Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

EU diskutiert umstrittenen Plan zur Nutzung russischer Zentralbankgelder für Kiew

Ukraine-Krieg

Russlands eingefrorenes Staatsvermögen soll über Umwege nach Kiew

    • |
    • |
    • |
    Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, macht den Partnern klar, dass der Verteidigungskrieg gegen Russland teuer ist.
    Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, macht den Partnern klar, dass der Verteidigungskrieg gegen Russland teuer ist. Foto: Evgeniy Maloteka, AP/dpa (Archivbild)

    Die EU tüftelt gerade an einem kühnen Plan. Wie heikel er ist, zeigt sich allein daran, dass die Gemeinschaft ihn erst jetzt, dreieinhalb Jahre nach Russlands Vollinvasion in die Ukraine, ernsthaft auf den Tisch bringt. Weil nach dem Rückzug der USA die finanzielle Unterstützung für die Ukraine wackelt, will die EU an das Vermögen der russischen Zentralbank ran, das seit Februar 2022 eingefroren auf Konten in Europa liegt. Geht es nach dem Wunsch der EU-Kommission, sollen sanktionierte Gelder zur Finanzierung eines neuen 140 Milliarden schweren Kredits für Kiew verwendet werden. Beim informellen EU-Gipfel in Kopenhagen an diesem Mittwoch soll es erste Diskussion darüber führen.

    Während ähnliche Ideen bislang aus rechtlichen Bedenken als Tabu galten, sei dies der „erste Vorschlag, der funktionieren könnte“, sagte ein zuversichtlicher EU-Beamter. Noch im Oktober sollen die Staatenlenker beim formellen Gipfel in Brüssel den Weg dafür freimachen und so die Verteidigung der Ukraine bis mindestens 2028 sichern. Man würde ein politisches Signal und „ein wirklich großes Zeichen europäischer Geschlossenheit, Stärke und Durchhaltefähigkeit“ sowohl an die Ukraine als auch an die USA und vorneweg Russland senden, sagte ein Diplomat.

    Die EU hat Schätzungen zufolge etwa 300 Milliarden Euro russische Zentralbankreserven festgesetzt, rund zwei Drittel dieses Vermögens liegen innerhalb der Union. Es lagert bei Zentralverwahrern, die im Auftrag von Banken und Zentralbanken wie Riesentresore funktionieren und Wertpapiere und anderes Vermögen verwalten. Der Löwenanteil von rund 185 Milliarden Euro befindet sich auf Konten des belgischen Finanzkonzerns Euroclear. Während das Geld zwar weiterhin Moskau gehört, kann der Kreml nicht frei darüber verfügen. Die abfallenden Zinsen nutzte die Union bereits 2024 für die Absicherung eines 50-Milliarden-Pakets für Kiew. Der nun debattierte Plan sieht vor, dass die belgische Regierung Euroclear anweist, russische Barreserven in Höhe von 140 Milliarden Euro in Anleihen der EU-Kommission anzulegen. Das heißt, dass sich die EU das Geld leihen würde, das sie dann der Ukraine als Kredit weitergeben würde.

    Geld für den Kauf von Rüstungsgütern

    Kanzler Friedrich Merz befürwortet den Vorschlag und leitete damit eine Kehrtwende ein. Anders als bisher sprach sich der CDU-Politiker dafür aus, das eingefrorene Zentralbankvermögen für den Kauf von Rüstungsgütern zu nutzen, nicht aber für den Wiederaufbau. „Wir müssen die Kosten der russischen Aggression systematisch und massiv erhöhen“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die Financial Times

    Ist der Trick juristisch möglich? Hinter den Kulissen betonen EU-Vertreter, dass es sich keineswegs um eine Enteignung handeln würde. „Die Vermögenswerte selbst bleiben unangetastet“, versicherte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich, ergo: Das Geld geht an das kriegsgebeutelte Land, ohne dass man es vorher beschlagnahmt. Gleichwohl gab ein Brüsseler Beamter zu, dass man erst in einigen Jahren oder eher Jahrzehnten absehen könnte, ob es zu einer Enteignung komme – dann nämlich, wenn die Ukraine die Kredite nicht zurückzahlen kann. 

    Der teure Abwehrkampf der Ukraine

    Zuletzt forderten einige Stimmen immer wieder, das russische Vermögen komplett zu beschlagnahmen und das Geld an Kiew zu überweisen. Doch mehrere EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, lehnten ein solches Vorgehen ab. Doch die Ukraine benötigt finanzielle Hilfe. Aus Kiew hieß es, dass das Land allein für 2026 rund 120 Milliarden Euro brauche, andernfalls könne man sich nicht weiter gegen Russland verteidigen. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden