Eine Müllverbrennungsanlage mit einer 156 Meter hohen Wasserfontäne: Mit diesem großformatigen farbigen Entwurf hat es angefangen. Die beiden Architekten Hellmut Ambos und Peter Weidenhammer haben mit dieser Skizze bei einem Wettbewerb teilgenommen.
Ihre Idee: Die bei der Verbrennung erzeugte Energie sollte eine Pumpe antreiben - und so wäre, je nach Müllmenge das Wasserspiel größer oder kleiner und würde so die Menge des Mülls messen und sichtbar machen.
Der Entwurf der beiden Architekten des Müllkraftwerks Coburg stammt aus den 1980er Jahren - umgesetzt worden ist ihre Idee wenig überraschend nicht. Den beiden ging es mit ihrem Beitrag darum, dafür zu sensibilisieren, wie viel Müll tagtäglich anfällt. „Das gesellschaftliche Verständnis dafür gab es damals nicht“, sagt Ambos, der in Weiler lebt und gemeinsam mit Weidenhammer ein Architekturbüro in München betreibt.
Ausstellung Überraum in Weiler: Außergewöhnliche Entwürfe und Skizzen
Doch es blieb nicht bei diesem einen außergewöhnlichen Entwurf. Immer wieder reichten die beiden Architekten Skizzen und Pläne bei Wettbewerben ein oder arbeiteten auf Eigeninitiative Ideen und Konzepte aus, die teils ungewöhnlich, teils provokant sind.

Unter dem Titel „Überraum“ sind nun über 20 Ideen, Entwürfe, Konzepte und Bilder im Rahmen einer Ausstellung im Kornhaus in Weiler zu sehen. Mit rotem Klebeband sind die Pläne, Bilder und Erklärtexte direkt an die weiße Wand gepinnt.
Die beiden Architekten zeigen hier Pläne, Skizzen und Entwürfe, die „den Raum verlassen“, wie sie es selbst beschreiben. Immer wird hier eine andere Ebene aufgezeigt, gesellschaftlich, ökologisch oder philosophisch. Die ersten Entwürfe dieser Art riefen wenig Reaktionen hervor. „Wir waren zu unbekannt“, erinnert sich Ambos. Doch dies änderte sich mit der Zeit. „Das ist eine Frechheit“, bekamen die Architekten häufiger auf ihre Vorschläge als Reaktion zu hören.
Provokante Idee: Schloss Neuschwanstein als Seniorenwohnlange
Manche der Ideen sind offenkundig gesellschaftskritisch und provokant - wie etwa die kommerzielle Nutzung des Schlosses Neuschwansteins als Seniorenwohnanlage inklusive Arztpraxis und Personalwohnungen.
Andere hingegen waren durchaus ernst gemeint, so etwa auch die Idee aus den 1980er Jahren, aus der Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg ein sogenanntes teleologisches Museum zu machen.

Konkret schlagen die Architekten vor, die Nazi-Kunst in die Räume zu stapeln oder zu werfen - um es dann mehr und mehr zerfallen zu lassen. „In dem Maße, wie die Nazi-Kunst sehenden Auges zerfällt, nimmt im selben Zug die Reflexion der Geschichte zu“, erklären die Architekten ihren Entwurf. Dieser wurde übrigens laut den beiden Architekten sowohl von der Stadt Nürnberg als auch vom Leiter des NS-Dokumentationszentrums abgelehnt.

Die Ausstellung zeigt auch Bilder und Skizzen des historischen Zellengefängnisses in Nürnberg, in denen die Angeklagten der Nürnberger Prozesse untergebracht waren.
Im Jahr 2014 hat das Architektenbüro dem Freistaat hierzu eine Ideenskizze zukommen lassen. Ihr Vorschlag: Das geschichtsträchtige Gebäude als Museum nutzbar zu machen und den Besuchern einen Blick in die Zellen zu ermöglichen, sowie auch die Perspektive aus den Zellen heraus.

Im Bereich der Fiktion bewegt sich dagegen die Darstellung von Bad Siebers, angelehnt an eine Zeichnung, die den Ort im Jahr 1637 zeigen soll.
Bewusst ein bisschen neblig ist die visuelle Rekonstruktion, die sich auf „die Suche nach dem verschwundenen Kurbad“ macht, wie es im Titel heißt. Mit ihr sollen die Betrachter den „Geist des Ortes“ ergründen, denn viel mehr ist von dem Kurbad nicht übrig geblieben.

Nicht zum ersten Mal zeigen die beiden Architekten ihre besonderen Entwürfe, Skizzen und Bilder. Schon in den 1980er Jahren haben sie einige davon in einer Ausstellung gezeigt.
Nach ihrer eigenen Schau konzipierten sie auch weitere Ausstellungen, so etwa auch die Chemie-Schau im Deutschen Museum in München. Einige davon sind beispielhaft im Obergeschoss des Kornhauses zu sehen. Ansonsten begleiten die beiden häufig die Sanierung von Kliniken oder Schulen.
Außerdem zeigen die beiden Architekten dort „building site photography“ mit Smartphone-Fotografien von der Baustelle sowie Monotypien.
Ausstellung „Überraum“: Eröffnung am Sonntag, 13. Juli, um 11 Uhr. Zu sehen ist die Schau bis 27. Juli, immer am Samstag und Sonntag, von 14.30 bis 17 Uhr.
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