Nervöse Schüler warten vor dem Klassenraum. Ein letztes Mal schauen sie auf die Notizen aus der letzten Geschichtsstunde und murmeln die historischen Daten vor sich hin: "Das Coronavirus ist in Wuhan ausgebrochen. Dann kam es nach Europa, das war im Jahr 2020. Auf der ganzen Welt war die Wirtschaft im Lockdown. Und die Menschen mussten Masken vor dem Mund tragen, wenn sie einkaufen wollten."
So oder so ähnlich könnte es den Schülerinnen und Schülern in 20 Jahren ergehen. Denn klar ist: Die Corona-Pandemie ist ein Fall für die Geschichtsbücher. Schon heute arbeiten Verlage und Kultusministerien daran, Bücher für den Unterricht bereitzustellen - denn was die Schüler in Deutschland lernen, wird regelmäßig überprüft.
Autoren sammeln heute schon Fotos, Reden und Kommentare für die Geschichtsbücher
"Natürlich dauert es etwas, bis das Thema in Schulbüchern Einzug erhält, die einen Lebenszyklus von mindestens fünf bis sieben Jahren haben", sagt Florian Lange-Schindler, Sprecher beim Schulbuch-Verlag Cornelsen. Das läuft dann so: Die Kultusministerien verabschieden Lehrpläne, jedes Ministerium für sein Bundesland. Dort ist beschrieben, was die Schülerinnen und Schüler lernen sollen. Redakteurinnen und Autoren von Schulbuchverlagen machen sich dann an die konkrete Umsetzung.
Dafür scannen sie heute schon die Nachrichtenlage. Sie sammeln Fotos aus Zeitungen, die sich den Menschen eingebrannt haben. Das könnten beispielsweise die Bilder der Leichenwagen in Bergamo sein. Oder schlicht eine schematische Darstellung des Coronavirus selbst, wie es häufig in Nachrichtensendungen gezeigt wird. Andere Quellen für die Geschichtsbücher: Reden von Staatschefs oder Kommentare aus Tageszeitungen.
"Das setzt jeweils voraus, dass Sie abschätzen müssen, welches Vorwissen Sie bei den Schülerinnen und Schülern voraussetzen können, um daran anzuknüpfen", sagt Anja Vrachliotis, Sprecherin des Klett-Verlags. "Dazu sind wiederum die Lehrpläne hilfreich und die Erfahrung unserer Autorinnen, die als aktive Lehrerinnen wissen, welche Inhalte schwer verständlich sind oder didaktisch besonders aufbereitet werden müssen."

Wann die Corona-Pandemie erstmals im bayerischen Lehrplan auftaucht, ist noch unklar
Die ersten Schulbücher, die sich mit der Corona-Pandemie auseinandersetzen, könnten in zwei Jahren erscheinen, sagte der Autor Frank Schweppenstette vor kurzem im Interview mit dem Deutschlandfunk. Er geht davon aus, dass die Corona-Pandemie ähnlich viel Platz in den Geschichtsbüchern einnehmen wird wie der Zweite Weltkrieg.
Wann die Corona-Pandemie erstmals im bayerischen Lehrplan auftaucht, ist noch unklar. Das Kultusministerium betont aber, das Thema könne heute schon im Unterricht behandelt werden. "Lehrkräfte haben bei der Erfüllung des Lehrplans immer die Freiheit, auch aktuelle Themen, die nicht explizit im Lehrplan festgeschrieben sind, in den Unterricht einzubeziehen", sagt Daniel Otto, Pressesprecher des bayerischen Kultusministeriums auf Anfrage unserer Redaktion.
Damit könne man einen nachhaltigen Beitrag zur Erziehung der Schülerinnen und Schüler und zur Demokratie leisten. "So eignet sich die Thematisierung der Corona-Pandemie, der damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens sowie deren Folgen sehr gut für eine entsprechende Einbettung in den Unterrichtsbetrieb zahlreicher Fächer. Beispielsweise Deutsch, Geschichte, Sozialkunde, Religion, moderne Fremdsprachen oder Wirtschaft."
Die Verlage stellen für diese Fächer heute schon Arbeitsblätter zur Verfügung. In Mathematik beispielsweise: "Schnell, schneller, explosionsartig schnell - die Verbreitung des Corona-Virus außerhalb Chinas." Oder in Erdkunde: "Epidemien und Pandemien - das Coronavirus auf dem Vormarsch." Oder für Sozialkunde: "Corona und Spanische Grippe - ein Vergleich."
Auch im Religionsunterricht wird das Thema aufgegriffen. "Weil es eine existenzielle Erfahrung für die derzeitigen Schüler ist, auf die der Religionsunterricht eingehen sollte", heißt es dazu vom Klett-Verlag. Genug Stoff also für die Schülerinnen und Schüler - heute und auch in Zukunft.
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