Man trifft sich immer zweimal im Leben – und manchmal genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. So war es bei Max Kinker. Der 63-Jährige erhielt vor Kurzem einen Anruf, der für ihn ein großes Problem löste: die Frage nach der Zukunft seines Lebenswerks. Über 40 Jahre lang hat er in seiner Schlagzeugschule Kinder, Jugendliche, Studenten und Erwachsene unterrichtet – mehr als 2300 Schülerinnen und Schüler insgesamt. Nun wollte der Star-Schlagzeuger kürzertreten. Doch was sollte aus seiner Schule werden? Bis zu diesem Sommer stand das in den Sternen – bis jener Anruf kam.
Max Kinker muss man in Marktoberdorf wohl nicht mehr groß vorstellen. Kaum jemand, der ihn noch nicht gehört hat: in jungen Jahren bei der Stadtkapelle, in der Band Voice, in Jazz-Combos oder bei den Oberdorfer Fasnachtsabenden. Kinker spielte – und spielte. Dass seine Musik mit den Jahren immer größere Kreise zog, war, wie er selbst erzählt, kein bewusster Entschluss, sondern ein natürlicher Prozess. Es hat sich gefügt. So ergab es sich, dass Kinker vor 43 Jahren eine Schlagzeugschule eröffnete. Und es ergab sich, dass aus ein, zwei, drei Schülerinnen und Schülern mit der Zeit immer mehr wurden.
Besonders Kult waren die Auftritte seiner Trommlergruppen bei den Oberdorfer Fasnachtsabenden. Mit Kostümen, aufwendigen Choreografien und spektakulären Werken prägten sie über Jahrzehnte die Abende. 2024 feierte Kinker dort seinen Abschied. „Es war schon sehr emotional“, sagt er. „Jeden Abend sind die Leute wieder aufgestanden.“ Stolz und aufrecht Abschied nehmen - das sei sein Ziel gewesen. „Ich wollte noch etwas darstellen, wenn ich gehe. Der Moment war gekommen“, sagt Kinker rückblickend.
Wie geht es mit der Schlagzeugschule von Max Kinker weiter?
Auch in Bezug auf seine Schlagzeugschule stellte sich Kinker nun die Frage: „Wie mache ich weiter?“ Denn der Musiker hat neben seiner Schule noch ein zweites Standbein: seine Konzerte und Auftritte. Alles macht ihm nach wie vor großen Spaß. Doch Kinker möchte mehr Freiheit haben. Er schrieb deshalb verschiedene Vereine, Hochschulen und Konservatorien an - ob sie jemanden als Nachfolger für seine Schule wüssten. Doch er bekam keine große Rückmeldung. So war die Ausgangssituation im Sommer dieses Jahres.
An dieser Stelle kommt Roland Mair, der Vorsitzende der Stadtkapelle Marktoberdorf, ins Spiel. Auch bei der Stadtkapelle spielt das Schlagwerk eine große Rolle. „Die Literatur in der Blasmusik erweitert sich ständig“, sagt der 60-Jährige. So ist auch die Kapelle immer auf der Suche nach Musikerinnen und Musikern, die Pauken, Trommel, Xylophon und vieles mehr spielen können. An der Musikschule Marktoberdorf wird kein Schlagwerk unterrichtet. Daher kam die Stadtkapelle auf die Idee, Unterricht anzubieten und so die Musiker für die Jugend- und Stadtkapellen heranzuziehen. „Wir haben zu diesem Zwecke ja schon das Ensemble Windstärke gegründet“, sagt Mair. Das Orchester erfreut sich eines großen Erfolgs. Nun soll eine zusätzliche Brücke - oder wie Mair sagt: ein Sprungbrett - geschaffen werden. Doch wer könnte für den Unterricht infrage kommen? Thomas Sporrer, lautet die Antwort!
Thomas Sporrer (43) ist ein Percussionist, der sowohl im klassischen Schlagwerk als auch im Show- und Crossover-Bereich zu Hause ist. Nach seinem Studium an der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg und einem Master in Augsburg sammelte er Orchestererfahrung unter anderem bei den Münchner Symphonikern, dem Rundfunkorchester München und der Staatsoper Kairo. Er ist Mitglied in renommierten Ensembles wie dem „Percussive Planet Ensemble“ von Martin Grubinger. Tourneen führten ihn mit dem Goethe-Institut und der Deutschen Welle rund um die Welt.
Das ist der Nachfolger von Max Kinker in Marktoberdorf
Nachdem er nun in den vergangenen Jahren viel unterwegs war, zieht es ihn nun wieder zurück in seine Heimat nach Schongau. „Ich wollte eigentlich nur zeigen, dass ich wieder da bin“, erzählt er. So kam er mit Roland Mair in Kontakt – und die Sache kam ins Rollen. Sporrer wollte nicht nur für die Kapelle unterrichten. Nein: Er wollte auch die Schlagzeugschule von Kinker übernehmen. Das Besondere: „Ich habe selbst bei Max Schlagzeugspielen gelernt“, erzählt Sporrer. Er rief Kinker an – jener schicksalhafte Anruf im Sommer.
Für Kinker war das die perfekte Lösung: „Gott sei Dank ist es so gekommen.“ Nicht nur sei eine Nachfolge gesichert – sie kommt auch aus den eigenen Reihen. Jemand, der ähnlich tickt. Viele bekannte Musikerinnen und Musiker saßen im Laufe der Jahre in Kinkers Unterricht: Stefan Beranek, Christoph Schlemmer oder Uli Schiffelholz, um nur einige zu nennen. Gerüchte, er sei ausgewandert, räumt Kinker lachend aus: „Ich lebe immer noch in Marktoberdorf.“ Und er ist bereit, weiter zu helfen – etwa, wenn Sporrer auf Tournee geht oder sich vielleicht auf die Fasnachtsabende vorbereitet. Denn auch hier könnte sich Sporrer vorstellen, sich zu engagieren. Drei Fliegen mit einer Klappe - oder auf einen Schlag, wie die Schlagzeuger sagen würden.
Wer bei Thomas Sporrer Schlagzeug lernen will, kann sich per Mail unter info@thomassporrer.de oder bei der Stadtkapelle Marktoberdorf (spiel-mit@stadtkapelle-marktoberdorf.de) melden. Willkommen sind Musikerinnen und Musiker aller Altersgruppen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden