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Berliner Bezirk untersagt der "Tagesschau" Livestream von Corona-Pressekonferenz

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Berliner Bezirk untersagt der "Tagesschau" Livestream von Corona-Pressekonferenz

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    In Corona-Zeiten werden Pressekonferenzen häufig live übertragen. Das Bezirksamt Berlin-Mitte hat der "Tagesschau" jetzt genau das bei einer Corona-Pressekonferenz untersagt - mit fragwürdiger Begründung.
    In Corona-Zeiten werden Pressekonferenzen häufig live übertragen. Das Bezirksamt Berlin-Mitte hat der "Tagesschau" jetzt genau das bei einer Corona-Pressekonferenz untersagt - mit fragwürdiger Begründung. Foto: Marius Becker, dpa (Symbolbild)

    Das Bezirksamt Berlin-Mitte hat sich wegen eines nicht ermöglichten Livestreams für die "Tagesschau" Kritik aus der Medienbranche eingehandelt. Die "Tagesschau" wollte am Mittwoch eine Pressekonferenz des Amtes per Livestream übertragen, bei der auch der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, Informationen zur einer Studie für den Bereich Berlin gab. Die Pressekonferenz war als Video-Schalte zwischen den Beteiligten angelegt, zu der sich Journalisten einwählen konnten.

    Die Chefredakteurin Digitales bei ARD-aktuell ("Tagesschau"), Juliane Leopold, erläuterte am Donnerstag, dass sich der in diesem Fall in der ARD für das Signal zuständige Rundfunk Berlin-Brandenburg an das Bezirksamt gewandt hatte, mit der rein technischen Frage, wie die Zugangsdaten zum Livestream der Pressekonferenz lauten, damit dieser live bei tagesschau24 und damit auch auf tagesschau.de weiter übertragen werden könne. "Das BA Mitte reagierte ablehnend und begründete dies mit urheberrechtlichen, persönlichkeitsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Gründen." Die "Tagesschau" machte den Vorgang selbst bekannt und beschrieb diesen im Netz.

    Der Deutschen Presse-Agentur sagte Leopold: "Die Erwartung an uns ist, dass wir dem Informationsinteresse der Menschen gerecht werden." Natürlich halte man sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen. "Wir sehen hier aber keine problematische Rechtslage, sondern: Hier wurde eine Grenze überschritten."

    Das Bezirksamt erklärte: "Um einer noch größeren Öffentlichkeit an der Präsentation der Ereignisse teilhaben zu lassen, wäre es wünschenswert gewesen, diese Pressekonferenz zusätzlich durch einen Livestream verfolgen zu können." Da dies aber "mangels Erfahrung mit Online-Pressekonferenzen im Bezirksamt" nicht vorgesehen war, sei auch keiner der Teilnehmenden über die Möglichkeit eines Livestreams informiert worden. Aufgrund von Aussagen des Berliner Datenschutzbeauftragten gehe das Bezirksamt davon aus, dass ein Livestream eine Übermittlung personenbezogener Daten an sogenannte Dritte darstelle, die nach Datenschutzgrundverordnung eine Einwilligung der Betroffenen erfordere.

    Das Bezirksamt verwies zugleich auf den Zeitaspekt: "Es ist der Kurzfristigkeit der Anfrage der "Tagesschau" geschuldet, dass das Bezirksamt nach Rücksprache mit dem RKI eine Übertragung vor diesem Hintergrund nicht zustimmen konnte, weil das Einverständnis der Teilnehmenden so kurzfristig nicht abgefragt und dokumentiert werden konnte."

    Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) twitterte: "Das nächste Mal werden wir ein Livestreaming ermöglichen, natürlich unter dem Vorbehalt, dass alle Beteiligten - inklusive angemeldeter Journalist*innen - vor Beginn der PK zustimmen. Und Hinweise dazu eleganter formulieren."

    Der Sprecher des Deutschen Presserats, Sascha Borowski, sagte der dpa: "Die Untersagung durch das Bezirksamt Mitte ist falsch und verletzt die Pressefreiheit. Was auf der Pressekonferenz mitgeteilt wird und von wem, ist von erheblichem öffentlichen Interesse, die beteiligten Personen können sich nicht auf den Persönlichkeitsschutz berufen."

    Auch der Datenschutz stehe der Live-Übertragung nicht entgegen, es gelte das Medienprivileg der Datenschutzgrundverordnung: "Danach benötigen Journalistinnen und Journalisten für die Datenverarbeitung im Rahmen der Recherche und Berichterstattung grundsätzlich keine Einwilligung der betroffenen Personen", sagte Borowski.

    Auch der Deutsche Journalisten-Verband bewertete den Vorgang kritisch. Das Verhalten sei in keiner Weise nachvollziehbar. Für die Teilnehmer einer Pressekonferenz mache es keinen Unterschied, ob ein Fernsehsender nur Ausschnitte aus der Pressekonferenz überträgt oder ob es einen Livestream gebe. "Deshalb sind die geforderten Einverständniserklärungen völliger Unsinn."

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