Eine neue Corona-Variante breitet sich aktuell in Indien aus. Auch in Deutschland sind schon zwei Fälle bekannt.
Bild: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)
Eine neue Corona-Variante breitet sich aktuell in Indien aus. Auch in Deutschland sind schon zwei Fälle bekannt.
Bild: Julian Stratenschulte, dpa (Symbolbild)
In Deutschland findet die Corona-Pandemie kaum noch statt. Doch jetzt lassen Nachrichten aus Indien aufhorchen. Wie die Deutsche Apothekerzeitungberichtet, breitet sich dort aktuell eine neue Corona-Variante aus, die auch Experten besorgt. Die Omikron-Untervariante XBB.1.16 trägt den Beinamen "Arcturus" und ist nach dem hellsten Stern des Nordhimmels benannt. Den Angaben zufolge hat die Variante in Indien für "einen drastischen Anstieg der Neuinfektionen um rund 281 Prozent innerhalb von 14 Tagen" gesorgt und auch die Todeszahlen seien um 17 Prozent gestiegen. Indische Experten würden bereits weltweit vor der neuen Variante warnen. Doch warum ist das so?
In ihrem Bericht bezieht sich dieDeutsche Apothekerzeitungauf den Experten Vipin Vashishta. Der Kinderarzt, Forscher am Mangla Hospital and Research Center im indischen Bijnor und Mitglied der WHO-Vakzin-Gruppe hatte auf Twitter vor der neuen Virusvariante gewarnt. "Alle Augen sollten auf Indien gerichtet sein! Wenn es XBB.1.16 alias #Arcturus gelingen könnte, die 'robuste' Bevölkerungsimmunität von Indern zu durchbrechen, die dem Ansturm von Varianten wie BA.2.75, BA.5, BQs, XBB.1.5 erfolgreich widerstanden haben, dann muss sich die ganze Welt ernsthaft Sorgen machen!"
In Indien waren die Covid-19-Fallzahlen Mitte März 2023 innerhalb von zwei Wochen von nur rund 300 neuen Fällen täglich erstmals wieder auf über 1000 Neuinfektionen pro Tag gestiegen. Ein Beispiel: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in Indien am 1. Februar 2023 111 neue Fälle verzeichnet, am 1. März waren es 240 Fälle und am 19. März mit einem deutlichen Sprung nach oben 1071 neue Fälle. So schlimm wie noch im Januar 2022 ist die Lage aber nicht. Damals hatte die WHO teilweise über 330.000 neue Fälle pro Tag gemeldet.
Gefährlich könnte die neue Variante trotzdem sein. Weil sie der Deutschen Apothekerzeitung zufolge eine Rekombinante zweier Untervariaten der Omikron-Variante sein könnte, ist XBB.1.16 beziehungsweise Arcturus "durchaus besorgniserregend".
Die Arcturus-Variante gehört laut der Deutschen Apothekerzeitung zur XBB-Familie, die von den Omikron-Untervarianten BA.2.10 und BA.2.75 abstammt und sich bereits vielfach weiterentwickelt hat. Die verschiedenen XBB-Varianten haben die beiden Omikron-Untervarianten zudem mittlerweile weltweit größtenteils verdrängt und dürften sich der WHO zufolge noch weiter ausbreiten.
XBB.1.16 ist dem Bericht zufolge eine Weiterentwicklung der Hyppogryph-Variante (XBB.1) und bringt neue besorgniserregende Mutationen mit. Laut derDeutschen Apothekerzeitungverfügt Arcturus gegenüber der zuletzt weit verbreiteten XBB.1.5-Untervariante (Kraken)übe drei weitere Mutationen am Spike-Protein, die womöglich das Immunsystem unterdrücken könnten. Insbesondere die Ausschüttung von Interferon könnte gehemmt werden. "Insofern wird diesen Mutationen das Potenzial zugerechnet, die Immunabwehr auch von Geimpften und Genesenen zu unterlaufen", heißt es in dem Bericht weiter. Zudem könnte eine Mutation dazu führen, dass das Virus besser in menschliche Zellen gelangt und sich festsetzen kann. Damit wäre diese Variante noch ansteckender als ihre Vorgänger.
Die neue Corona-Variante XBB.1.16 ist mittlerweile nicht mehr nur in Indien zu finden. Dem Bericht der Deutschen Apothekerzeitung zufolge konnten weitere Fälle bereits in den USA - hier wurden die zweitmeisten Fälle verzeichnet -, in Brunei, Singapur, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Australien, Japan, Südkorea, Dänemark, Italien, Irland, Kanada und Deutschland nachgewiesen werden. In der Bundesrepublik wurde dem Bericht von Mitte März zufolge jeweils ein Fall in Bayern sowie in Baden-Württemberg verzeichnet.
Inzwischen hat das Robert-Koch-Institut (RKI) weitere Fälle gemeldet. Von 30. Januar bis 12. März 2023 hat dasRKI insgesamt sechs Fälle in Deutschland festgestellt. Das berichtet das Institut in seinen regelmäßigen Wochenberichten. In Indien habe sich zuletzt ein wachsender Anteil dieser Omikron-Sublinie gezeigt, parallel zu einem Anstieg der dortigen Covid-19-Inzidenzen. In Deutschland sind mittlerweile alle Corona-Regeln gefallen, demnach hat auch die Testkultur nachgelassen. Weitere Fälle der Arcturus-Variante sind also möglich. Das RKI geht davon aus, dass sich die XBB.1-Sublinien, zu denen die neue Corona-Variante zählt, in Deutschland in den kommenden Wochen weiter ausbreiten werden.
Insgesamt bewegen sich die Arcturus-Fallzahlen aber in allen weiteren Ländern bis auf Indien im niedrigen, ein- bis zweistelligen Bereich. Meist waren die Infektionen auf Reisende aus Indien zurückzuführen. Mehr Hospitalisierungen oder schwere Verläufe durch die neue Variante konnten bisher nicht festgestellt werden. Besorgt seien Experten dennoch, schreibt dieDeutsche Apothekerzeitung.
In Deutschland gibt es aktuell in keinem Bundesland mehr Einschränkungen und das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnet eine 7-Tages-Inzidenz von nur noch 41,1 (Stand: 22. März 2023, 6.15 Uhr). Könnte es hier zu einer neuen Infektionswelle kommen, wenn sich die XBB.1.16-Variante stärker ausbreitet?
Der Epidemiologe Timo Ulrichs hat Focus Online dazu erklärt, dass das Auftreten immer wieder neuer Varianten grundsätzlich normal sein. Wichtig sei nun die Frage nach der Antigenstruktur der Arcturus-Variante. Kann sich diese trotz durch Impfung und bisherige Durchseuchung erlernte Immunität stark verbreiten und wieder zu schweren Verläufen sowie mehr Hospitalisierungen führen, könnte das ein Problem sein. Aktuell fehlen für eine Einschätzung aber noch verlässliche Daten aus Indien.