Dass es in Ottobeuren keinen Ausflug in die Münchener „Schickeria“ und keinen „Skandal im Sperrbezirk“ geben wird, war für das eingeweihte Publikum von Ludwig Seuss klar. Seuss, altgedienter Pianist bei der Spider Murphy Gang, spielte im Kursaal lieber sein ureigenes Herzensliedgut aus den amerikanischen Südstaaten. Ihn begleitete eine feine Band, und gegen Ende enterte ein Überraschungsgast die Bühne.
Ludwig Seuss von der Spider Murphy Gang bietet schmissigen Boogie-Woogie
Wo der Hammer hängt, zeigt Ludwig Seuss gleich am Anfang. Zum schmissigen Boogie-Woogie flitzen die Finger flink über die Tasten des Baldur-Flügels. Das macht sehr schnell Laune. Selbst einige bluesig grundierten Klagelieder, bei denen es vornehmlich um den schmerzlichen Verlust einer Frau geht, können die heitere Stimmung nicht trüben. Im voll besetzten Raum im Obergeschoss der Tourist-Information Ottobeuren wabert der Kunstnebel, und farbige Lichtkegel kreisen an der Decke. Seuss schwitzt, legt das Jackett ab.
Schnelle Tanzmusik aus den Südstaaten
Der Zydeco, eine schnelle Tanzmusik aus den Südstaaten, kommt wie der Blues tief aus dem Bauch, lebt aber vor allem vom und durch das Akkordeon. Stücke von T-Bone Walker, Willie Dixon, Fats Domino, James Booker, Bobby Blue Bland, Boozoo Chavis und Clifton Chenier interpretiert Seuss auf die bayerische Art mit dem ihm eigenen, etwas genuschelten Akzent. Immer wieder kommt es zum Zwischenapplaus, etwa, wenn Christoph Böhm eines seiner kantigen Gitarrensoli aus dem Ärmel schüttelt. Staunen lässt Manfred Mildenbergers pointiertes, experimentelles Schlagzeugsolo, bei dem er zwei Cowbells bearbeitet und sogar das Becken zum Quietschen bringt. Auf dem Flügel hat Seuss eine elektrische Orgel platziert, der er gelegentlich Hammond-ähnliche Klänge entlockt.
Überraschungsgast tritt in Ottobeuren auf die Bühne
Als gegen Ende des Konzertes Al Jones auf die Bühne steigt und die ersten bluesigen Gitarrensoli in den Raum schickt, geht ein Ruck durch die Band. Die Stücke gewinnen nochmals an Dynamik, Kompaktheit und Intensität. Das Akkordeon und die Gitarren werden nach allen Regeln der Kunst gekitzelt. Zusammen mit Böhm spielt Jones passgenau und wie entfesselt drauflos. Tatsächlich ist Jones ist seit längerem mit der Band befreundet, wie Ludwig Seuss nach dem Konzert verrät. Der im Unterallgäu bekannte Bluesrocker hatte wohl von allen Musikern den kürzesten Anfahrtsweg. Zur Zugabe „Tanqueray“, einem Trinklied des Chuck-Berry-Gitarristen Johnnie Johnson, stehen einige Zuschauer auf, klatschen, wippen, tanzen und quittieren das Konzert mit Freudenpfiffen.
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