Stefan Wolitz bezeichnet es als „besonderes Juwel“. Und wer den renommierten Musiker und Chorleiter kennt, weiß: Solche Worte wählt er nicht leichtfertig. Doch die Marienvesper von Claudio Monteverdi hat diesen Titel verdient, sagt Wolitz. „Die Musik ist so außergewöhnlich, dass sie im klassischen Kanon oft außen vor gelassen wird.“ Nicht so bei der Schwäbischen Chorakademie. Der Chor führt das Werk am Sonntag, 21. September, um 16 Uhr in der St. Martinskirche in Marktoberdorf auf – zusammen mit dem Orchester „La Banda“. Ein gewöhnlicher Konzerttermin? Von wegen. Rund 70 talentierte Sängerinnen und Sänger aus der Region arbeiten hier mit einem Spitzenorchester zusammen – und hinter dem Projekt steckt viel mehr, als das Publikum auf der Bühne sieht: unzählige Arbeitsstunden, Engagement und Herzblut.
Dass Chormusik in Marktoberdorf eine große Rolle spielt, ist bekannt – etwa durch den Internationalen Kammerchor-Wettbewerb oder den Carl-Orff-Chor, letzterer ebenfalls unter der Leitung von Wolitz. Doch die Schwäbische Chorakademie (SCA) zeigt, wie Nachwuchsförderung konkret funktioniert. Der Chorverband Bayerisch-Schwaben (CBS) hat sich die Ausbildung von jungen Stimmen auf die Fahne geschrieben – von den Kinderschuhen bis ins Erwachsenenalter.

„Es gibt vier Chorverbände in Bayern, jeder hat einen überregionalen Jugendchor. Beim Chorverband Bayerisch-Schwaben ist das die Schwäbische Chorakademie - kurz SCA“, erklärt CBS-Geschäftsführer Jürgen Schwarz. Dort singen über 70 Jugendliche zwischen 16 und 27 Jahren, die aus der ganzen Region zusammenkommen. Die Schwäbische Chorakademie tritt dabei nicht in Konkurrenz zu den örtlichen Chören, sondern versteht sich als Ergänzung. „Wir wollen, dass die Jugendlichen ihr Wissen wieder in ihre Heimatchöre tragen“, sagt Schwarz.
Wie das wirken kann, zeigt das Beispiel von Viola Guggemos. Die 23-Jährige kam schon mit 15 Jahren auf Einladung von Wolitz in den Chor. „Ich habe mich sehr geehrt gefühlt“, erinnert sie sich. Jedes Jahr findet im Oktober ein Auswahlsingen statt – nicht, um die Hürden hochzuschrauben, sondern um gesunde Stimmen zu finden, die entwickelbar sind, betont Wolitz. Die Nachfrage ist groß: Rund 25 bis 30 Bewerbungen gehen jährlich ein.
Das lernen Jugendliche bei der Schwäbischen Chorakademie
Warum die Nachfrage so hoch ist, zeigt sich, als das Team über die Arbeitsinhalte spricht. Drei Probenphasen im Jahr bringen die Jugendlichen zusammen. Die Gesamtorganisation liegt in den Händen von Monica Schwarz. Sie erzählt von der Stimmbildnerbetreuung, die die Sängerinnen und Sänger in Person von Florian Dengler im 1:1-Unterricht erhalten. Anke Weinert-Wegmann unterstützt die SCO bei der Einstudierung. Alle sind absolute Profis in ihrem Bereich.
Nicht nur die Arbeit, auch die Gemeinschaft ist einzigartig, erzählt Monica Schwarz. Manche Mitglieder reisen sogar aus Berlin oder Halle an, um teilnehmen zu können. „Es ist jedes Mal etwas ganz Besonderes“, sagt auch Guggemos. Für sie ist der Chor längst mehr als ein Projekt: Aus Chormitgliedern sind Freunde geworden. Und zusammen ziehen sie alle an einem Strang - nicht nur oberflächlich, sondern mit Leib und Seele. Das ist auch der Anspruch, den Wolitz verfolgt. Werke wie die Marienvesper müssen erschlossen werden, sagt er. Es reicht nicht, zu wissen, wie es ist – man muss wissen, warum es so ist.
Und mit diesem Ansatz präsentierte Wolitz seinen Sängern die über 400 Jahre alte Marienvesper von Monteverdi. Wobei das Alter des Werks gar keine Rolle spiele, wie Viola Guggemos sagt. Natürlich müsse man erst reinkommen. „Aber wir lernen unheimlich viel.“ Die Marienvesper in der Größe mit einem Orchester aufführen zu dürfen, ist ein riesen Geschenk - „ein Schatz, den man lebendig macht“. Und damit verwendet sie ganz ähnliche Worte wie Wolitz.
Das ist beim Konzert in Marktoberdorf geboten
Neben dem Orchester La Banda treten hochkarätige Solistinnen und Solisten mit auf: Johanna Allevato, Maria-Sophie Pollak, Eric Price, Christian Zenker, Linus Mödl und Lukas Mayr. Das Besondere: Einige haben eine besondere Verbindung zum Chorverband Bayerisch-Schwaben und Marktoberdorf: Die Sopranistin Johanna Allevato etwa, gebürtig aus dem Allgäu, erhielt ihre erste musikalische Ausbildung am Gymnasium Marktoberdorf. Auch der Bassbariton Lukas Mayr war selbst Mitglied der Chorakademie. Ebenso hat Linus Mödl, heute Mitglied des Chores der Bayerischen Staatsoper, seine musikalischen Wurzeln am Gymnasium Marktoberdorf und in der Chorakademie.
Das Konzert wird so nicht nur musikalisch, sondern auch atmosphärisch ein Höhepunkt – getragen von Klang, Gemeinschaft und Leidenschaft.
Tickets für das Konzert am Sonntag, 21. September, um 16 Uhr in der St. Martinskirche gibt es online unter www.chorverband-cbs.de oder montags und donnerstags von 10 bis 12 Uhr telefonisch unter 08342 / 919 2116.
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