Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat Fehler bei der Aufarbeitung der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen katholische Priester eingeräumt. "Wir haben Fehler gemacht, wir haben Vertrauen verspielt, ich verstehe die Ungeduld", sagte Woelki in einem Interview der "Kölnischen Rundschau" (Donnerstag). Aber man stehe kurz vor der Aufklärung.
Woelki war unter anderem wegen der Zurückhaltung eines Gutachtens in die Kritik geraten. "Wir klären auf, ich stehe zu meinem Versprechen", sagte er nun. Dennoch könne er nur um Geduld bis zum 18. März bitten. An dem Tag solle der Strafrechtler Björn Gercke das vom Erzbistum in Auftrag gegebene Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen vorlegen. Dies werde auch "nicht der Endpunkt, sondern der Ausgangspunkt für weitere Aufklärung sein", sicherte Woelki zu. Das Erzbistum hatte zunächst eine andere Kanzlei, Westphal Spilker Wastl (WSW) in München, mit einem Gutachten beauftragt, dann aber wegen rechtlicher Bedenken entschieden, diese Arbeit nicht zu veröffentlichen. Woelki sagte, er kenne das WSW-Gutachten nach wie vor nicht.
Vom Erzbistum um Prüfung gebetene Fachleute sähen darin aber "schwere methodische Mängel und Verstöße gegen Persönlichkeits- und Äußerungsrechte". Gercke hingegen habe 236 Fälle identifiziert und bearbeitet - mehr Vorgänge, als sie in einer 2018 von der Deutschen Bischofskonferenz vorgelegten Studie für das Erzbistum ausgewiesen wurden. Das Gutachten der Kanzlei WSW habe dagegen nur 15 Fälle betrachtet. Woelki: "Gerckes Gutachten wird handwerklich sauber sein und es möglich machen, mein Versprechen einzulösen: Wir werden Namen von Verantwortlichen nennen." Er stehe bei den Betroffenen im Wort, so der Kardinal.
Westpfahl Spilker Wastl ließ dagegen erklären, dass sie sämtliche ihr vom Erzbistum Köln übergebenen Unterlagen geprüft und ausgewertet habe. Die daraus gezogenen Erkenntnisse seien in das Gutachten eingeflossen. Die 15 Fälle seien exemplarisch ausgewählt, um sie im Gutachten in anonymisierter Form darzustellen. Grund für die Auswahl und Anonymisierung seien der Persönlichkeitsschutz der Opfer, möglicher Täter und Mitverantwortlicher, wobei der Schutz der Opfer vor einer erneuten Traumatisierung im Vordergrund gestanden habe.
Wastl hatte die Zurückhaltung seines Missbrauchsgutachtens durch Woelki scharf kritisiert.
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Transparenzhinweis: Fünfter Absatz neu mit einer Klarstellung der Kanzlei WSW zur Auswahl der Fälle und dem Hinweis, dass sie sämtliche Unterlagen geprüft habe.