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Mindestlohn: Kommen 15 Euro? SPD und CDU/CSU sind bei dieser Frage uneins - Das sagen Allgäuer Branchenvertreter

Hitzige Debatte

Wie hoch soll der Mindestlohn sein? Das sagen Arbeitgeber und Gewerkschaften im Allgäu

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    Der Mindestlohn steht nach den Koalitionsverhandlungen wieder im Zentrum der politischen Debatte. Von einer Erhöhung betroffen wären einige Branchen: Unter anderem Erntehelfer verdienen oft den Mindestlohn - ebenso Kräfte im Tourismus.
    Der Mindestlohn steht nach den Koalitionsverhandlungen wieder im Zentrum der politischen Debatte. Von einer Erhöhung betroffen wären einige Branchen: Unter anderem Erntehelfer verdienen oft den Mindestlohn - ebenso Kräfte im Tourismus. Foto: Patty Varasano, Daniel Reinhardt (dpa)

    Am Thema Mindestlohn scheiden sich die Geister. Fakt ist: Derzeit beträgt er 12,82 Euro brutto pro Stunde. Wie hoch wird er künftig ausfallen? Die SPD wünscht sich, dass er 2026 auf 15 Euro steigt. Aus Sicht von CDU/CSU ist das noch nicht entschieden. Wie viel Mindestlohn braucht Deutschland?

    Obstbauer Klaus Strodel vom Bodensee: „Der Mindestlohn soll bleiben wie er ist. Das ist die Schmerzgrenze“, sagt der Landwirt aus der Nähe von Lindau, der unter anderem Erdbeeren anbaut. „Wir sind auf Saisonkräfte angewiesen. Da benötigen wir um die zehn Helfer pro Hektar. Wenn jetzt die 15 Euro kommen, müssen wir Preise verteuern. Dann können wir mit ausländischen Erdbeeren kaum noch mithalten.“ Schon jetzt würden immer mehr Betriebe schließen, weil sie nicht mehr konkurrenzfähig sind. „Das muss aufhören“, appelliert Strodel. Die Erntehelfer würden überwiegend aus dem Ausland kommen. „Für die sind 12,82 Euro schon jetzt viel Geld.“ Seine Forderung: Statt den Mindestlohn anzuheben, sollten lieber die Steuern darauf reduziert werden.

    Welche Rolle spielt der Mindestlohn auf dem Bau?

    Michael Jäger von der IG Bau: „Für uns ist die Diskussion um den Mindestlohn aktuell nicht das große Thema“, sagt der Bezirksvorsitzende dieser Gewerkschaft in Schwaben. Denn: In den verschiedenen Bereichen der IG Bau gelten Branchenmindestlöhne - und die würden über dem derzeitigen Mindestlohn liegen. Im Bauhauptgewerbe beträgt der Branchenmindestlohn zum Beispiel 15,27 Euro. „Die Arbeit ist schwer und man ist Wind und Wetter ausgesetzt. Das spiegelt sich in diesem Lohn wider.“ Schon jetzt sei fix, dass der Branchenmindestlohn 2026 auf 15,86 steigt.

    Harald Eberhard, Vorsitzender des Tierheims Beckstetten, Ostallgäu: Würde der Mindestlohn auf 15 Euro steigen, müsste das Tierheim seinen Mitarbeitern jährlich insgesamt 15.800 Euro mehr bezahlen als jetzt. Dabei sei das Heim schon jetzt finanziell nicht besonders gut ausgestattet. Doch Eberhard befürchtet, dass es nicht bei den 15.800 Euro bleiben würde. Mehrere weitere Mitarbeiter sind auf 538-Euro-Basis angestellt. Steigt der Mindestlohn pro Stunde, müssten sie weniger arbeiten, um nicht die 538-Euro-Grenze zu überschreiten. Das müsste mit bis zu zwei zusätzlichen Mitarbeitern aufgefangen werden, was noch einmal 13.000 Euro im Jahr kosten würde. Dann müsse er wohl versuchen, mehr Geld von Kommunen einzufordern.

    Soll der Mindestlohn auf 15 Euro steigen?

    Melanie Hoffmann, Obermeisterin der Friseurinnung Ostallgäu: „Grundsätzlich müssen wir den Mindestlohn erhöhen.“ Die Branche finde kaum noch Nachwuchs. „Wenn der Lohn in einem Beruf unattraktiv ist, wird ihn keiner mehr lernen.“ Klar sei aber auch: Steigt der Mindestlohn auf 15 Euro, müssten die Kunden diese Erhöhung zahlen. „Womöglich hat dann auch keiner etwas davon“, sagt Hoffmann. Deshalb wünscht sie sich: Die Lohnnebenkosten müssten gesenkt werden, damit am Ende mehr Netto vom Brutto im Geldbeutel ist.

    Armin Hollweck vom Dehoga Bayern: „Das Thema Mindestlohn ist keine Sache der Politik, sondern der Mindestlohnkommission“, sagt Hollweck, Oberallgäuer Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Sollte die Erhöhung kommen, werde es für viele Gastronomen noch schwieriger zu wirtschaften. Viele Arbeitgeber zahlten über dem Mindestlohn. Eine Erhöhung von diesem führt aus Hollwecks Sicht zu einer Preisspirale. Der Mindestlohn solle in etwa so bleiben, wie er ist.

    Mustafa Öz, Landesvorsitzender von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG): „Wir brauchen eine Erhöhung auf 15 Euro. Die Beschäftigten müssen von ihrem Lohn leben können - auch in einer teureren Region wie unserer.“ Die Zahl sei das Ergebnis der EU-Mindestlohnrichtlinie. Demnach gelten Mindestlöhne als angemessen, wenn sie mindestens 60 Prozent des mittleren gesamtwirtschaftlichen Lohns von Vollzeitbeschäftigten in einem Land entsprechen. Besonders in der Gastronomie sei die Umsetzung wichtig: „Etwa die Hälfte des Personals seien Minijobber und Teilzeitkräfte“.

    Tourismus im Allgäu sieht eine Erhöhung kritisch

    Julia Zwicker, Regionalvorsitzende IHK Oberallgäu: Im Tourismus werde die Erhöhung kritisch gesehen, berichtet Zwicker. Die diskutierten 15 Euro würden eine Steigerung von 20 Prozent bedeuten - zu viel. „Andere Branchen diskutieren über drei oder sechs Prozent“, sagt Zwicker, die Geschäftsführerin des Panoramahotels ist.

    Das ist der Mindestlohn

    Seit Januar liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro. Ein Jahr zuvor waren es 41 Cent weniger pro Stunde. Wer Mindestlohn bezieht und eine 40-Stundenwoche hat, hat einen Bruttoverdienst von rund 2220 Euro im Monat, hat der Deutsche Gewerkschaftsbund berechnet. Erhöht wird der Mindestlohn in der Regel alle zwei Jahre, wenn dies die Mindestlohnkommission empfohlen hat. Sie arbeitet eigenständig und besteht aus Vertretern von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und der Wissenschaft. Streit gab und gibt es in der Politik dennoch regelmäßig zur Höhe des Lohnes - zuletzt innerhalb der Ampelregierung. (mak)

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