jahren. Zumindest Winnetouch, der Zwillingsbruder von Abahachi, entpuppt sich als fähiger Fechter und rettet als „der rosarote Zorro“ die beiden vor dem sicheren Tod. Ein willkommener Wechsel zum ersten Teil, als Winnetouch vor allem durch Schusseligkeit auffiel.
Das Kanu des Manitu spielt meist geschickt mit den Erwartungen an den Film
Die vor Filmstart wohl am heißesten diskutierte Frage war jedoch, ob Humor und Sprache heute noch zeitgemäß sind. Größtenteils schafft es der Film, sehr geschickt mit den Erwartungen zu spielen. Als das erste Mal ein lautes „Indianer!“ erschallt, erwidert Abahachi genervt in gewohnt bayerischer Manier: „Sogn‘s bitte nicht Indianer.“ Scheinbar in Einklang mit der heutigen political correctness.
Indianer ist eine historische Sammelbezeichnung für alle indigenen Stämme Amerikas, welcher jedoch deren Vielfalt nicht widerspiegelt und deswegen nicht mehr gebräuchlich ist. Warum Abahachi jedoch wirklich davon genervt ist, stellt sich später im Film heraus. Abahachi und Winnetouch sind die Kinder von europäischen Siedlern, die auf ihrem Weg in den Westen Amerikas überfallen und getötet wurden. Die Zwillinge, damals noch Babys, wurden vom Häuptling der Apachen adoptiert. Schlau gelöst, Herbig spielt hier genau mit den Erwartungen, und bricht sie dann gekonnt.
Michael Bully Herbig, Christian Tramitz und Rick Kavanian schaffen einen würdigen Nachfolger
An anderer Stelle verhebt sich der Film jedoch völlig. Als die Bande vom Sheriff gefasst wird, versuchen sie, sich herauszureden. Bullet, gespielt von Tutty Tran, einem Sohn vietnamesischer Einwanderer, der zuvor perfektes Deutsch spricht, nuschelt auf einmal nur einige Zahlen mit starkem Akzent heraus. Der Sheriff lässt ihn gehen, denn der sei ja augenscheinlich nur vom Lieferservice. Das ist rassistisch und einfach nur zum Fremdschämen.

Insgesamt ist der Humor gewohnt platt. Es gibt Slapstick-Einlagen, die mal besser sind, mal schlechter. Getanzt und gesungen wird auch. Und auch die vielen Wortwitze sind teils so vorhersehbar wie die Handlung. Viel lachen muss man dennoch. Bully und Konsorten schaffen es einfach, eine wahnsinnig liebenswürdige Atmosphäre um das Sketch-Feuerwerk herum zu gestalten, sodass gar nicht jeder Witz zünden muss, um beim Ansehen eine gute Zeit zu haben.
„Das Kanu des Manitu“ ist dabei vor allem eine Hommage an den Vorgänger. Die Nostalgie, gerade die ewigen Streitereien zwischen Ranger und Abahachi in den unpassendsten Situationen, trägt den Film. Gemessen an dem Druck und den Erwartungen, die auf dem Film liegen, kann man es mit den Worten von Ranger sagen: „Man ist mit der Gesamtsituation zufrieden.“
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