Klimaschutz in Memmingen

Stadtrat in Memmingen stimmt Klimaschutzkonzept zu

Damit in Memmingen selbst mehr Strom produziert wird, soll die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern forciert werden.

Damit in Memmingen selbst mehr Strom produziert wird, soll die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern forciert werden.

Bild: dpa /Marijan Murat

Damit in Memmingen selbst mehr Strom produziert wird, soll die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern forciert werden.

Bild: dpa /Marijan Murat

Memmingen soll bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden. Dafür wurde ein umfangreicher Leitfaden erstellt. Doch nicht alle Räte stehen hinter dem Konzept.
14.12.2022 | Stand: 18:00 Uhr

Der Appell, den Martin Sambale an die Stadträte richtete, war eindringlich: „Wir stehen knapp vor dem Abgrund und müssen dringend handeln“, betonte der Geschäftsführer des Energie- und Umweltzentrums (Eza) aus Kempten, als es im Plenum um die Abstimmung über das städtische Klimaschutzkonzept ging. Man müsse mit Blick auf den Klimawandel schnellstmöglich CO2-Emissionen einsparen. Gemeinsam mit dem Klimateam hatte Eza bereits ein Energiepolitisches Arbeitsprogramm erstellt, das als Grundlage für das kommunale Klimaschutzkonzept dient. Im Mittelpunkt stehen die Potenziale für die Einsparung von Energie und für die Nutzung erneuerbarer Energien. Das Ziel: Memmingen soll bis zum Jahr 2040 klimaneutral werden.

Würde man so weitermachen wie bisher, würde Memmingen dieses Ziel erst im Jahr 2072 erreichen. „Das wird zu spät sein“, betonte Sambale. „Denn die Natur lässt nicht mit sich verhandeln.“

Über 80 Prozent des Stroms bezieht Memmingen von außerhalb

Zunächst ging er unter anderem auf die Arbeit mit dem Klimateam und eine Online-Bürgerbeteiligung zum Thema Klimaschutz ein. Im Zuge dessen sei ein Maßnahmenkatalog erarbeitet worden – aufbauend auf den Zahlen aus der letzten Bilanz aus den Jahren 2016/17. Zu diesem Zeitpunkt wurden demnach rund 80 Prozent des Stroms von außerhalb bezogen, 92,6 Prozent des Wärmeverbrauchs stammte aus fossilen Energieträgern. „Es ist also eine große Aufgabe, die vor uns liegt“, so Sambale. Doch welche Handlungsmöglichkeiten hat die Stadt? Das Potenzial für die Stromerzeugung bezeichnete Sambale als „ganz ordentlich“ – etwa durch Photovoltaikanlagen auf Dächern oder auf Freiflächen, ebenso brachte er Überdachungen von bestehenden Parkflächen mit PV-Anlagen ins Spiel. „Da müssen wir alles nutzen, was vorhanden ist“, betonte Sambale. Im Wärmebereich sei die Umweltwärme das große Thema – etwa durch den Einsatz von Wärmepumpen. Auch müsse geprüft werden, wo sich Nah- und Fernwärmenetze realisieren lassen. Es werde auch viel darum gehen, Abwärme intelligent zu nutzen. Das Ziel wäre bis 2040 eine Reduktion der Treibhausgase von 96 Prozent.

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft im Blick

Dabei sei auch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, aber auch mit den Bürgern notwendig. „Nun geht es erst einmal darum, Weichen zu stellen“, erklärte der Eza-Geschäftsführer. Dann sollten konkrete Maßnahmen erfolgen. Dazu seien für jedes Jahr Meilensteine definiert worden. So sollte etwa der Stadtrat vor jedem Beschluss prüfen, welche Auswirkung die entsprechende Maßnahme auf das Thema Klimaschutz hat. Weitere Punkte sind etwa die Erstellung eines Wärmnutzungsplans, eine Treibhausgasbilanz alle drei Jahre, die Entwicklung von Treibhausgas neutralen Neubau- und Gewerbegebieten und ein Fünf-Jahres-Plan für PV-Anlagen auf kommunalen Dächern – auch mit privaten Investoren.

Stadtrat Michael Ruppert (CSU) findet es gut, „dass wir mit diesem Leitfaden nun ein Ziel haben“. Es sei jedoch eine Herausforderung, ihn mit konkreten Maßnahmen zu füllen. Erschwerend komme hinzu, dass man bei öffentlichen Gebäuden in Memmingen einen Investitionsstau habe, mit vielen Maßnahmen, die nicht unbedingt in erster Linie etwas mit dem Thema Klimaschutz zu tun hätten.

Stadtrat der Grünen nennt Konzept ein "Fantasie-Papier"

Professor Dieter Buchberger (Grüne) nannte das Konzept ein „Fantasie-Papier“. Es habe nicht die geringste Chance auf eine Umsetzung. Dafür nannte er eine Reihe von Gründen: So sei etwa die Datenbasis veraltet und es seien einige Fehler enthalten. Die Stromverbrauchswerte aktuell seien zu hoch dargestellt. Auch seien im Bereich der Altstadt aus Platz- und baurechtlichen Gründen großteils keine Wärmepumpen möglich.

Michael Hartge (ÖDP) erwiderte, ihm blute das Herz, wenn das Konzept komplett zerpflückt werde. Selbstverständlich werde man nachschärfen müssen. „Wenn wir aber heute nicht anfangen, hätte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber der nächsten Generation.“ Fabian Nieder (SPD) bezeichnete das Konzept als „absolut notwendiges Instrument“. „Wir erwarten aber, dass es, wenn es die personellen und finanziellen Ressourcen ermöglichen, auch in allen Bereichen integriert und umgesetzt wird.“ Laut Eva Kühn (AfD) muss die Stadt zunächst ihre Pflichtaufgaben erfüllen. Man habe keine Zeit „für solche Fleißaufgaben“.

Letztlich sprach sich der Stadtrat mit sechs Gegenstimmen für das vorgelegte Klimaschutzkonzept aus. Einen Antrag von Rat Rupert Reisinger (Linke) und Dieter Buchberger, wonach im Haushalt 2023 drei Millionen Euro dafür eingestellt und vier Planstellen geschaffen werden sollten, lehnten die Räte dagegen mehrheitlich ab.