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NRW-Wahlen und die Folgen: Erkenntnisse aus den NRW-Kommunalwahlen in Bund und Land

NRW-Wahlen und die Folgen

Erkenntnisse aus den NRW-Kommunalwahlen in Bund und Land

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    NRW-Ministerpräsident Wüst kann sich nach den Kommunalwahlen in der CDU gestärkt fühlen.
    NRW-Ministerpräsident Wüst kann sich nach den Kommunalwahlen in der CDU gestärkt fühlen. Foto: Fabian Strauch/dpa

    Stimmen verloren, aber nicht so stark wie befürchtet, an Prozenten zugelegt, aber nicht so viel wie erhofft - die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen hatten für fast alle Parteien Licht und Schatten. Je nachdem, ob man die Ergebnisse mit den Zahlen der Kommunalwahlen von vor fünf Jahren, der Bundestagswahl im Februar oder den aktuellen Meinungsumfragen verglich. Die bundespolitische Aussagekraft von Bürgermeister-, Stadtrats- und Kreiswahlen ist zwar begrenzt. Doch ein paar Erkenntnisse brachte der erste große Stimmungstest nach dem Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung den Parteistrategen in Bund und Land schon.

    Blaues Auge für Schwarz-Rot in Berlin

    Der Landesvorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen, Achim Post, lieferte am Morgen nach der Wahl eine ziemlich schonungslose Analyse. «Man muss die Ergebnisse genauso beschreiben, wie sie sind: Das ist ein schlechtes Ergebnis für die SPD, aber auch ein schlechtes Ergebnis insgesamt für die demokratische Mitte», sagte Post im ZDF-«Morgenmagazin».

    Insgesamt herrscht in den Koalitionsparteien aber die Wahrnehmung vor, dass man noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen ist: Die AfD hat im Vergleich zur Bundestagswahl in NRW sogar leicht verloren, während ihre bundesweiten Umfrageergebnisse in die Höhe gegangen sind. Die CDU bleibt mit sehr großem Abstand stärkste Partei. Und auch die SPD hätte es noch schlimmer treffen können.

    Koalition hat nun Zeit für ihr Reformprogramm

    Nach der Wahl geht es für die Koalition nun darum, sich den Reformen zu widmen, die sie sich für den Herbst vorgenommen hat - darunter das schwierige Thema Bürgergeld. Die nächsten Wahlen sind erst in einem halben Jahr. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geht es dann um die Landtage. Die Voraussetzungen sind also gut, das Regierungsbündnis nach einem holprigen Start wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Unions-Fraktionschef Jens Spahn sagte noch am Wahlabend, das Ergebnis solle «Ansporn für eine ruhige pragmatische Arbeit» sein. Ob das aber wirklich klappt, wird sich erst noch zeigen.

    Unangenehme Erkenntnisse für etablierte Parteien in NRW

    Für die etablierten Parteien enthält der Wahlausgang zwei unangenehme Botschaften: Die Westwanderung der AfD hat auch das bevölkerungsreichste Bundesland voll erreicht. Das Rechtsaußen-Lager hatte hier lange Zeit geringere Erfolgsaussichten als in manch anderen Ländern im Westen. Nach ihren 16,8 Prozent bei der Bundestagswahl in NRW zementiert die AfD hier nun aber zum zweiten Mal in kurzer Folge ein satt zweistelliges Ergebnis.

    Bittersüß ist das Wählervotum für Ministerpräsident und CDU-Landeschef Hendrik Wüst. Mit ihren 33,3 Prozent liegt seine Landes-CDU deutlich über dem Bundestrend seiner Partei. «Wir sind bei aller Bescheidenheit das Kraftzentrum der Union in Deutschland», hielt er am Wahlabend fest. Zugleich musste er sich anhören, dass seine schwarz-grüne Koalition bei solchen Zahlen ein Auslaufmodell sei. Die nächste NRW-Landtagswahl im Mai 2027 ist allerdings noch recht weit.

    AfD sieht sich jetzt auch im Westen auf gutem Weg

    Sektlaune bei der Bundes-AfD: Für die AfD war das ein strategisch wichtiger Wahlerfolg. Sie versucht sich auf der Kommunal- und Landesebene zu etablieren, durch breitere Akzeptanz Risse in die viel diskutierte Brandmauer zu bringen und mehr Wähler auch auf Bundesebene zu erreichen. Im Osten ist ihr das schon gelungen, nach den NRW-Kommunalwahlen sieht sie sich auch im Westen auf dem Weg. Parteivize Stephan Brandner postete am Tag nach der Wahl bei X das entsprechende Emoji zum Wahlergebnis - zwei anstoßende Sektgläser.

    Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Insa, Hermann Binkert, sprach von einem «bedeutsamen» Ergebnis für die AfD. Bundesweit sieht er ihr maximal mögliches Wählerpotenzial bei etwa 33 Prozent, wie er dem «Handelsblatt» sagte. Aktuell steht die AfD in den Umfragen bei 25 bis 26 Prozent.

    Grüne suchen noch ihren Kurs nach Abgang der Spitzenleute

    Für die Grünen ist der NRW-Absturz ernüchternd. Von 20 Prozent 2020 auf 13,5 Prozent - damit kann die Partei nicht zufrieden sein. Zumal sie in NRW als Teil in einer relativ harmonischen Koalition mit der CDU regiert. Andererseits: Verglichen mit dem Bundestrend, wo die Grünen in Umfragen zuletzt bei 11 Prozent rangierten, ist das NRW-Ergebnis gar nicht so schlecht.

    Die Erklärungsmuster der Partei wiederholen sich von einer Wahlschlappe zur nächsten. Die Enttäuschung ist bereits eingepreist. «Wir hatten nicht erwartet, an das Rekordergebnis von 2020 anknüpfen zu können», sagt die Co-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katharina Dröge. «Ökologische, progressive Politik hat es gerade schwer», lautet die Erklärung von Grünen-Bundeschef Felix Banaszak, der selbst aus Duisburg kommt. Nach dem Verlust ihrer Spitzenleute Robert Habeck und Annalena Baerbock und dem enttäuschenden Bundestagswahl-Ergebnis sucht die Partei noch ihren Kurs.

    Linke sieht Comeback auch im Westen

    Die Linke sieht nach dem überraschend guten Abschneiden bei der Bundestagswahl im Februar nun auch in NRW ihren Aufwärtstrend bestätigt. Parteichef Jan van Aken spricht sogar von einem «grandiosen Ergebnis» und von Rückenwind für kommende Wahlen. Tatsächlich hat die Linke mit landesweit 5,6 Prozent ein Plus von 1,8 Prozentpunkten im Vergleich zur Kommunalwahl 2020 erzielt. Allerdings lag sie unter ihrem NRW-Ergebnis bei der Bundestagswahl von 8,3 Prozent.

    Van Akens Euphorie erklärt sich aus zwei Punkten: Für die Partei zeigt sich, dass sie (wieder) in westdeutschen Flächenländern punkten kann. Und sie hat den Beleg, dass die vielen tausend neuen Mitglieder sinnvoll in Wahlkämpfe eingebunden werden können. Künftig reden sie vielerorts in Kommunalparlamenten mit, auch mit dem linken Topthema: Wohnen. Es sei noch Luft nach oben, sagte van Aken am Tag nach der Wahl. Für die nächste NRW-Landtagswahl 2027 setzte er ein Ziel von 7 bis 8 Prozent.

    Licht und Schatten für fast alle Parteien bei den Kommunalwahlen in NRW.
    Licht und Schatten für fast alle Parteien bei den Kommunalwahlen in NRW. Foto: Friso Gentsch/dpa
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