Der Kulturwissenschaftler Rainer Stollmann von der Universität Bremen wundert sich nicht allzu sehr über solche Gefühle, weil Schadenfreude im menschlichen Wesen angelegt sei - als "eine fast humane Reaktion auf vorgegangene Grausamkeiten".
Der Professor für Kulturgeschichte und Theorien kultureller Prozesse, der seine Habilitation 1995 über "Natur und Kultur des Lachens" verfasste, sagte der Deutschen Presse-Agentur über Schadenfreude angesichts von Trumps Covid-19-Erkrankung: "In diesem Fall trifft sie ja wohl auch den Richtigen. (...) Das ist, als ob der Virus dem Präsidenten einen Streich gespielt hat. Er hat ihn lange geleugnet, er will nichts davon wissen, und dann erwischt's ausgerechnet ihn. Das ist doch wie ausgleichende Gerechtigkeit."
Mehr Schadenfreude bei Menschen, die einem überlegen vorkommen
Die Psychologin Lea Boecker von der Leuphana Universität Lüneburg sagte der dpa, man empfinde erstens "eher Schadenfreude, wenn das Unglück einer Person passiert, die man als überlegen wahrnimmt". Dies gelte vor allem dann, wenn dieser Mensch seinen hohen Status "durch Dominanz und Einschüchterung erlangt" habe.
Zweitens sei für Schadenfreude relevant, ob die betreffende Person "das Unglück verdient hat, weil sie vorher arrogant oder ignorant war". Und drittens sei mitentscheidend, "ob ich die Person mag oder nicht".
Schadenfreude erfüllt "wichtige psychologische Bedürfnisse"
Boeckers Fazit: "Wenn nun diese drei Faktoren zusammenspielen, (...) dann ist natürlich Schadenfreude ganz besonders stark." Zwar habe die Schadenfreude einen schlechten Ruf, aber die Forschung zeige, dass dieses Gefühl "wichtige psychologische Bedürfnisse erfüllt", etwa nach Gerechtigkeit.
Je extremer das Missgeschick oder Unglück des Anderen sei, desto mehr neigten Menschen aber dazu, "eher Mitleid zu empfinden als Schadenfreude".