Es war ein Ereignis, das vor 25 Jahren für großes Aufsehen in Ebersbach sorgte. Es ging damals um die Kapelle „Maria Namen“, deren Patrozinium am 12. September gefeiert wird. Das kleine Gotteshaus stand in einem erbärmlich baulichen Zustand in einer feuchten Senke am westlichen Ortsrand von Ebersbach, unmittelbar neben der Staatsstraße 2055 nach Kaufbeuren. Auch wenn sich das kirchliche Leben überwiegend in der St.-Ulrichs-Kirche im Zentrum Ebersbachs abspielt, so hatte die Kapelle seinerzeit doch eine tiefere Bedeutung als nur die einer ehemaligen Gebetsstätte, sondern sie spiegelt(e) die Geschichte und die Lebensweise des Dorfes wider.
Und so entwickelten sich vor 25 Jahren viele Diskussionen in der Pfarrei St. Ulrich und am Stammtisch, was mit dem Kirchlein geschehen sollte, dem der buliche Verfall drohte. Die Meinungen in der Bevölkerung tendierten eher zu einem Abbruch anstatt zu einer teuren Renovierung. Doch diese öffentliche Meinungsbildung lief ins Leere, denn das Landesamt für Denkmalpflege wie auch die Diözese Augsburg lehnten grundsätzlich einen Abbruch des historischen und geschichtsträchtigen Wahrzeichens früherer Jahrhunderte kategorisch ab.
Um den Umgang mit der Kapelle gab es ziemliche Meinungsverschiedenheiten
Das Fazit der kontrovers geführten Meinungsverschiedenheiten im Dorf führte letztendlich zu dem Ergebnis, dass, wenn schon eine Renovierung des denkmalgeschützten Kirchleins erfolgen muss, die Kapelle aus der feuchten Senke an einen trockenen Standort versetzt gehöre. Ein Gedanke, der meist nur für herausragende Kulturdenkmäler in Betracht gezogen wird, zu denen laut Landesamt für Denkmalschutz aber auch das jahrhundertealte Kirchlein in Ebersbach zähle.
Und tatsächlich wurde eine Versetzung ins Auge gefasst und umgesetzt. Die Planungen begannen im August 2000. Die Umgebung und das feuchte Fundament unter der Kapelle wurde unter schwierigsten Bedingungen so ausgehöhlt, dass das marode Mauerwerk auf eine Boden-Betonplatte mit massiven Aufhänge-Ösen gestellt werden konnte.

Anfang November kam ein 500-Tonnenkran zum Einsatz. Das halbe Dorf war auf den Beinen, um das ungewöhnliche Spektakel als Zuschauer verfolgen zu können. In knapp zwei Metern Höhe erfolgte im Schneckentempo die Versetzung der 93-Tonnenlast auf ein neues Terrain, 5,60 Meter vom Straßenrand entfernt. Ein Unterfangen, das seinerzeit nicht nur in Ebersbach, sondern im ganzen Ostallgäu als ein außergewöhnliches Ereignis großes Aufsehen auslöste.
Die Kapelle in Ebersbach wurde umfassend renoviert
Nun stand eine umfassende Renovierung der Kapelle an. Neben einem neuen Dach sowie der Fußboden-Erneuerung und der Gemäuer-Sanierung musste auch die Infrastruktur – wie der Geländezugang und ein Stromanschluss – erschlossen werden. Die Westseite der Kapelle mit kleinem neuen Eingangs-Vorbau wurde mit Biberschwanzschindeln verkleidet. Die Innenausstattung erfuhr eine Renaissance, und auch die Kapellenbänke fanden mit den alten geschnitzten und ausgelagerten Kirchenbankdoggen aus der Ulrichs-Kirche eine kunstvolle Aufwertung.
Die Renovierung für das Projekt verschlang damals über 300.000 D-Mark, wobei der Aufwand für die Versetzung der Kapelle allein mit 45.000 DM und die Krankosten mit 13.000 DM zu Buche schlugen. Die Dorfgemeinschaft sorgte neben dem Zuschuss der Diözese auch mit Spenden dafür, dass das architektonische Kleinod jetzt seit über 25 Jahren mit dem wöchentlichen Rosenkranz-Gebet nicht nur eine spirituelle Aufwertung erfährt, sondern auch eine kulturhistorische Bedeutung für die Gemeinschaft erlangt.
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