Ausgrabungen in Kempten

Archäologen lüften weitere Geheimnisse in Kemptens Ursprungsstadt Cambodunum

Archäologen legen die Mauern eines römischen Wohnhauses frei. Vor der Therme freuen sich darüber (von links): Salvatore Ortisi und Anja Reschmeier (beide Uni München) sowie Maike Sieler und Johannes Schießl (Stadtarchäologie).

Archäologen legen die Mauern eines römischen Wohnhauses frei. Vor der Therme freuen sich darüber (von links): Salvatore Ortisi und Anja Reschmeier (beide Uni München) sowie Maike Sieler und Johannes Schießl (Stadtarchäologie).

Bild: Ralf Lienert

Archäologen legen die Mauern eines römischen Wohnhauses frei. Vor der Therme freuen sich darüber (von links): Salvatore Ortisi und Anja Reschmeier (beide Uni München) sowie Maike Sieler und Johannes Schießl (Stadtarchäologie).

Bild: Ralf Lienert

Archäologen sind in Kemptens Ursprungsstadt Cambodunum auf alte Mauern gestoßen. Und können so weitere Geheimnisse im Zentrum der ehemaligen Römerstadt lüften.
28.10.2022 | Stand: 11:53 Uhr

Bei ihren sommerlichen Grabungen in Kemptens Ursprungsstadt Cambodunum haben Archäologen weitere Geheimnisse lüften können. Sie legten die Mauern eines repräsentativen Wohnhauses im Zentrum der ehemaligen Römerstadt am Iller-Hochufer frei und fanden dabei Estrichböden und Fußbodenheizungen sowie eine private Therme und Wandmalereien. Das alles lässt Ausgräber jubeln. Schließlich gehören die Mauern zu den ältesten steinernen Bauwerken in Deutschland.

Seit 2019 kooperiert die Kemptener Stadtarchäologie mit dem Fachbereich für Provinzialrömische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, um noch mehr Licht in das Dunkel der Anfänge von Cambodunum zu bringen. Das Wohnhaus, dessen Mauern nun im Archäologischen Park Cambodunum (APC) freigelegt wurden, stammt wohl aus dem zweiten oder dritten Jahrzehnt nach der Zeitenwende. Es wurde also bald nach der Gründung der Stadt, die um das Jahr null herum erfolgte, errichtet. Es lag im Zentrum der einstigen Römerstadt, direkt gegenüber den öffentlichen Großbauten wie Forum mit Basilika und Statthalterpalast. Dort standen auch noch andere Wohnhaus-Blöcke, sogenannten Insulae. Die wichtigsten Familien der Stadt lebten dort.

Was haben Archäologen in der ehemaligen Römerstadt Cambodunum entdeckt?

In dem nun ausgegrabenen repräsentativen Wohngebäude der „Insula 1“ auf einer Fläche einer Fläche von rund 800 Quadratmetern fanden im Lauf der Zeit diverse Umbauten und Nutzungsänderungen statt, die eine Mischung aus Leben, Arbeiten und Wohnen in einer der blühendsten Städte nördlich der Alpen widerspiegeln. „Wir haben hier einen wichtigen Teil der zentralen römischen Wohnbebauung von Cambodunum vollflächig und gut erhalten vorgefunden“, sagt Stadtarchäologin Dr. Maike Sieler. „Ein süddeutschlandweit einzigartiger Befund.“ Erneut werde deutlich: Cambodunum sei ein zentraler Ort in den Anfängen der Römerzeit in Bayern gewesen.

Die bei Ausgrabungen zutage gekommenen römischen Steinbauten gehören zu den ältesten in Deutschland.
Die bei Ausgrabungen zutage gekommenen römischen Steinbauten gehören zu den ältesten in Deutschland.
Bild: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

Ähnlich beurteilt dies Professor Dr. Salvatore Ortisi, Grabungsleiter von der Universität München. „Cambodunum-Kempten ist das Paradebeispiel einer römischen Planstadt“, schwärmt der Archäologe . „Hier lässt sich die Erschließung und Urbanisierung der Gebiete nördlich der Alpen durch Rom in hervorragender Weise nachvollziehen.“ Diese keltisch-römischen Anfänge haben seiner Ansicht nach die kulturelle Entwicklung Süddeutschlands „ganz entscheidend geprägt“.

Ausgrabungen in Kempten: Wie gut sind die Funde erhalten?

Bemerkenswert sei der gute Erhaltungszustand der Funde. Der Trupp der Archäologinnen und Archäologen, die meisten von der Universität in München, war im Sommer auf intakte Estrichböden und auf Fußbodenheizungen gestoßen. Außerdem entdeckten die Grabenden Wandmalereien, die vermutlich ein Ladengeschäft an der Hauptstraße von Cambodunum schmückten.

Besonders freute die Archäologen eine kleine Thermenanlage. Der – offenbar wohlhabende – Besitzer des Wohnhauses hatte sich diese Art privater Sauna geleistet. „Ein Hausbad war für damalige Verhältnisse eine Luxusausstattung“, urteilt Johannes Schießl, der stellvertretende Leiter des APC.

Wird im Cambodunum weiter gegraben?

Die Grabungen werden in den nächsten Jahren weitergehen – und damit die Kooperation von Stadtarchäologie und Universität München, die auch die Finanzierung gemeinsam tragen. Die Stadt Kempten ist in der glücklichen Lage, dass der Kernbereich ihrer römischen Vergangenheit nicht durch moderne Bebauung zerstört wurde, sondern als Bodendenkmal noch direkt unter der Grasnarbe erhalten ist, erklärt Stadtarchäologin Maike Sieler. Die Kooperation mit der Universität München ermögliche es, die wissenschaftliche Erforschung der Römerstadt voranzutreiben.

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