Einbalsamierte Pharaonen, teure Grabbeigaben, riesige Pyramiden: Bei Mumien denken die meisten Menschen wohl zuerst an die ägyptischen. Mehr zum Schaudern – und außerdem weitaus älter – sind sogenannte Räuchermumien aus Südostasien. Bis zu 12.000 Jahre alt seien diese ältesten bekannten Beweise für die gezielte Mumifizierung von Menschen, berichtet ein Forschungsteam im Fachmagazin «Proceedings» der US-nationalen Akademie der Wissenschaften («PNAS»).
Es handelt sich dabei um Mumien von Jägern und Sammlern, konserviert durch das Räuchern über Feuer über einen längeren Zeitraum hinweg. Anders als ägyptische Mumien wurden die Körper nicht liegend, sondern hockend oder gebeugt – teils eng verschnürt – bestattet, und weisen vielfach Spuren von Verbrennungen auf. Mit den konservierten Überresten von Verstorbenen hätten die Menschen physische und spirituelle Verbindungen zu ihren Vorfahren aufrechterhalten können.
Ähnliche Praktiken gibt es bis heute
Ähnliche Rituale fänden sich noch heute bei einigen indigenen Gesellschaften im Hochland von Neuguinea und Australien, erläutert das Team um Hsiao-chun Hung von der Australian National University in Canberra. Offenbar hätten bestimmte kulturelle Überzeugungen und Bestattungspraktiken über 10.000 Jahre lang in Jäger- und Sammlergemeinschaften fortbestanden.
Mumifizierung war bisher vorwiegend aus trockenen Klimazonen bekannt: Die Chinchorro in Chile konservierten ihre Toten bereits vor 7.000 Jahren in der Atacama-Wüste, die Ägypter entwickelten vor etwa 4.500 Jahren ihre berühmten Einbalsamierungen von Pharaonen und konservierten Körper zudem in heißem Wüstensand. In den eher feuchten Monsunregionen Südostasiens wäre eine solche Trocknung kaum möglich.
An den Leichen wurde rumgeschnippelt
Bewohner von Regionen im heutigen Südchina, Vietnam, Laos, Malaysia und Indonesien nutzten daher einst Rauch und kontrollierte Hitze, wie es in der Studie heißt. Einbezogen wurden Mumien aus 95 archäologischen Stätten im südostasiatischen Raum. Bei den Untersuchungen stießen die Wissenschaftler auf Schnittspuren an Knochen, die auf gezielte Eingriffe etwa zum Beugen von Körperteilen oder Ablassen von Flüssigkeiten hinwiesen.
In einigen Fällen gebe es auch Spuren, die auf eine rituelle Entnahme kleiner Fleischstücke deuteten. Das wiederum könne ein Zeichen für komplexe Bestattungstraditionen mit rituellen Interaktionen mit dem Körper sein. «Unsere Ergebnisse unterstreichen eine tiefe und dauerhafte biologische und kulturelle Kontinuität, die alte Jäger- und Sammlervölker in Südostasien mit heutigen indigenen Gemeinschaften in Neuguinea und Australien verbindet.»



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