Das Dieselloch Allgäu wird mit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember im Süden ein bisschen kleiner. 1,4 Kilometer sind es, die die Deutsche Bahn in diesem Jahr bei Pfronten-Steinach (Kreis Ostallgäu) elektrifiziert hat, nachdem dies auf der Außerfernbahn auf Tiroler Seite bereits 2019 geschehen war. Doch viele Wünsche und Erwartungen, die sich mit dem Ausbau der Bahnstrecke verknüpfen, bleiben zumindest vorerst unerfüllt. Die Route verbindet Garmisch-Partenkirchen und Kempten über Tiroler Territorium hinweg.
So klafft im Takt der Stromzüge ausgerechnet zu den besten Pendlerzeiten ein Loch. In Pfronten-Steinach müssen die Fahrgäste zudem provisorisch über den alten Bahnsteig zwischen dem Elektrotriebwagen aus Garmisch-Partenkirchen und dem Dieselzug aus Kempten umsteigen – den geplanten Bau eines neuen, barrierefreien Bahnsteigs hat die Bahn gerade auf das Jahr 2024 verschoben.
Mit dem Zug von Pfronten bis Ulm oder Augsburg: nicht ohne Umstieg in Kempten
Auch im Streckenteil zwischen Pfronten-Steinach und dem Kemptener Hauptbahnhof läuft nicht alles wie gewünscht: Es wird keine umsteigefreien Verbindungen von und nach Augsburg und Ulm geben. Ohnehin fahren derzeit keine Züge zwischen Pfronten und Kempten – in dem Abschnitt liegen Gleise nicht so, wie sie sollten. Das habe man bei Messfahrten festgestellt, teilt die Bahn auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Um das Problem zu beheben, seien mehrere frost- und schneefreie Tage nötig. Bis dahin müssen die Fahrgäste in Busse umsteigen.
Auch das Umsteigen ist nach Angaben eines Bahnsprechers nicht zu vermeiden. Denn der Infrastrukturbetreiber DB Netz AG habe dringend dazu geraten, die eigentlich vorgesehenen, durchlaufenden Züge aus Ulm und Augsburg über Kempten nicht umzusetzen. Sonst würden die Betriebsabläufe in Kempten deutlich komplizierter und das Risiko von Verspätungen ansteigen. Statt Zügen oder Zugteilen müssen deshalb weiterhin die Fahrgäste in Kempten wechseln.
Sechs Minuten Zeit für den Umstieg in Kempten: Kaum machbar
Wer zum Beispiel morgens von Ulm mit der Bahn zum Skifahren an den Breitenberg in Pfronten reisen will, muss mitsamt Gepäck am Hauptbahnhof in sechs Minuten von Gleis 2 zu Gleis 5 laufen. Ein Problem, dass sich laut dem Fahrgastverband Pro Bahn auch lösen ließe, wenn die Außerfernbahn endlich schneller würde. Dazu müsste eine Reihe von technisch nicht gesicherten Bahnübergängen wegfallen, fordert Jürgen Vögele, Regionalgruppenleiter Allgäu bei Pro Bahn. Von Bahn zu Bus und wieder zur Bahn muss künftig wechseln, wer morgens vom Allgäu über die Außerfernbahn in Richtung Reutte oder Garmisch-Partenkirchen fahren möchte. Denn der vom Stundentakt abweichende, morgendliche Schülerverkehr von Garmisch-Partenkirchen in Richtung Vils wird laut Bahn verlängert.
(Lesen Sie auch: In den Nesselwanger Bahnhof soll Gewerbe einziehen)
Um den Takt in der Gegenrichtung zu erreichen, müssten die Elektrotriebwagen bereits dort wenden, statt bis Pfronten-Steinach weiterzufahren. Dieses Loch im Takt werde voraussichtlich bis Dezember 2025 nicht geschlossen. Zur Überbrückung werden Busse eingesetzt.
Bahnsteig Pfronten-Steinach soll Verkehrsdrehscheibe werden
Ein Jahr zuvor soll der Bahnsteig in Pfronten-Steinach gleichzeitig mit weiteren Bahnsteigen der Außerfernbahn barrierefrei umgestaltet werden. Eigentlich sollte das bereits 2022 passieren. Allerdings hatte die Breitenbergbahn, über deren Gelände der Ausstieg künftig führen soll, lange vergeblich darauf gewartet, dass sich die Bahn wegen der genauen Konditionen mit ihr abspricht. Nun könnte es klappen, dass die Arbeiten von Bahn, Breitenbergbahn und Gemeinde gleichzeitig laufen. Die Kommune will den Bahnhof Pfronten-Steinach zur Verkehrsdrehscheibe ausbauen – inklusive Lademöglichkeiten für E-Bikes und Elektroautos. Und auch zur Breitenbergbahn kann man direkt vom Zug aus umsteigen.
Lesen Sie auch: Hotel in Oy-Mittelberg möchte ein Chaletdorf errichten - Das spaltet den Gemeinderat