Es ist ein spektakuläres Urteil - und hat Folgen für Millionen Bankkunden: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Banken und Sparkassen nicht einfach so ihre Kontogebühren erhöhen können. Die Folge: Kunden können diese zu Unrecht kassierten Gebühren jetzt zurückfordern - das kann ein stattlicher dreistelliger Betrag sein. Allerdings müssen die Betroffenen selbst aktiv werden, etwa mithilfe eines Musterbriefs.
Was steht in dem BGH-Urteil? Welche Banken und Sparkassen sind betroffen? Was muss ich jetzt tun, um mein Geld zurück zu bekommen? Der Überblick.
Kurz und knapp: Um was geht es in dem BGH-Urteil zu Bankgebühren?
Viele Banken und Sparkassen haben in den letzten Jahren immer wieder ihre Gebühren erhöht oder neue Preismodelle fürs Konto durchgesetzt. Dabei verfuhren die Banken nach dem Motto „Schweigen ist Zustimmung“. Sprich: Wenn Kunden den Änderungen nicht aktiv widersprachen, wertete die Bank dies als Zustimmung zu den neuen Gebühren. Den Kunden blieb die Möglichkeit, den Vertrag fristlos und kostenfrei zu kündigen. Wer allerdings an der bisherigen Vereinbarung festhalten wollte, musste aktiv widersprechen.
Gegen diese Praxis klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband, konkret gegen die Postbank - und bekam Recht. Der BGH hielt die entsprechenden Klauseln in den AGB der Postbank in seinem Urteil XI ZR 26/20 vom 27.4.2021 für viel zu weitgehend und damit für unzulässig.
Was bedeutet das Urteil nun für Kunden von Banken und Sparkassen?
"Obwohl das Verfahren direkt nur die Postbank betrifft, hat es eine Signalwirkung für die gesamte Bankenlandschaft in Deutschland", heißt es beim klagenden Verbraucherzentrale Bundesverband. Und auch für die Stiftung Warentest ist der Fall klar: "So ziemlich alle Gebührenerhöhungen von Banken und Sparkassen sind unwirksam. Kunden müssen nur die bei Kontoeröffnung gültigen Preise zahlen. Auf unwirksame Erhöhungen entfallende Zahlungen sind bis zurück zum 1. Januar 2018 zu erstatten."
Welche Gebühren kann ich von meiner Bank zurückfordern?
Prinzipiell kann man alle Gebühren zurückfordern, die von der Bank oder Sparkasse wegen der unzulässigen Klauseln erhoben wurden. "Sollte Ihre Bank Änderungen vorgenommen haben, die sich nicht auf die Klauseln bezogen haben, sind diese von dem BGH-Urteil nicht betroffen", betonen die Verbraucherzentralen.
Um wieviel Geld geht es?
Die in drei Jahren zu viel gezahlten Gebühren können im Einzelfall einen relevanten dreistelligen Betrag ausmachen.
Was muss ich jetzt tun?
Tatsächlich aktiv werden. Denn von sich aus werden die Banken die zu Unrecht erhöhten Gebühren kaum zurückzahlen. Die Verbraucherzentralen raten, in vier Schritten vorzugehen:
- AGB der Bank prüfen: Enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedinugungen Ihrer Bank oder Sparkasse Klauseln, nach denen die Zustimmung zu AGB- oder Gebührenänderungen als erteilt gilt, wenn man nicht innerhalb von zwei Monaten widerspricht?
- Gebührenerhöhungen prüfen: Hat Ihre Bank oder Sparkasse in den vergangenen Jahren Gebühren oder Kontomodelle unter Bezug auf diese Klauseln erhöht? Entsprechende Mitteilungen können per Post an Sie geschickt worden sein oder sind im Postfach Ihre Online-Bankings zu finden.
- Kosten berechnen: "Sie können auch ohne Kostenaufstellung Ihre Bank kontaktieren. Es ist allerdings ratsam zu wissen, wie hoch Ihre Rückerstattung ausfallen sollte, bevor Sie sich an die Bank wenden", rät die Verbraucherzentrale. Berücksichtigen sollte man die kontoführungsgebühren, Gebühren für Ein- und Auszahlungen, für den Versand von Kontoauszügen und Entgelte für SMS-Tan-Verfahren
- Bank kontaktieren: Schreiben Sie der Bank und fordern Sie diese zur Rückzahlung der zu Unrecht erhöhten Gebühren auf.
Die Stiftung Warentest bietet dazu kostenlose Musterbriefe zum Download an, in denen nur noch die persönlichen Daten angepasst und eingetragen werden müssen. Auch die Verbraucherzentralen bieten online einen interaktiven Musterbrief an.
Was ist, wenn die Bank meine Forderung ablehnt?
Wenn die Bank die Rückerstattung verweigert, kann man sich an die „Ombudsleute“ der Banken wenden. Über eine Schlichtung lassen sich die Forderungen möglicherweise trotzdem geltend machen.