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"Bin erstaunt, wie offen die Allgäuer sind" - Was eine Sexspielzeug-Beraterin aus Füssen erlebt

Sextoy-Boom

"Bin erstaunt, wie offen die Allgäuer sind" - Was eine Sexspielzeug-Beraterin aus Füssen erlebt

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    Kim Flechsel-Erl (32) aus Füssen arbeitet seit gut einem Jahr als Sexspielzeug- und Dessousberaterin. Im Interview erzählt sie, was sie alles erlebt.
    Kim Flechsel-Erl (32) aus Füssen arbeitet seit gut einem Jahr als Sexspielzeug- und Dessousberaterin. Im Interview erzählt sie, was sie alles erlebt. Foto: Kim Flechsel-Ertl

    Vor gut einem Jahr wagte Kim Flechsel-Erl einen ungewöhnlichen Schritt: Die gelernte Kinderpflegerin und verheiratete Mutter aus Füssen machte sich als Sextoy- und Dessousberaterin selbstständig. Sie vertreibt für eine Firma aus Norddeutschland 300 Produkte von zehn Herstellern. "Etwas Besseres hätte ich nicht machen können", sagt sie heute. Der Markt wächst derzeit rasant.

    Wegen der Corona-Krise halten sich die Menschen vor allem zuhause auf - und decken sich dabei offensichtlich mit Sexspielzeug ein. Das berichten zumindest Unternehmen aus der Branche bundesweit. Wie ist die Situation im Allgäu?

    Kim Flechsel-Erl: Ich kann das nur bestätigen. Es ist Wahnsinn, wie stark die Produkte auch hier in der Region nachgefragt werden. Die Leute bleiben wegen des Lockdowns eher zuhause, geben kaum Geld für Reisen aus, sondern gönnen sich kleine Luxusgüter im privaten Bereich. Das gilt offenbar besonders für Sexspielzeuge, Bodycare-Produkte und Dessous.

    Dem Allgäuer sagt man ja gemeinhin nach eher etwas verschlossen zu sein...

    Flechsel-Erl (lacht): Das hab ich auch immer gedacht. Aber in meinem Job als "Liebesengel" bekomme ich davon gar nichts mit. Im Gegenteil: Ich bin erstaunt, wie offen und neugierig die Allgäuer und Allgäuerinnen sind. Das habe ich gleich am Anfang, also noch vor der Corona-Krise, gemerkt. Ich bin zu Live-Partys gefahren und habe die Kunden, fast ausschließlich Frauen, dort beraten.

    Wie läuft so eine Party ab?

    Flechsel-Erl: Vom Konzept her ähnlich wie eine Tupperparty. Nur, dass es bei meinen Produktpräsentationen sehr schnell, sehr lustig wird und jede(r) etwas zu erzählen hat. Und zwar egal, ob ich irgendwo auf einer Landgemeinde im Ostallgäu eingeladen bin oder in Kempten oder Memmingen. Die Partygäste, meist vier bis sieben Teilnehmer, kennen sich in der Regel untereinander. Da wird absolut vertraulich und diskret geredet und gelacht.

    Für welche Sex-Produkte interessieren sich Ihre Kundinnen in unserer Region besonders?

    Flechsel-Erl: Sehr oft werden Massageprodukte, wie Vibratoren oder Auflegevibratoren, die mit Fernsteuerung funktionieren, nachgefragt. Aber auch Dessous oder Bodycare-Produkte, wie Gleitgels oder dauerhafte Haarentfernungsgeräte, sind bei den Allgäuerinnen beliebt. Die scharren teils wirklich mit den Hufen (lacht). Das berichten übrigens auch Kolleginnen von anderen Anbietern.

    (Lesen Sie auch: Heiße Auszeichnung: Für "People" ist Michael B. Jordan der "Sexiest Man Alive")

    Derzeit dürfen ja keine Partys stattfinden. Wie kommen Sie stattdessen mit Ihren Kundinnen und Kunden zusammen?

    Flechsel-Erl: Über Whatsapp und Video-Konferenzen, bei denen ich die Produkte präsentiere - teils auch auf virtuellen Messen mit anderen Anbietern. Ein Nachteil ist momentan, dass die Kunden die Produkte bei so einer Präsentation leider nicht anfassen, fühlen und riechen können, was in meiner Branche natürlich wichtig ist. Andererseits ist es für vielen Menschen praktischer und leichter, wenn sie sich einfach digital informieren können. Das Interesse ist jedenfalls enorm. Ich bin pro Tag mindestens auf zwei Messen sowie einer virtuellen Party vertreten. Danach bestellen die Kunden bei mir online.

    Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihren Job?

    Flechsel-Erl: Anfangs wurde ich schon etwas belächelt oder auch mal komisch angeguckt. Aber das hat sich total gewandelt. Die Leute wissen, dass ich absolut seriös arbeite und mir Qualität ganz wichtig ist. Wenn jemand eine tolle Jeans gekauft hat, erzählt er anderen davon. Dieses natürliche Verhalten setzt sich bei Kunden mittlerweile auch immer mehr in meiner Branche durch. Nicht zuletzt die Corona-Krise macht die Menschen offener.

    (Lesen Sie auch: Sex-Kunden zuhause empfangen: Kein Grund für Wohnungskündigung)

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