Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet als Folge der Corona-Krise eine noch ausgeprägtere Rezession, sowohl weltweit als auch in Deutschland. Dadurch dürften sich Armut und Arbeitslosigkeit verschärfen. In einer am Mittwoch vorgestellten Konjunkturprognose rechnet der IWF für 2020 mit einem Einbruch der Weltwirtschaftsleistung um 4,9 Prozent. Im April hatte der IWF einen Rückgang um 3 Prozent vorhergesagt. Im Januar, vor der Ausbreitung des Coronavirus, hatte der IWF sogar noch ein Wachstum von 3,3 Prozent erwartet. Ein positives Signal kam hingegen aus den deutschen Unternehmen. Deren Stimmung hat sich im Juni kräftig erholt.
Das Ifo-Geschäftsklima stieg im Vergleich zum Vormonat um 6,5 Punkte auf 86,2 Zähler, wie das Ifo-Institut am Mittwoch in München mitteilte. Dies sei der stärkste jemals gemessene und der zweite Anstieg des wichtigen Konjunkturindikators in Folge, nachdem er im März und April drastisch eingebrochen war. Die Unternehmen bewerteten ihre momentane Lage im Juni etwas besser, die Zukunftsaussichten sogar wesentlich besser. "Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels", bemerkte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Das Geschäftsklima stieg in allen Bereichen an, also in der Industrie, unter Dienstleistern, im Handel und am Bau.
Industrieländer besonders betroffen
Die Gruppe der Industrieländer wird nach Einschätzung des IWF besonders von der Corona-Krise betroffen sein. Für die Länder der Eurozone geht der IWF in diesem Jahr von einem Wirtschaftseinbruch von 10,2 Prozent aus. Für Frankreich, Italien und Spanien prognostiziert der IWF in diesem Jahr nun ein deutlich stärkeres Minus um jeweils mehr als 12 Prozent. Für die USA, die weltgrößte Volkswirtschaft, erwartet der IWF einen Rückgang um 8 Prozent (April-Prognose: 6,1 Prozent).
Minus von 7,8 Prozent in Deutschland
In Deutschland soll das Bruttoinlandsprodukt um 7,8 Prozent schrumpfen, wie der IWF mitteilte. Im April war der Währungsfonds noch von 7,0 Prozent ausgegangen. Die "Wirtschaftsweisen" des Sachverständigenrats der Bundesregierung hatten in ihrer Prognose vom Dienstag mit einem Rückgang um 6,5 Prozent gerechnet.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befürchtet sogar ein Minus von mehr als 9 Prozent. DIW-Präsident Marcel Fratzscher sagte im RBB-Inforadio: "Wir müssen uns im zweiten Halbjahr, nach dem 30. September, auf eine massive Insolvenzwelle einstellen, einfach weil viele sagen‚ ich kriege doch nicht die Kurve."
Viele arme Menschen rutschen erneut ab
Der globale Wirtschaftseinbruch bedeute "einen katastrophalen Schlag für den Arbeitsmarkt", erläuterte der IWF. Besonders betroffen davon seien die ärmeren und weniger gebildeten Arbeitnehmer, die meist nicht von Zuhause arbeiten könnten, hieß es. Wegen der Pandemie würden viele Menschen erneut in die Armut abrutschen. Auch die zeitweise Schließung von Schulen treffe Kinder in ärmeren Staaten besonders hart, erklärte der IWF.
Für kommendes Jahr rechnet der IWF weiterhin mit einer Erholung. Die globale Wirtschaft soll demnach 2021 um 5,4 Prozent zulegen - das wären 0,4 Prozentpunkte weniger als im April prognostiziert. Die Länder der Eurozone sollen um 6 Prozent wachsen, Deutschlands Wirtschaft um 5,4 Prozent.
Falls sich Lage zuspitzt, drohen Schuldenkrisen
Die in Washington ansässige Organisation warnte zudem, dass sich die Lage auf den Finanzmärkten trotz der Interventionen von Zentralbanken wieder zuspitzen könnte. Die jüngste positive Entwicklung der Märkte "scheint nicht mit den Veränderungen der zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Aussichten zusammenzuhängen", warnte der IWF. Sollte es zu einer erneuten Zuspitzung der Lage an den Märkten kommen wie zu Anfang des Jahres, drohten auch Schuldenkrisen, hieß es weiter.
25 Milliarden Dollar für Entwicklungs- und Schwellenländer
Der IWF hat seit Beginn der Corona-Krise bereits an viele Entwicklungs- und Schwellenländer Nothilfen vergeben, um deren Wirtschaft und Wechselkurs zu stützen. Die Finanzierungen umfassen bislang rund 25 Milliarden US-Dollar. Zu den größten Empfängern gehörten unter anderem Ägypten, Pakistan, Nigeria und Ghana.