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Tipps zum Schulstart: So kommen Eltern gut durch die Schulzeit

Schulanfang

Tipps von Forschern, Schülern und Lehrern: So kommen Eltern gut durch die Schulzeit

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    Schulbeginn Full length portrait of a little boy holding hands with his nanny and walking on a city street.
    Schulbeginn Full length portrait of a little boy holding hands with his nanny and walking on a city street. Foto: Stock Adobe

    Schriftsteller Weiler: „Lässig bleiben und nicht wegen jeder Kleinigkeit in die Schule latschen“

    Schriftsteller Jan Weiler, Autor unter anderem der Bestsellerreihe „Das Pubertier“:

    Die Schulzeit der Kinder ist für Eltern unglaublich anspruchsvoll: Man will das Beste für die Kinder, aber was ist das Beste? Man muss sich mit den Lehrern auseinandersetzen, man muss sich mit dem System auseinandersetzen. Man muss sich mit anderen Eltern auseinandersetzen, die häufig die Pest sind. Man muss die Kinder liebevoll begleiten, sie dabei an den eigenen Möglichkeiten messen und nicht an denen der anderen. Ganz schön kompliziert.

    Im Nachhinein gesehen hätte ich als Vater einiges besser machen können. Ich habe zwar ein gutes Abi gemacht, war aber kein guter Schüler. Mein Standpunkt war immer: Man macht das, was man gut kann, möglichst gut und bei allem anderen wurschtelt man sich durch. Und das habe ich leider auch so weitergegeben. Das ist nicht klug. Man sollte den Kindern wider besseres Wissen wenigstens am Anfang vorgaukeln, dass Fächer, die man selbst früher schrecklich fand, ganz fantastisch sind und einen Riesenspaß machen. Trotz all der Schwierigkeiten, die dann vielleicht kommen, sollte man sie erst einmal positiv einstellen. Das finde ich echt wichtig. Wie gesagt, das habe ich leider nicht gemacht. Man hat ja keinen Erziehungsführerschein absolviert, sondern spiegelt sich in den Biografien der Kinder. Dafür ist es mir recht gut gelungen, ihnen so etwas wie einen sozialen Kompass mitzugeben. Also: Wie geht man um mit den Schwächeren? Wie verhält man sich anständig und angemessen? Wie überwindet man Frustrationen und Unlust? Da konnte ich sie häufig von Schulsorgen wegbringen, dafür sind Eltern ja auch da.

    Was ich Eltern raten kann: Lässig bleiben und nicht alles so wichtig und ernst nehmen. Eltern neigen heute dazu, wegen jeder Kleinigkeit in die Schule zu latschen, den Lehrer auf dem Flur zu stellen und dem mal so richtig die Meinung zu sagen, anstatt die Leute ihre Arbeit machen zu lassen. Die Lehrerinnen und Lehrer sind dafür normalerweise ausgebildet, und wenn ein Kind mal eine klare Ansage bekommt, weil es andauernd stört, heißt das nicht automatisch, dass es davon fürs Leben traumatisiert wird. Manchmal gibt es eben Ärger. Später im Beruf gibt es das ja auch hin und wieder. Und da kommen die Eltern auch nicht anschließend in die Firma, um sich als Drachentöter gegenüber dem Chef zu inszenieren.

    Was die Eltern heute wieder lernen müssen, ist Resilienz. Sonst werden ihre Kinder nicht stark. Wenn die Eltern das schon nicht draufhaben und wegen jedem Quatsch anfangen, eine Petition aufzusetzen, dann werden die Kinder auch nicht anders. Die kriegen dann nämlich ständig das Gefühl vermittelt, dass die Schule eigentlich für sie gar keine Autorität darstellt, sondern so etwas wie ein Dienstleister ist, der unverbindliche Unterhaltungsangebote bereitstellt. Eltern sollten ein bisschen cooler sein, sich engagieren, gut zuhören und: mitlernen. Dann haben alle was von der Schule.

    Schülerin: „Vor allem sollen die Eltern die Kinder liebhaben“

    Margaux, 7 Jahre, Zweitklässlerin:

    „Wenn es nicht so läuft in der Schule, sollen Eltern einen Termin mit der Lehrerin machen. Wenn ein Kind schlechte Noten hat, sollen sie es trösten. Wenn es Streit in der Schule gibt, können die Eltern nichts machen. Aber wenn das Kind beleidigt wurde, zum Beispiel „du dumme Kuh“, müssen die Eltern dem Kind sagen, „du bist gar keine dumme Kuh“ und das Kind trösten. Die Kinder sollen erst mal selber sich um die Sachen in der Schule kümmern. Erst wenn es nicht klappt, sollen sie helfen. Vor allem sollen die Eltern die Kinder liebhaben.“

    Bildungsforscher: „Lesen Sie mit Ihrem Kind, denn Lesen ist die Schlüsselkompetenz“

    Bildungsforscher Professor Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg:

    Mein wichtigster Tipp: Lesen, ganz klar. Sprache ist der wichtigste Prädiktor für Bildungserfolg. Das heißt mit anderen Worten: Je besser Kinder mit Sprache umgehen können, desto leichter haben sie es im Schulsystem. Das zieht sich durch alle Fächer durch. Selbst in Mathematik, wo man zunächst mal glaubt, man hat es mit Zahlen zu tun, kommt es aber im Kern immer darauf an, Aufgabenstellungen zu lesen und zu verstehen. Lesen ist die Schlüsselkompetenz im Bildungssystem und auch in unserer Welt allgemein, immer kommt es auf Lesen an. Und da können Eltern heute ungeheuer viel leisten, indem sie möglichst früh Kindern vorlesen, mit den Kindern lesen, die Kinder mal vorlesen lassen, darüber sprechen, sich austauschen. Also die Stunde abends zu lesen, so anstrengend das ist, sich diese Zeit zu nehmen, ist unglaublich wichtig. Ich habe drei Kinder, ich habe Harry Potter dreimal gelesen.

    Mein zweiter Tipp: Vertrauen aufbauen. Schule ist für Kinder ja immer eine gewisse Herausforderung, weil es eine ganz neue Situation ist. Wichtig ist, dass sie Sicherheit im häuslichen Bereich erfahren. In der Schule bin ich ja als Elternteil sowieso nicht dabei, aber zu Hause kann ich mein Kind fragen, wie es geht, ihm zuhören, es ernst nehmen. Und ich kann eine gewisse Ruhe in den Tag bringen, also dem Tempo der Welt auch mal entfliehen. Rituale sind da ganz wichtig, zum Beispiel das gemeinsame Abendessen oder das gemeinsame Lesen. Was ich den Eltern auch klar empfehlen würde: Versuchen Sie, sobald die Schule beginnt, am besten schon ein bisschen davor, einen Rhythmus zu finden, der dem Schulalltag gleicht. Je strukturierter und je ritualisierter die Tage sind, umso mehr Zeit ist für Besinnung und Ruhe da.

    Bildungsforscher sagt: Bei Hausaufgaben ist es wichtig, dass das Kind weiß, okay, wenn ich was nicht kann, ist immer einer da, den ich fragen kann.
    Bildungsforscher sagt: Bei Hausaufgaben ist es wichtig, dass das Kind weiß, okay, wenn ich was nicht kann, ist immer einer da, den ich fragen kann. Foto: Kirsten Neumann, dpa (Symbolbild)

    Was Hausaufgaben betrifft, es heißt ja immer mal gern, wir sollten den Kindern nicht helfen, sie müssen das selbst können. Aber ich glaube, der Punkt bei den Hausaufgaben ist nicht, dass ich die als Vater oder Mutter mache, sondern, dass das Kind weiß, okay, wenn ich was nicht kann, ist immer einer da, den ich fragen kann. Wobei ich dann auch gesagt habe: Jetzt denkt bitte erst mal selbst 15 Minuten nach. Wenn du nicht weiterkommst, dann bekommst du einen Tipp von mir. Also, dieses Hin und Her ist wichtig. Eltern können unterstützen, sollen es auch tun.

    Die wichtigste Aufgabe wird immer sein, diesen schmalen Grat zwischen Führen und Wachsen lassen auch zu Hause hinzubekommen. Aber das ist für uns Eltern ja immer generell das Problem. Je älter die Kinder werden, desto mehr merkt man auf einmal: Menschenskinder, die fangen selbst zu denken an, die gehen andere Wege. Diesen schmalen Grat hinzubekommen, also nicht in Nichtstun verfallen und die Kinder völlig allein lassen, aber auch nicht komplett das Zepter in die Hand nehmen, das ist gar nicht so leicht. Man will ja nur das Beste für seine Kinder. Aber manchmal muss man seine Perspektive auch hinterfragen und überlegen, ist das Beste, was ich glaube, wirklich das Beste für mein Kind? Manchmal ist es das nicht.

    Schülersprecherin: „Mein Tipp, Kinder auch mal Quatsch machen lassen“

    Lucia Besser, Landesschülersprecherin für die Realschulen in Bayern:

    Das Wichtigste ist, dass sich Eltern klarmachen, was für ein riesengroßer Schritt das ist, vom Kindergarten zur Schule. Was für ein Unterschied. Da beginnt jetzt ein langer Weg, der für das Schulkind einen großen Teil der Zukunft bestimmen wird. Und gerade deshalb braucht es viel Zeit, sich darauf einzustellen. Man sollte sich diese Zeit nehmen, gemeinsam, als Familie. Mein Tipp dabei an alle Eltern: Kinder auch mal Quatsch machen lassen. Sie mal die Hausaufgabe vergessen lassen, ohne dass es sofort Ärger gibt. Das ist mir früher auch immer wieder mal passiert und meine Schullaufbahn lief trotzdem gut. Es ist vollkommen okay, wenn ein Schulkind etwas nicht perfekt macht, und überhaupt nicht schlimm, wenn ein Fehler passiert. Fehler sind Helfer, wenn man die Buchstaben einfach mal anders zusammensetzt. Und wenn es dann in der dritten, vierten Klasse schon um den Übertritt geht: Unbedingt ruhig bleiben. Ich finde, Eltern sollten ihren Kindern nicht den Druck spüren lassen, dass sie auf das Gymnasium gehen müssen, um auf jeden Fall das Abitur zu machen.

    Ich bin davon überzeugt, dass es am Ende überhaupt nicht so sehr wichtig ist, für welche Schulart man sich entscheidet. Viele Wege führen zum Doktortitel. Ich hatte zum Beispiel nie Lust aufs Gymnasium. Ich habe auch nie groß Unterstützung gebraucht, meine Mutter hat nie zu viel nachgefragt und mir meistens freie Hand gegeben, und ich bin damit selten auf die Schnauze gefallen. So bin ich auch sehr schnell sehr viel selbstständiger geworden als manche anderen in meinem Alter. Heute habe ich bereits ein eigenes Unternehmen und gebe Vorträge zum Thema finanzielle Bildung von Jugendlichen. In meinem letzten Schuljahr hatte ich wegen meiner Ämter knapp 300 Stunden im Unterricht gefehlt und habe trotzdem alle Prüfungen gut gepackt. Aber wie dieser lange Weg für jeden Einzelnen aussieht, das unterscheidet sich so sehr. Das kann man in der ersten Klasse noch gar nicht wissen, nicht mal ahnen.

    Elternbeirat: „Wer sich engagiert, bekommt viel mehr Gefühl für die Schule“

    Sven Clement, Vorsitzender der Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern e.V., seit knapp 14 Jahren engagiert in der Elternarbeit:

    Eltern sind natürlich am Anfang immer nervös. Alles ist neu für die Kinder und vieles ist neu auch für die Eltern. Schule hat sich stark verändert, nehmen Sie nur mal die Neuen Medien. Ab wann sollen die Kinder ein Handy besitzen, wie lange am Tag benutzen, das ist zum Beispiel eines der großen Themen für heutige Eltern. Oder auch der Schulweg. Ich würde immer raten, die Kinder möglichst eigenständig zur Schule kommen zu lassen. Das gehört für mich zur sozialen Interaktion dazu. Die Kinder reden auf dem Schulweg mit anderen Kindern, sie tauschen sich aus und sie bewegen sich, bevor sie in die Schule kommen. Dann fällt Kindern auch das Sitzen leichter. Was die Neuen Medien betrifft: Meiner Ansicht nach braucht kein Kind in der Grundschule ein Handy. Und auf keinen Fall sollte man Kindern die Geräte einfach in die Hand geben und sie damit arbeiten lassen. Das sollte in den ersten Jahren eng begleitet und unbedingt zeitlich limitiert werden. 

    Das Wichtigste aus meiner Erfahrung als Vater und auch Elternbeirat aber: mit den Kindern sprechen, nachfragen, zuhören, sie ernst nehmen. Und wenn etwas die Kinder emotional mitnimmt, zum Beispiel der Tod eines Haustieres, oder wenn es um eine Krankheit oder Probleme im sozialen Umfeld geht, möglichst frühzeitig den Kontakt mit der Schule aufnehmen. Damit die Lehrerinnen und Lehrer auch wissen, warum sich das Kind anders verhält, und darauf reagieren und helfen können. Zwischen Schule und Eltern sprechen wir ja bewusst von einer Erziehungspartnerschaft. Und ich finde, diese Partnerschaft sollte man unbedingt mitdenken. Was ist mein Teil der Erziehung, was Aufgabe der Schule und was nicht, wie kann man gemeinsam das Kind unterstützen. Schule ist nicht für alles zuständig.

    Als langjähriger Elternbeirat würde ich auch jedem Elternteil raten, wenn es irgendwie zeitlich möglich ist, im Elternbeirat oder als Klassenelternsprecher mitzuarbeiten. Man bekommt viel mehr Gefühl für die Schule und die Lehrerinnen und Lehrer, mit denen das Kind es zu tun hat. Und man hat als Elternbeirat die Möglichkeit, sich gestaltend einzubringen, aber eben auch aufzustehen, wenn etwas nicht gut läuft und man eine Veränderung möchte. Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Eltern das auch als Möglichkeit wahrnehmen würden und nicht nur als Amt, das man übernimmt, weil sich sonst keiner meldet.

    Schüler: „Auf dem Schulweg fühlt man sich ohne Eltern frei“

    Levin, 9 Jahre, Viertklässler:

    Ich finde, Eltern sollten nicht zu viel mit ihren Kindern für die Schule machen. Es geht ja sonst die ganze Freizeit weg. Manche Eltern sagen nach der Schule zum Beispiel, so, jetzt machen wir eine Stunde Mathe oder eine Stunde Deutsch und dann kannst du mit den Freunden spielen. Das ist zu viel. Die Eltern sollen nicht übertreiben und ihren Kindern keinen Stress machen. Wenn es zum Beispiel Mittwoch ist, dann muss man die Aufgaben für seinen Wochenplan noch nicht alle fertig haben, das reicht bis Freitag. Ich habe das Gefühl, Eltern sind da manchmal zu ehrgeizig. Bei mir ist das so: Ich arbeite etwa 15 bis 30 Minuten am Nachmittag, das ist dann auch genug.

    Schüler sagt: „Auf dem Schulweg fühlt man sich ohne Eltern frei“ 
    Schüler sagt: „Auf dem Schulweg fühlt man sich ohne Eltern frei“  Foto: dpa (Symbolbild)

    Wenn ich Vater wäre, dann würde ich mein Kind auch alleine zur Schule gehen lassen. Außer der Weg ist sehr weit und führt zum Beispiel über viele Kreuzungen. Am besten ist es, wenn man zusammen mit einem Freund in die Schule geht, da kann man sich alles erzählen und ohne Eltern fühlt man sich richtig frei. Man kann dann auch mal kurz am Kiosk halten. Was ich doof finde: Sein Kind mit einer Smartwatch in die Schule schicken. Das nervt, da guckt man dann ständig drauf oder telefoniert in der Pause mit den Eltern, und das ist irgendwie auch ungerecht.

    Einen teuren Schulranzen finde ich auch unnötig. Ich habe meinen nur ein Jahr getragen, seitdem habe ich einen Rucksack und viele andere auch. Worum Eltern sich gerne kümmern dürfen: morgens nochmal die Stifte spitzen. Am besten sind meiner Ansicht nach die mit den Griffpunkten oder Griffmulden. Was bei manchen Freunden manchmal ist: Ihnen schmeckt gar nicht, was sie in der Brotbox haben. Das will dann meist auch kein anderer essen. Aber Eltern sollten doch so etwas gar nicht erst einpacken, sondern mit ihrem Kind reden, was dem schmeckt. Für mich ist in einer richtig guten Brotbox schönes weiches Brot mit Käse oder so und dann noch Obst, Nektarine zum Beispiel, oder auch Gurken. Und ab und zu können Eltern ruhig auch ein Stück Kuchen reinschmuggeln, wenn man das eh zuhause hat. Da sollten Eltern auch nicht zu streng sein.

    Konrektorin: „Bei Unsicherheiten, das direkte Gespräch zur Klassenleitung suchen“

    Mona Prill, Konrektorin einer Grundschule:

    Eltern sollten Vertrauen in ihre Kinder haben und ihnen etwas zutrauen. Auch wenn es mal nicht so gut läuft, ist das erstmal nichts Schlimmes, Fehler sind erlaubt. Wichtig ist, dass Eltern ihre Kinder begleiten und bei Rückschlägen unterstützen. Gleichzeitig sollten sie ihnen aber auch nicht alles abnehmen, nur so lernen Kinder Eigenverantwortung. Fürs Rucksack-Packen oder Hausaufgaben machen sollten sich die Kinder schon selbst verantwortlich fühlen.

    Auch zu Hause braucht es klare Regeln und Rituale, das gibt den Kindern Sicherheit. Der Erziehungsauftrag liegt nicht allein bei der Schule, auch die Eltern stehen in der Verantwortung. Bei Unsicherheiten ist es immer sinnvoll, das direkte Gespräch zur Klassenleitung zu suchen. Generell sollten Eltern und Lehrkräfte zusammen und nicht gegeneinander arbeiten, gemeinsam findet man immer eine Lösung, nur so kann man das Kind am besten unterstützen.

    Schulpsychologin: „Der Vierer sollte kein Familiendrama sein“

    Christina Schaller, Schulpsychologin am Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen

    Eltern eines frisch eingeschulten Gymnasiasten haben mir einmal ganz betroffen gesagt: „Da hatten wir dann in der ersten Englischschulaufgabe unseren ersten Vierer.“ Aus der Grundschule nur Einsen und Zweien gewohnt, war das für sie eine Katastrophe. Die Eltern sollten sich aber klarmachen: Das ist nicht unser Vierer, nicht der Vierer der Eltern, sondern der Vierer des Kindes. Und der Vierer sollte auch kein Familiendrama sein, sondern ein Schritt im Lernprozess. Es ist nicht die Aufgabe der Eltern, sich in Mathe reinzufuchsen oder in andere Lernstoffe. Das Kind geht ja in die Schule, nicht mehr die Eltern. Also ruhig einen Schritt zurücktreten.

    Ein paar Aufgaben haben die Eltern in ihrer „zweiten Schulzeit“ natürlich schon. Ich nenne das die 3 S. Stärken sehen – und lobend begleiten. Statt „Schon wieder dieser Fehler“ lieber sagen „Hey, die Hälfte klappt schon prima!“. Selbstvertrauen fördern. Kinder wachsen, wenn Eltern an sie glauben. Der Start am Gymnasium zum Beispiel ist wie der Wechsel in eine neue Liga, da darf man auch mal stolpern. Und schließlich das dritte S: Struktur geben – mit klaren Lernzeiten, Pause, Ausgleich. Kurze Lernzeiten sind effektiver als langes Pauken.

    So lernen Kinder Verantwortung für ihre Noten – und Eltern können entspannter bleiben. Und wenn Eltern entspannter sind, sind es die Kinder auch.

    Sprecherin des Elterntelefons: „Mit Gelassenheit können Eltern Druck rausnehmen“

    Nora Malmedie, Sprecherin der Telefonberatung Nummer gegen Kummer:

    Viele Kinder rufen bei uns an, weil sie sich erstmal nicht trauen, mit ihren Eltern über schulische Probleme zu sprechen. Wenn Kinder sich zurückziehen oder aggressiv verhalten, kann das ein Zeichen dafür sein, dass sie etwas beschäftigt. Eltern sollten ihrem Gefühl, dass vielleicht etwas nicht stimmt, vertrauen, aufmerksam sein und ihrem Kind signalisieren, dass sie ein offenes Ohr haben. So kann ein Raum entstehen, in dem das Kind über belastende Themen spricht. Neben der Frage „Wie war es in der Schule“ kann es hilfreich sein, konkret nachzufragen: „Was war heute besonders schön?“, „Gab es etwas, das dir heute besonders viel Spaß gemacht hat?“ Wenn Eltern das Gefühl haben, das Kind möchte gerade nicht sprechen, kann man auch das kommunizieren.

    Sprecherin des Elterntelefons sagt: Noten sind nicht alles.
    Sprecherin des Elterntelefons sagt: Noten sind nicht alles. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Was die schulischen Leistungen angeht: Noten sind nicht alles. Klar, sie sind relevant, um im Schulsystem zu bestehen, aber eine Fünf in Deutsch ist noch kein Grund zur Panik. Kinder machen sich selbst Druck und vergleichen sich mit anderen. Indem Eltern Sicherheit und Gelassenheit vermitteln, können sie Druck herausnehmen. Nachhilfe oder Lerngruppen können helfen – wie das genau aussehen kann, sollten Eltern mit ihrem Kind besprechen. Grundsätzlich ist es wichtig, immer auch auf das zu schauen, was das Kind gut kann und das zu fördern. Das können Sport, Hobbys, Kreativität oder soziale Fähigkeiten sein.

    Nach Möglichkeit sollten Eltern mit Lehrkräften zusammenarbeiten. Darüber hinaus möchten wir Eltern ermutigen, sich Hilfe zu suchen, wenn sie sich überfordert fühlen. Kein Problem ist zu klein, jeder kann bei uns anrufen. Sich Unterstützung zu suchen ist kein Makel, sondern eine Stärke, von der langfristig alle profitieren.

    Ganztagsbetreuerin: „Nachfragen und ein offenes Ohr haben“

    Simone Lackner-Becker, Koordinatorin Offener Ganztag an der St.-Max-Grundschule Augsburg:

    Aus meiner Erfahrung mit den Kindern, die ich bisher im Offenen Ganztag betreuen durfte, erscheint mir bei all denen, die neu eingeschult werden, vor allem eines wichtig: Dass die Neugier, die die Kinder von ihren ersten Erfahrungen mit der Schule mitbringen, zuhause von den Eltern aufgenommen wird. Da muss anfangs ja viel Neues verarbeitet werden, Eindrucke von Lehrern und Lehrerinnen, von anderen Kindern in den Klassen, vom Schulgebäude und manchem mehr. Eltern sollten das zuhause aufgreifen und bei ihrem Kind nachfragen: Was ist dir heute begegnet, wie heißen deine Lehrer, was hast du eventuell schon gelernt? Meiner Erfahrung nach ist es eine große Hilfe und ein Ansporn, wenn ein Kind spürt, Mama und Papa haben ein Interesse daran, was mir in der Schule begegnet.

    Später ist es dann natürlich auch wichtig, mit dem Kind das in der Schule Gelernte zu Hause einzuüben. Aber dabei sollte nicht vergessen werden, auch das, was Kinder in der Schule emotional erleben, zuhause aufzufangen. Leider begegnet es mir immer wieder, dass Eltern gar nicht wissen, was in der Schule vor sich geht.

    Auch wenn es in den weiteren Klassen mal nicht so gut schulisch läuft, ist es für Kinder wichtig, dass ihre Eltern ein offenes Ohr für die haben. Lernprobleme müssen ihre Ursache nicht immer in schwierigem Stoff haben, da können auch andere Ursachen vorliegen. Auch hier ist es wichtig, dass sich die Eltern Zeit nehmen für ihr Kind und, wenn es tatsächlich am Lernverständnis liegt, mit ihrem Kind zuhause üben. Heutzutage gibt es im Internet eine Vielzahl von Lernhilfen, mit denen man gemeinsam üben kann, und mit Notebook, Tablet oder Smartphone kann man Kinder ja eigentlich immer ködern.

    Für Kinder, die in ihr letztes Grundschuljahr kommen, und ihre Eltern ist natürlich der Übertritt ein großes Thema, eines, das auch Druck erzeugen kann. Mein Rat wäre hier: Auf die Lehrkraft hören, welche Empfehlung sie abgibt. Lehrerinnen und Lehrer haben die nötige Erfahrung mit ihren Schülern, um sie diesbezüglich richtig einschätzen zu können. Und wenn die Empfehlung eher zur Realschule tendiert, dann würde ich mich daran halten. Es bringt niemandem etwas, wenn das Kind dann in der 5. Klasse am Gymnasium scheitert.

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