Irgendwann blieb von der Unterstützung der Fans für ihren VfL Wolfsburg nur noch Häme übrig. Als Andreas Skov Olsen bei der 0:3 (0:1)-Niederlage gegen den VfB Stuttgart den Ball hoch und weit über das Tor schoss, gab es von Teilen der lange geduldigen Anhängerschaft spöttischen Applaus.
Der Fehlschuss des eingewechselten Dänen in der 73. Minute stand symbolisch für die desolate Leistung der Wolfsburger. Wenn die Stuttgarter ihre Chancen konsequenter genutzt hätten, es wäre zum Debakel für den VfL gekommen. Der VfB spielte nicht einmal überragend. Brauchte er aber auch nicht, weil er gar nicht herausgefordert wurde.
Die vierte Niederlage der VfL Wolfsburg in der Fußball-Bundesliga nacheinander, die zweite erschreckende Vorstellung nach dem 1:3 beim FC Augsburg vor zwei Wochen: Das Team des Volkswagen-Clubs ist aktuell kein Riese, sondern eher ein Käfer. Und bei dem läuft und läuft und läuft - aktuell gar nichts.
Trainer ratlos wie seine Spieler
«Verlieren ist nie schön», sagte Trainer Paul Simonis. «Ich verstehe, dass die Fans enttäuscht sind, wie wir die letzten beiden Spiele gespielt haben. Wir müssen jetzt eine Reaktion zeigen.»
Dabei wirkte der 40 Jahre alte Niederländer so ratlos wie seine Mannschaft zuvor auf dem Spielfeld. Denn woher soll diese Reaktion kommen? Gegen den VfB fehlte alles: Zweikampfwillen, Kreativität, Konsequenz, Gefährlichkeit.
«Man spürt immer Druck, aber das liegt daran, dass man die bestmögliche Leistung bringen will. Wenn das nicht klappt, kommt der Druck, und das ist logisch», räumte Simonis ein und übte sich in Zweckoptimismus: «Ich denke, dass wir trotz des schlechten Starts in die Saison viele Momente hatten, die mir ein gutes Gefühl gegeben haben.»
Sportdirektor meidet Trainer-Diskussion
Allmählich stellt sich die Frage, wie lange die sportlich Verantwortlichen noch Geduld mit Simonis haben. Sportdirektor Sebastian Schindzielorz versuchte erst einmal, eine Trainer-Diskussion zu vermeiden.
«Ich glaube, wer heute hier im Stadion gewesen ist, der hat gesehen, dass es kein Trainerthema war, sondern wir waren einfach auf elf Positionen den Stuttgartern unterlegen und haben keine Chance gehabt, da richtig ins Spiel zu kommen», sagte er. Der Ex-Profi forderte alle zur Eigenverantwortung auf. «Jeder Einzelne sollte bei sich selbst anfangen und gucken, dass wir einfach eine bessere Leistung haben», meinte er.
Auch prominente Simonis-Vorgänger scheiterten
In der aktuellen Situation kann Simonis einem nur leidtun. Vor der Saison war er als hoffnungsvoller Trainer von Go Ahead Eagles Deventer mit der Empfehlung eines überraschenden Pokalsiegs in den Niederlanden gekommen.
Er sollte den wieder einmal massiv umgebauten Wolfsburger Kader Europapokal-reif machen. Ein Wagnis, das sich - Stand jetzt - bislang nicht auszahlt. Die Gegenwart lautet als Tabellen-15. nach sieben Spieltagen eher Abstiegskampf.
Simonis allein die Verantwortung für die Misere zu geben, wäre unfair. Die Gründe, warum die Wolfsburger hinter ihren eigenen Erwartungen hinterherlaufen, sind vielschichtiger.
Nach dem Weggang von Oliver Glasner 2021 scheiterten auch schon weitaus prominentere Trainer als Simonis. Das namhafteste Beispiel noch vor Ralph Hasenhüttl oder Mark van Bommel ist Niko Kovac, der jetzt erfolgreich bei Borussia Dortmund arbeitet. Beim VfL fehlen Kontinuität auf der Trainer-Position, im Kader, bei der Spielidee und beim Spielsystem.
Kann der Kader Abstiegskampf?
So muss sich der seit 2024 amtierende Sport-Geschäftsführer Peter Christiansen fragen lassen, ob er bei der Kader-Zusammenstellung richtig lag. Das gilt auch für die Verpflichtung seines dänischen Landsmanns Christian Eriksen.
Der 33-Jährige zählte einst zu den besten Mittelfeldspielern in Europa. Nach seinem Startelf-Debüt gegen Stuttgart sind Zweifel angebracht, wie er den Niedersachsen weiterhelfen kann. «Ich denke, es ist nicht einfach, wenn man mit einem Spiel beginnt, in dem der Gegner so viel stärker ist», nahm Simonis den Routinier in Schutz.
In den kommenden Wochen steht Abstiegskampf an mit Spielen beim starken Aufsteiger Hamburger SV, gegen die wiedererstarkte TSG Hoffenheim und bei der Wundertüte Werder Bremen. «Wenn man nach sieben Spielen fünf Punkte hat, dann ist jede kritische Anmerkung absolut berechtigt», sagte Schindzielorz. «Wir haben trotzdem Vertrauen in unsere Jungs.»


Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden