Schon einen Tag vor dem Messerangriff auf sie hat sich die neu gewählte Bürgermeisterin von Herdecke im Ruhrgebiet an die Polizei gewandt. «Wir hatten am Montag zweimal persönlichen Kontakt zu ihr», sagte ein Sprecher der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis. Einmal sei sie persönlich auf der Wache in Wetter an der Ruhr vorstellig geworden.
Zu dem konkreten Inhalt ihrer Aussagen könne die Polizei mit Blick auf die nun laufenden Ermittlungen nichts bekanntgeben, hieß es. «Ein Vorgang wurde angelegt, alle notwendigen Maßnahmen wurden getroffen», sagte der Sprecher. Von diesem Vorgang habe auch die Staatsanwaltschaft Kenntnis erhalten. Zuvor hatte die «Bild»-Zeitung über das Geschehen am Montag berichtet.
Die Polizei spricht von einem Vorgang, wenn bei ihr Anzeige gestellt wird oder sie anderweitig Kenntnis von einer mutmaßlichen Straftat erhält. Die Beamten dokumentieren dann das Geschehen und leiten ein Ermittlungsverfahren ein.
Jugendamt äußerte sich zunächst nicht
Die Kommunalpolitikerin Iris Stalzer (SPD) war am Dienstag in ihrem Haus lebensgefährlich verletzt worden. Ihre 17-jährige Adoptivtochter steht im Verdacht, sie über einen Zeitraum von mehreren Stunden im Keller des Hauses bedroht und gequält zu haben, wie Sicherheitskreise der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Neben 13 Messerstichen soll die 57-Jährige auch zahlreiche Kopfverletzungen erlitten haben. Die Juristin ist inzwischen außer Lebensgefahr.
Die Staatsanwaltschaft wertet die Tat als gefährliche Körperverletzung. Die Tochter hatte nach Angaben der Ermittler nach dem Angriff selbst den Notruf gewählt und behauptet, ihre Mutter sei überfallen worden. Die Juristin hatte die 17-Jährige demnach belastet, nachdem sie sie zunächst nicht als Angreiferin nennen wollte.
Familie war der Polizei bekannt
Offen ist bislang die Motivlage. In der Familie gab es laut Polizei und Staatsanwaltschaft familiäre Streitigkeiten. Auch der Vater soll dabei schon Geschädigter gewesen sein, sagten die Ermittler. Im Sommer habe es einen Vorfall häuslicher Gewalt gegeben, hieß es aus Sicherheitskreisen. Ein Polizeisprecher hatte außerdem bestätigt, dass es Mitte des Jahres einen Beschwerdevorgang gegeben habe, der an die Behörde gerichtet und abschließend bearbeitet worden sei. Zu Inhalt und Art der Beschwerde könne er keine Auskünfte geben.
Das Vorgehen der Polizei im Zusammenhang mit der Familie wird nun geprüft. Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten gibt es laut Innenministerium bisher aber nicht. «Es ist doch klar, dass wir in jedem Fall prüfen, ob die Polizei hier alle notwendigen Schritte in die Wege geleitet hat. Das müssen wir uns jetzt anschauen», sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der dpa. «Bislang sieht es aber so aus, dass die passenden Maßnahmen ergriffen wurden.» Zuerst hatte die «Westfalenpost» berichtet.
Nicht nur die 17-Jährige, sondern auch der 15 Jahre alte Adoptivsohn sollen der Polizei bekannt gewesen sein, wie die Ermittler in einer Pressekonferenz erklärten. Der 15-Jährige war zur Tatzeit am Dienstag mit im Haus. Ob er eine Rolle bei den Geschehnissen gespielt hat, ist noch Teil der laufenden Ermittlungen.
Das Jugendamt wollte sich zu dem Fall auf Nachfrage bisher nicht äußern.
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