Es läuft die 57. Spielminute. Der EV Lindau liegt in der Eishockey-Oberliga Süd am Memminger Hühnerberg aussichtslos mit 1:7 gegen die Memminger Indians zurück. Doch der wütende Gäste-Goalie Dieter Geidl hackt wie Rumpelstilzchen mit seinen Schlittschuhen Löcher ins Eis. Er erntet dafür ein gellendes Pfeifkonzert der ECDC-Fans – und vom Schiedsrichter vier Strafminuten wegen Spielverzögerung und unsportlichen Verhaltens. Was war geschehen?
Geidl kam in der 14. Minute für seinen an diesem Abend glücklosen Kollegen Tommi Steffen aufs Eis. Die „Islanders“ lagen da schon mit 0:4 zurück. Fortan monierte Geidl mehrfach bei den Schiedsrichtern, dass die Tore in der Memminger Eissporthalle nicht richtig verankert seien. Deswegen sei das Lindauer Tor mehrfach verschoben worden.
Beim Spiel ECDC gegen Lindau wird die Pause vorgezogen
Die Folge: „Beim Oberliga-Spiel des ECDC Memmingen gegen den EV Lindau kam es am Sonntagabend zu einer vorgezogenen zweiten Drittelpause. Ursache hierfür waren Beschädigungen der Eisfläche im Torraum. Die im zweiten Drittel versäumten Spielminuten wurden im Schlussabschnitt der Partie nachgeholt.“ So drückte es Tatjana Eichele, Pressesprecherin des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), auf Nachfrage unserer Redaktion aus.
Wohlgemerkt: ECDC-Goalie Bastian Flott-Kucis hatte diese Probleme nicht. Deswegen fragte unsere Redaktion auch bei Indians-Headcoach Daniel Huhn nach. Der sagte: „Ich find’s immer ein bisschen komisch. Es ist in dieser Saison ja auch beim Timo Pielmeier aus Deggendorf ständig passiert. Und jetzt wieder. Eigenartig. Es geschieht halt immer beim gegnerischen Goalie, nicht bei unserem. Ob da auch ein bisschen Absicht dabei ist?“
Gerücht: Ist das Eis in der Memminger Halle zu dünn?
Nun könnte man das alles unter den Rubriken „Eifer des Gefechts“ und „Mit welchen Tricks gewinne ich ein Spiel?“ verbuchen und abhaken. Wenn nicht auf den Rängen und im Internet Folgendes gemutmaßt worden wäre: Das Eis in der städtischen Alpha-Cooling-Arena sei in dieser Saison zu dünn, die Stadt habe aus Spargründen eine dünnere Eisdecke machen lassen als gewohnt. Deswegen würden sie immer wieder während des Spiels verrückt.
„Ist da was dran?“, fragte unsere Redaktion daher bei Sportamtsleiter Jürgen Schäle nach. Seine Antwort: „Das ist definitiv falsch. Das Eis hat seit Jahren immer eine Dicke von circa 4,5 Zentimetern.“ Die Eisfläche in der Eissporthalle Memmingen habe in diesem Jahr die gleiche Dicke wie immer, wie es sich bereits seit Langem bewährt habe. „Das Gerücht, dass an der Eisdicke gespart wurde, kann somit deutlich zurückgewiesen werden. Eine dünnere Eisschicht würde die Kosten für die Eisschicht im Übrigen gar nicht reduzieren.“
Memmingens Sportamtsleiter: Die Tore sind nicht alt
Schäle betonte, er habe vor seinen Antworten Rücksprache mit den Eismeistern gehalten. Er widersprach auch einem weiteren, in der Fanszene kursierenden Gerücht: Demzufolge seien die Tore zu alt. „Auch das ist definitiv falsch. Die Tore sind erst in der vergangenen Saison beschafft worden. Sie entsprechen hochklassigen Eishockey-Standards.“
Standard in höheren Klassen sind aber auch sogenannte Toranker. Verkürzt gesagt, sind das Holme aus Kunststoff, in die die Torverankerungen aus Metall gesteckt werden. Der Knackpunkt: Damit die Anker richtig stabil stehen können, müssen Löcher im Betonboden unter der Eisfläche gebohrt werden. Und genau das will Sportamtsleiter Schäle in der Memminger Halle nicht machen, denn: „Wenn wir da bohren, beschädigen wir womöglich Leitungen, die für die Eisbereitung wichtig sind.“
ECDC-Trainer Huhn, der auf eine lange Spielerkarriere in höheren Klassen zurückblickt, findet den „Memminger Weg“ nicht „absolut optimal. Aber ganz so schlimm, wie es manche machen, ist es auch nicht.“
ECDC-Vorsitzender: Kein Drama daraus machen
Ähnlich sieht es auch Sven Müller, kommissarischer Vorsitzender des ECDC Memmingen: „Wir haben in Memmingen eine sehr gute Eisqualität. Aus meiner Sicht gibt es da nicht viel zu meckern. Dass das Eis zu dünn sei, kann ich nicht bestätigen. Das wäre mir auch völlig neu. Dass die Tore häufiger als in anderen Stadien aus der Verankerung rutschen, ist ärgerlich. Warum das passiert, kann ich aber nicht sagen. Ein Drama würde ich daraus aber nicht machen.“
Dramatische Szenen spielten sich jedoch bereits Anfang November am Hühnerberg ab, als Deggendorfs Goalie Timo Pielmeier die ganze Halle gegen sich aufbrachte. Der Grund, man ahnt es schon: sein permanent verrücktes Tor.
Was passiert, wenn Deggendorf am 26. Januar kommt?
Memmingens Trainer Huhn räumt ein: „Das war schon ein bisschen nervig gegen Lindau und Deggendorf.“ Er glaube, „dass die gegnerischen Goalies da schon auch ihren Teil dazu beigetragen haben“, als das Tor verschoben wurde. Sportamtsleiter Schäle kündigte nun im Gespräch mit unserer Redaktion an: „Wir werden die nächsten Spiele beobachten, ob wir etwas ändern müssen.“
Eine besonders gute Gelegenheit zur Beobachtung bietet sich am Sonntag, 26. Januar, ab 18 Uhr. Dann nämlich empfangen die Indians den Deggendorfer SC – mit Timo Pielmeier im Tor der Gäste.
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