Für den um seine Zukunft kämpfenden Flughafen Friedrichshafen ist es eine hervorragende Nachricht: Ab sofort werden vom Bodensee-Airport wieder Inlandsflüge angeboten. Die gibt es nicht mehr, seit die Lufthansa im März 2024 ihre Verbindung nach Frankfurt eingestellt hat. Der neue Anbieter ist deutlich kleiner, dafür aber flexibel - und geht mit einem Konzept an den Start, das es so noch nicht gibt in der Luftfahrtbranche.

„Wir sind keine Linienfluggesellschaft und werden es auch nie sein“, sagt Luftfahrt-Manager Tomislav Lang über das von ihm gegründete Start-up-Unternehmen Flyvbird. Die Idee: Flyvbird fliegt nach Bedarf. Über die Webseite können Flugverbindungen angefragt und Flüge gebucht werden. So kann theoretisch jeder beliebige Regionalflughafen angesteuert werden, auch kleinere Flugplätze wären möglich.
Erster Flug geht nach Mönchengladbach
Ein Algorithmus rechnet aus, wie sich die Anfragen am besten miteinander verbinden lassen. So könnte ein Geschäftsreisender, der einen Flug nach Nordrhein-Westfalen gebucht hat, erleben, dass sein Flugzeug in Mannheim eine Zwischenlandung macht, weil andere Passagiere ein- oder aussteigen wollen. Es ist ein On-Demand-Angebot, wie es beispielsweise bei Bussen oder Mitfahrzentralen existiert. Als „Uber der Lüfte“ will Lang sein Unternehmen auf dem Markt positionieren.

Anfang September geht es los am Bodensee-Airport. Um 7.30 Uhr hebt eine neunsitzige Cessna ab. 150 Euro kostet der Flug nach Mönchengladbach. Von dort fliegt dieselbe Maschine weiter nach Hof und zurück nach Mönchengladbach. Am selben Abend um 19 Uhr landet sie wieder in Friedrichshafen.
Die Buchungen stellen sicher, dass der Premierentag für Flyvbird kein Minusgeschäft wird, sagt Lang. „Das ist schon ein Erfolg.“ Langfristig wird es freilich schwieriger für das Unternehmen, das die Geschäftsidee nach Angaben von Lang mit 300.000 Euro Eigenkapital umgesetzt hat. Für die nächsten zwölf Monate sei das Projekt durchfinanziert, sagt der Gründer. Dann sehe man klarer, welche Verbindungen nachgefragt werden und welche nicht.
Unternehmen hofft auf Zusagen von Firmen
Möglich sind viele Start- und Zielflugorte: Allein in Süddeutschland zum Beispiel Mannheim, Saarbrücken, Zweibrücken, Würzburg, Ingolstadt, Oberpfaffenhofen oder Straubing. Das Leitmotiv „connecting the unconnected“ („die Unverbundenen miteinander verbinden“) macht deutlich: Es geht vor allem um Verbindungen zwischen Regionalflughäfen, die von den Netzen der Branchengrößen abgeschnitten sind.
So könnte selbst ein Flugplatz wie Mengen (Landkreis Sigmaringen) für Flyvbird interessant werden. Memmingen dagegen nicht. „An einem Standort wie Memmingen, wo der Fokus auf ,Low Cost pur‘ liegt, haben wir nichts verloren“, sagt Lang. „Wir sind keine Airline, mit der Sie nach Palma oder Hurghada fliegen.“
Stattdessen will Lang mit Flyvbird auf Strecken zwischen 100 und 1000 Kilometern die Bahn oder das Auto als schnellstes Verkehrsmittel schlagen. Der Bodenseeraum, der wirtschaftsstark, aber gleichzeitig über Bahn und Schnellstraße schwach angeschlossen ist, erscheint da als logische Standortentscheidung.
Was die Planungssicherheit angeht, wünscht sich Flyvbird-Chef Lang mehr feste Zusagen von Unternehmen, Flüge tatsächlich auch zu buchen - Interessenbekundungen reichten nicht. Um das Angebot bekannter zu machen und seinerseits Verlässlichkeit zu signalisieren, bietet Flyvbird zu Beginn - entgegen dem eigentlichen Konzept - so etwas wie einen festen Flugplan. Dreimal wöchentlich geht es vom Bodensee nach Strausberg bei Berlin und nach Mönchengladbach.
Als Faustregel nennt Lang einen Ticketpreis von 150 Euro pro Flugstunde. Wer früh bucht oder ein größeres Zeitfenster für die geplante Reise angibt, spart Geld.
In 15 Jahren 1000 Flugzeuge im Einsatz?
Lang ist davon überzeugt, dass dem Wachstum wenig Grenzen gesetzt sind: Es gebe 20.000 Regionalflughäfen, die für ein solches Konzept infrage kämen. Mit 1000 Flughäfen habe man Gespräche geführt. Das Prinzip könne weltweit mit Kooperationspartnern umgesetzt werden. Gemeinsam mit diesen könne Flyvbird in 15 Jahren 1000 Flugzeuge im Einsatz haben, das Ziel erscheint ihm nicht zu groß.
Zumal eine weitere Entwicklung dem Konzept in die Karten spielen soll: der Trend zu elektrischen Flugzeugantrieben. „Ich glaube an die nachhaltige Entwicklung neuer Antriebssysteme“, sagt Lang, der mehr als zwei Jahrzehnte lang für verschiedene Fluggesellschaften, Flughäfen und Hersteller gearbeitet hat.
E-Antriebe dürften sich zunächst bei Kleinflugzeugen durchsetzen, die Reichweite der Maschinen wäre erst einmal begrenzt. Weil diese Art der Fortbewegung dann nicht mehr als Klimakiller verpönt wäre, könnten elektrische Flugzeuge selbst Kurzstreckenflüge attraktiv machen, glaubt Lang. Augsburg-München etwa. Oder Friedrichshafen-Stuttgart. „Wenn die Nachhaltigkeit gegeben ist, ist das nicht mehr verpönt.“
Der E-Antrieb, glaubt Lang, macht aus dem Flugzeug ein „ganz neues Fluggerät“. Dafür gebe es bislang noch gar kein Geschäftsmodell. Das On-Demand-Fliegen kann aus Langs Sicht aber ein solches werden. „Dafür wollen wir jetzt die Grundlage schaffen.“
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden