„Veggie-Burger“, „Tofu-Schnitzel“ oder „Soja-Hack“ liegen im Trend und in immer größerer Zahl in den Regalen europäischer Supermärkte. Während die Fans der Fleischalternativen auf ihre Gesundheit oder die Treibhausgasemissionen aus Viehzuchtbetrieben verweisen, sorgt das breite Sortiment im Kühlregal bei Steakliebhabern gerne für Spott oder Unverständnis. Bundeskanzler Friedrich Merz meinte erst vor wenigen Tagen: „Eine Wurst ist eine Wurst.“ Diese sei nicht vegan.
Deutsche Abgeordnete stimmten gegen Verbot
Nicht nur der CDU-Chef ist kein Anhänger der pflanzlichen Fleisch-Imitate. Am Mittwoch stimmte das EU-Parlament dafür, künftig europaweit Bezeichnungen wie „Tofu-Wurst“ oder „Veggie-Burger“ zu verbieten. Die Ja-Stimmen kamen vor allem von Fraktionen rechts der Mitte. Aber auch Mitglieder der sozialdemokratischen S&D-Fraktion und der Liberalen stimmten dafür. Die deutschen Unionsabgeordneten stimmten allerdings entgegen der Vorlieben des CDU-Kanzlers mehrheitlich gegen ein Verbot.
Das mag mit daran liegen, dass Deutschland mit Abstand der bedeutendste Markt für Veggie-Produkte ist, die inzwischen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Für den einst auf Mettwurst spezialisierten Hersteller „Rügenwalder Mühle“ machen die vegetarischen Produkte inzwischen deutlich mehr als die Hälfte seines Umsatzes aus. Quer durch die deutsche Branche ist die Produktion von vegetarischen oder veganen Fleischersatzprodukten im vergangenen Jahr weiter gewachsen. Im Vergleich zu 2019 hat sie sich gar mehr als verdoppelt. Vergangenes Jahr betrug der Umsatz mit Fleischersatzprodukten allein in Deutschland mehr als 647 Millionen Euro – zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Wie entscheidet sich der deutsche Minister und Metzgermeister Alois Rainer?
Bald schon könnten die Tage von veganem „Schinken-Spicker“, vegetarischer Salami oder Frikadellen jedoch gezählt sein, wenn nun auch die EU-Mitgliedstaaten den Beschluss des Europäischen Parlaments im zuständigen Ministerrat absegnen sollten. Für Deutschland dürfte der gelernte Metzgermeister und CSU-Landwirtschaftsminister Alois Rainer dabei das letzte Wort haben.
Denn eigentlich ging es bei dem EU-Parlamentsbeschluss um vereinfachte EU-Agrarvorschriften sowie Maßnahmen zur Stärkung der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette. Doch seit Wochen war dabei fast nur noch die Rede von jenem zusätzlichen Änderungsantrag, der jene Begriffe künftig ausschließlich für Lebensmittel tierischen Ursprungs zulassen will. „Es ist keine Wurst und es ist kein Steak, ganz einfach“, sagte die französische, konservative EU-Abgeordnete Celine Imart. „Nennen wir die Dinge beim Namen.“
Selbst Burger King protestiert gegen die EU-Pläne
Die Republikanerin Imart gilt als selbsternannte Anwältin der Bauern, und hat die Verbotsinitiative auf den Weg gebracht. „Jeder hat das Recht, alternative Proteine zu essen – aus Pflanzen, aus Laboren, aus Tofu oder Insektenmehl“, sagte sie. Aber die Produkte als ‚Fleisch’ zu bezeichnen, sei für den Verbraucher „irreführend“.
Mehrere Handelsunternehmen – darunter die Discounter Aldi Süd und Lidl, die Fastfoodkette Burger King sowie viele Hersteller – haben sich in einem gemeinsamen Brief gegen das Verbot ausgesprochen. Die in Deutschland übliche Praxis mit klarer Kennzeichnung von „Veggie“-Produkten habe sich bewährt und ermögliche bewusste Kaufentscheidungen. „Von dem drohenden wirtschaftlichen Schaden wäre Deutschland besonders betroffen“, warnten die Branchenvertreter.
Noch ist unklar, ob die Bundesregierung dem Vorstoß des Parlaments zustimmt. Ein alleiniges Veto könnte CSU-Minister Rainer jedoch nicht einlegen: Für den Beschluss der Regelung reicht eine Mehrheit unter den 27 Mitgliedstaaten aus. (mit dpa)
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