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Friedrich Merz und Bärbel Bas: Was kümmert mich mein Bullshit von gestern

Koalition

Union und SPD blicken plötzlich wieder gemeinsam nach vorn

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    Kanzler Friedrich Merz will mit Sozialministerin Bärbel Bas Sozialreformen angehen.
    Kanzler Friedrich Merz will mit Sozialministerin Bärbel Bas Sozialreformen angehen. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    „Wir haben uns in einem wirklich ausgesprochen guten Klima getroffen“, betont Friedrich Merz, als die Parteichefs vor die Presse treten. Nein, von Streit wollen Union und SPD nichts wissen am Mittwochabend im Kanzleramt. Nachdem sich Union und SPD zuletzt öffentlich Ratschläge erteilten und die Vorstöße der Gegenseite als „Bullshit“ titulierten, geben sich die Parteispitzen bei ihrem Koalitionsausschuss am Mittwoch doch große Mühe, versöhnlich aufzutreten. Tatendrang will die Regierung ausstrahlen, den Blick demonstrativ nach vorne richten. Was kümmert mich mein Bullshit von gestern, könnte man in Anlehnung an Adenauer sagen.

    Es ist das dritte Mal, dass sich Union und SPD in diesem Gremium zusammenfinden. Die Parteichefs gehören der Gesprächsrunde an, neben Lars Klingbeil, Bärbel Bas und Friedrich Merz also auch Markus Söder. Dazu weitere Spitzenpolitiker der drei Parteien, unter anderem die Fraktionschefs. Gendern muss man in diesem Satz nicht: Bärbel Bas ist die einzige Frau in der Elfer-Runde.

    Zusammenhalt ist die eine Botschaft des Koalitionsausschusses – Tatendrang die andere

    Das Gremium hat vor allem zwei Aufgaben: Streit vermeiden und die langfristigen Pläne klären. Nur nicht so enden wie die Ampel, war mal das Ziel von Union und SPD. Deshalb wollte man sich regelmäßiger treffen als die Vorgängerregierung.

    Es obliegt dann vor allem der Arbeitsministerin und SPD-Chefin Bas, die zuletzt besonders deutlich in Richtung der Union feuerte, Versöhnung zu betonen. Man sei „auf dem gleichen Kurs“, sagt die Ministerin. Den Zielen habe sie ohnehin „nie widersprochen“, man sei „nie auseinander“, ja sogar „überhaupt nicht auseinander“ gewesen. Nur auf die fünf Milliarden Euro, die Friedrich Merz beim Bürgergeld einsparen möchte, auf diese Zahl will sich Bärbel Bas dann doch nicht so ganz einlassen. Das hänge davon ab, wie viele Menschen man mit Reformen in Arbeit bringe.

    Zusammenhalt ist die eine Botschaft des Koalitionsausschusses. Tatendrang die andere. Als sich das Gremium das erste Mal traf, habe man sich auf 62 Projekte geeinigt, betont Friedrich Merz. Um die 50 davon habe man bereits abgeschlossen.

    Mangelnde Produktivität kann man Union und SPD an diesem Tag tatsächlich nicht vorwerfen. Kleiner Rückblick: vormittags tagte das Kabinett. Mehr als 20 Gesetzentwürfe haben die Ministerinnen und Minister auf den Weg gebracht. Mit Zuschüssen in Höhe von 6,5 Milliarden Euro will die Bundesregierung die Netzentgelte senken, Unternehmen und Verbraucher sollen dadurch entlastet werden. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems soll umgesetzt, die Betriebsrente ausgeweitet und Berichtspflichten nach dem deutschen Lieferkettengesetz abgeschafft werden. Von einem „gewaltigen Paket“ sprach Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittag. „Hochkonstruktiv“ sei die Kabinettssitzung gewesen, es gab „ein großes Bedürfnis, sich wechselseitig zu bedanken“, sagte Kornelius. Ja, ein regelrechtes „Dankes-Pingpong“ soll das gewesen sein und der Kanzler soll gar von einem „Tag voller Dankbarkeit“ gesprochen haben. Weil man ja immerhin an so vielen Entwürfen so gut zusammengearbeitet habe.

    Der Koalitionsausschuss ist dann auch eine kleine Rückbesinnung auf das, womit die Regierung mal gestartet ist

    Mit der offensiven Dankbarkeit geht es dann am Abend weiter. Merz betont die um 60 Prozent gesunkenen Asylzahlen und dankt „insbesondere den Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion, denen das nicht ganz einfach gefallen ist.“ Dass man sich gegenseitig einiges zugemutet hat, darüber ist sich die Regierung ganz offensichtlich im Klaren.

    Der Koalitionsausschuss ist dann auch eine kleine Rückbesinnung auf das, womit die Regierung mal gestartet ist. Da ist eben das Thema Migration. Und vor allem: die Wirtschaft voranbringen. Das wollen Union und SPD in den kommenden Wochen umsetzen – und zwar mit ganz viel Dialog. Einen Stahlgipfel soll es geben und eine Aussprache mit der Automobilindustrie. „Absolute Priorität für Wirtschaft“, so nennt es CSU-Chef Markus Söder.

    Klar ist aber auch, dass es mit ein wenig Rückbesinnung auf den Anfangsschwung nicht getan ist. Wie weit der Koalitionsfrieden hält, wird sich bei der erneuten Richterwahl zeigen, die zeitnah ansteht. Auch bei den Sozialstaatsreformen bleibt es am Mittwochabend erstmal nur bei einer gemeinsamen Zielbestimmung, nämlich der, dass es eine Reform geben muss. Die Eckpunkte folgen erst noch. „Die arbeiten gehen jetzt ins Detail“, sagt der Bundeskanzler. „Wir wissen, dass wir hier noch einige Vorhaben vor uns haben, die wir lösen müssen.“

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