Es könnte so einfach sein: In einen elektrischen Zug einsteigen und damit abgasfrei vom Allgäu nach Reutte oder über Garmisch weiter nach München fahren. Das geht auf der Außerfernbahn aber nur von Pfronten-Steinach in Richtung Österreich. Die südlichen Nachbarn zeigen Deutschland nicht nur im alpinen Skisport regelmäßig, wo der Barthel den Most holt, sondern auch in der Elektrifizierung des Bahnverkehrs. Auf der Allgäuer Seite der Außerfernbahn ist die Realität eine andere. Dort wird mit Diesel gefahren – wenn überhaupt. Schienenersatzverkehr ist Alltag auf der Strecke.
So erklärte die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), Besteller des dortigen Regionalverkehrs, dass zwischen Kempten und Pfronten-Steinach im vergangenen halben Jahr am 26. Juli, vom 2. bis 10. August, vom 11. August bis 12. September sowie seit dem 24. November Ersatzbusse statt Züge verkehrten – einzelne, kurzfristige Ausfälle sind hier noch gar nicht eingerechnet. Die derzeitige Sperrung soll gar bis 20. März andauern. Quasi den gesamten August, den halben September sowie den gesamten Winter war die Außerfernbahn also eine Busstrecke.
Elektrifizierung bis Kempten ist wünschenswert, aber unwahrscheinlich
Für die BEG ist das „nicht akzeptabel“. Auch einige Leser beschwerten sich über die Ausfälle auf der Strecke. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein großer Aufschrei angesichts der Unzuverlässigkeit ausblieb, bei Fahrgästen und Politik. Wie soll es also weitergehen? Die Wunschlösung wäre sicherlich eine Elektrifizierung bis Kempten. Beim Blick auf die Bahnstrecke München-Lindau wird jedoch klar, dass dieses Unterfangen Jahrzehnte dauern dürfte. Auch die dortige Elektrifizierung wäre ohne das Vorpreschen der Schweiz höchstwahrscheinlich immer noch Zukunftsmusik. So wünschenswert die Elektrifizierung wäre, sie ist unwahrscheinlich.
Eine Oberleitung für die Illertalbahn von Ulm bis Oberstdorf sowie die Allgäubahn von Buchloe über Kempten bis Hergatz wäre allein aufgrund der Bedeutung für den überregionalen Verkehr wichtiger. An der Lage auf der Außerfernbahn wird sich mittelfristig also wenig ändern. Die Frage ist deshalb, ob man weiterhin an der Bahn festhalten oder nicht eine Alternative zu den oft ausfallenden Zügen suchen sollte.
Radschnellweg Allgäu statt ewigem Schienenersatzverkehr
So warf ein Leser, der sich für mehr Bahnverkehr engagiert, die Frage auf, ob es sinnvoll ist, weiterhin Geld in eine Strecke zu stecken, die offenbar kaum jemand vermissen würde – und die kaum genutzt werde. Er zeigte eine spannende Alternative auf: eine Stilllegung mit Umbau zum Radweg. Das wäre zwar zunächst ein herber Verlust – aber einer, aus dem eine neue Chance entstünde. Denn Bahntrassen bieten sich aufgrund der geringen Steigungen als Radwege an. Die landschaftlich reizvoll gelegene Außerfern-Strecke wäre auch touristisch interessant. Doch viel wichtiger wäre der Leuchtturmcharakter dieses Umbaus.
Die Strecke von Pfronten über Oy-Mittelberg und Durach bis Kempten könnte als Ausgangspunkt für einen durchgehend asphaltierten, kreuzungsfreien Allgäuer Radschnellweg dienen. Damit würde der Radverkehr in der Region einen Schritt nach vorn machen, viele hätten eine Alternative zum Auto.
Die Bahn sollte parallel durch eine eng getaktete Buslinie ersetzt werden – idealerweise eine elektrische mit barrierefreien Bussen. Dieses Modell hätte auch Nachteile, zum Beispiel eine längere Fahrzeit. Trotzdem ist es überfällig, ohne Denkverbote über die Zukunft der etwa 30 Kilometer Schiene zwischen Kempten und Pfronten zu diskutieren. Auch wenn das bedeuten könnte, paradoxerweise zugunsten der Verkehrswende auf eine Bahnstrecke zu verzichten. Frei nach dem Motto: Gescheit oder gar nicht.
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