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Rappenalptal und teurer Christbaum: Allgäuer Mundart-Sänger nimmt Oberstdorf auf die Schippe

Kabarettistische Aufarbeitung zweier "Skandale"

Rappenalptal und teurer Christbaum: Allgäuer Mundart-Sänger nimmt Oberstdorf auf die Schippe

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    Helmut Rothmayr aus Altstädten verzückte sein Publikum in der Kultur-Werkstatt Sonthofen mit seinem Mundart-Programm "D'verloarene Wiehnächtsfroid". Ein Video von diesem Auftritt geht nun viral.
    Helmut Rothmayr aus Altstädten verzückte sein Publikum in der Kultur-Werkstatt Sonthofen mit seinem Mundart-Programm "D'verloarene Wiehnächtsfroid". Ein Video von diesem Auftritt geht nun viral. Foto: Christoph Pfister

    Glaubt man ein paar alt eingesessenen Oberstdorfern, dann gibt es in diesen Tagen in der südlichsten Gemeinde Deutschlands kaum ein Handy, auf dem nicht das Video von Helmut Rothmayr abgespielt wurde. Der Chef des allseits bekannten Künstler-Ensembles "Wir 18" aus Altstädten bei Sonthofen hat vor knapp einer Woche zweimal in der Kultur-Werkstatt in Sonthofen sein Solo-Programm aufgeführt. Unter dem Motto "Die verlorene Weihnachtsfreude" thematisierte der Oberallgäuer Mundart-Künstler dabei auch topaktuelle Geschehnisse wie die mutwillige Naturzerstörung im Oberstdorfer Rappenalptal.

    Das Publikum war begeistert, lachte sich darüber kaputt, dass Rothmayr die Verantwortlichen in Oberstdorf durch den Kakao zog. Dass sein Tontechniker Alfred Maurer das Stück "Wilde Hünd" vom Mischpult aus mitgefilmt und einigen Wir-18-Mitgliedern weitergeleitet hatte, erfuhr Rothmayr erst Tage später. "Wie ein Lauffeuer hat sich das Video dann weiterverbreitet", sagt Rothmayr auf Nachfrage unserer Redaktion. Beim Sonthofer Bürgermeister sei es ebenso schnell gelandet wie im Landratsamt. Und in Oberstdorf ging das Video ebenfalls von Smartphone zu Smartphone.

    Helmut Rothmayr über Oberstdorf: "Rappenalptal gefundenes Fressen für mich"

    "Ich habe eine sehr starke emotionale Verbindung mit Oberstdorf", sagt Rothmayr. Schließlich habe er 21 Jahre lang dort in einem Autohaus als Finanzchef gearbeitet. Die Nachrichten aus dem Rappenalptal seien natürlich ein gefundenes Fressen für ihn gewesen, erzählt der 68-Jährige, der parallel die Jubiläumskonzerte zum 50. Geburtstag von "Wir 18" im kommenden Frühjahr vorbereitet. Rothmayr erzählt auch: Als er sich entschlossen hatte, das Thema Rappenalptal zu persiflieren, habe es "grad einmal eine halbe Stunde" gedauert, bis Text und Melodie fertig waren".

    Am vergangenen Freitag (16. Dezember 2022) hätte sich Rothmayr eigenen Angaben zufolge "am liebsten in den Hintern gebissen", schließlich lieferten die Oberstdorfer nur einen Tag nach seinem Auftritt gleich die nächste Provinz-Posse - mit der Anschaffung eines knapp 25.000 Euro teuren Christbaums. Da Rothmayr eine "unglaublich" große Resonanz auf sein "Wilde-Hund"-Lied bekam, legte er gleich nach. In seinem Stück "So a schiina Christbômm" nimmt er das teure Nadelgehölz aus dem Hochsauerland auf die Schippe und legt den Gemeinderatsmitgliedern in den Mund: "„Bei iisre Hüffe Schulda kutt's off des numma druff a." (Bei unserem Haufen an Schulden kommt es darauf auch nicht mehr an.)

    Hier der Rappenalptal-Song im Video und im (Oberstdorfer) Wortlaut

    WILDE HÜND

    Es fließt a wilda Ba dur’s Rappenalptal

    Reacht krumm, so krumm dôhear, des isch suboptimal

    Denn wenn der grad wär, ja wenn a grad wär – des wär doch a Froid

    und s`Vieh hät öü amô, off amôl mehr Weid.

    In Oberstdoarf denkt sich die Wôld- und Weidgenossenschaft

    Dô müeß ma ebbas düe, des hämmr doch glei gschafft.

    Denn mir sind wilde Hünd, mir länd iis doch nix sa,

    und was mir dind, des gôht die ôndre doch an Schießdräck a.

    Wwas fr ôndre gilt, gilt no lang idde fr iis

    denn mir sind wilde Hünd, mir Oberstdoarfar, des isch gwiss.

    Wea viel frôgt, dea kutt zu nix, des weiss a jedes Kind

    So was mach mer seal, weil mir Oberstdoarfar sind

    Vom Giegar liehet mir off dr Stell an Baggar üüs

    nô fahret mir glei mit anônd ins Rappenalptal nüs.

    An Monat spätr odr zwei dô hôt es jeda gseah

    De Ba isch numma krumm, sondern gônz grad gwea.

    Denn mir sind wilde Hünd, mir länd iis doch nix sa,

    und was mir dind, des gôht die ôndre doch an Schießdräck a

    was fr ôndre gilt, gilt no lang idde fr iis

    denn mir sind wilde Hünd, mir Oberstdoarfar, des isch gwiss.

    Erscht hindanôch dô wierd es off uimôl allna klar,

    dass des ja gar idd genehmigt war.

    Des isch a Skandal, a Üfschrei gôht dur s`Lônd

    De Landtag isch schockiert und öü s`Landratsamt,

    D`Oberstdoarfar wundret se dôbei

    dass Naturschutz öü fr sie gealte dei.

    Mir sind doch wilde Hünd, mir länd iis doch nix sa,

    und was mir dind, des gôht die ôndre doch an Schießdräck a

    was fr ôndre gilt, gilt no lang idde fr iis

    denn mir sind wilde Hünd, mir Oberstdoarfar, des isch gwiss.

    Ma frôgt se scho, wie ka`n es, wie ka`n es so was gea

    kuina heebs es gmerkt und kuina heeb es gseah

    De Schuldige dean süecht ietz sogar die Polizei

    dursüecht so manche Wohnunga dôglei.

    Kuina isch es gwea, so dind se alle kund

    Die Obderstdoarfar sind halt wilde Hund.

    Mir sind scho wilde Hünd, mir länd iis doch nix sa,

    und was ôndre muinet, des gôht iis doch gar nix a

    was fr ôndre gilt, gilt no lang idde fr iis

    mir sind wilde Hünd, mir Oberstdoarfar, des isch gwiss.

    Unsere Redaktion hat sich an eine Übersetzung ins Hochdeutsche gewagt:

    Wilde Hund‘

    Es fließt ein wilder Bach durchs Rappenalptal

    Recht krumm, so krumm, das ist suboptimal.

    Denn wenn er gerade wäre, wäre das eine Freude

    Und das Vieh hätte auf einmal mehr Weide

    In Oberstdorf denkt sich die Wald- und Weidgenossenschaft

    Da müssen wir was tun, das haben wir gleich geschafft.

    Denn wir sind wilde Hund’, wir lassen uns doch nichts sagen,

    und was wir tun, geht die anderen doch einen Scheißdreck an.

    Was für die anderen gilt, gilt für uns noch lange nicht.

    Denn wir sind wilde Hund‘, wir Oberstdorfer, das ist gewiss.

    Wer viel fragt, der kommt zu nichts, das weiß ein jedes Kind.

    So etwas machen wir selber, weil wir Oberstdorfer sind.

    Vom Geiger leihen wir uns auf der Stelle einen Bagger aus,

    und fahren gleich miteinander ins Rappenalptal hinaus.

    Einen Monat später oder zwei, da hat es jeder gesehen,

    der Bach ist nicht mehr krumm, sondern ganz gerade gewesen.

    Denn wir sind wilde Hund‘, wir lassen uns doch nichts sagen,

    und was wir tun, geht die anderen doch einen Scheißdreck an.

    Was für die anderen gilt, gilt für uns noch lange nicht.

    Denn wir sind wilde Hund‘, wir Oberstdorfer, das ist gewiss.

    Erst hinterher wird es allen auf einmal klar,

    dass das alles ja gar nicht genehmigt war,

    Das ist ein Skandal, ein Aufschrei geht durchs Land,

    der Landtag ist schockiert und auch das Landratsamt.

    Die Oberstdorfer wundern sich dabei,

    dass Naturschutz auch für sie gelten würde.

    Denn wir sind wilde Hund‘, wir lassen uns doch nichts sagen,

    und was wir tun, geht die anderen doch einen Scheißdreck an.

    Was für die anderen gilt, gilt noch lange nicht für uns.

    Denn wir sind wilde Hund‘, wir Oberstdorfer, das ist gewiss.

    Man fragt sich schon, wie kann es so was geben,

    keiner habe es gemerkt und keiner habe was gesehen,

    Die Schuldigen sucht jetzt sogar die Polizei

    Durchsucht so manche Wohnungen derglei(chen)

    Keiner ist’s gewesen, so tun sie alle kund

    Die Oberstdorfer sind halt wilde Hund‘

    Wir sind schon wilde Hund‘, wir lassen uns doch nichts sagen,

    und was andere meinen, das geht uns doch nichts an,

    Was für die anderen gilt, gilt noch lange nicht für uns.

    Denn wir sind wilde Hund‘, wir Oberstdorfer, das ist gewiss.

    Kabarettistischer Song über den 25.000 Euro teuren Christbaum aus Oberstdorf im Video

    Und hier der Liedtext zum Song "So a schiina Christbômm"

    Zur Wiehnächtszit lüeget jed's Doarf und jede Stadt

    dass es i dr Mitt' vom Oart an schiine Christbômm hôt

    D`Oberstdoarfar wänd se dôbei nix nôchsage lông

    und wänd wiedr de greaschte Bômm im gônze Allgäu hông.

    Bei töüset Hektar Gmuindswôld isch es schwär, des weiß jeds Kind

    dass ma dô voar lüddr Bemm an schiene Chrischtbômm findt.

    Drum köüfet se sich des Jôhr, was i wirkle güet verstônd

    an schiine groaße Chrischtbômm uss em Hochsauerland

    Denn dett stôht

    So a schiina Christbômm, so was schiines hôt ma no idd gseah

    So a schiina Christbômm, so a schiina Bômm müeß hea.

    An eigne Bômm zum schlage, isch fr d'Oberstdoarfar z'schwär

    allui weg dr Genehmigung und em Strôßeverkehr.

    Dô isch es doch viel besser, was a jeda glei verstôht,

    wenn ma sich dean Bômm per Schweartransport huimbringe lôtt

    Bis so a Bômm ins Allgäu kutt, des wierd frei gônz schie tiir.

    Meahr als zwuinzgdöüset Euro zahlsch dô mindeschtens drfier

    De Oberstdoarfar Gmuindsrôt heart ma dôzüe scheint's bloß sa:

    „Bei iisre Hüffe Schulda kutt's off des numma druff a.

    Mir händ ietz

    So a schiina Christbômm, so was schiines hôt ma no idd gseah

    So a schiina Christbômm, so a schieia Bômm müeß hea.

    Umweltpolitisch war die gônz Aktion idd optimal,

    die Ökobilanz i deam Fall wirkle katastrophal.

    Doch dea Ingwônd isch de Oberstdoarfar scheinbar glii

    se stôndet sich ietz volla Stolz voar iiran Christbômm hii.

    So a schiina Christbômm, so was schiines hôt ma no idd gseah

    So a schiina Christbômm, du denn miessetr môl seah.

    De Rescht vom Allgäu langt se weg deam Chrischtbômm a de Grind,

    was die Oberstdoarfar doch fr wilde Hünd denn sind.

    Se denket uifach ônderscht wie de Rescht vo iisam Lônd

    drum lobet mir ietz d`Oberstdoarfar und iiran Chrischtbômm mitanônd.

    So a schiina Christbômm, so was schiines hôt ma no idd gseah

    So a schiina Christbômm, so was wie uib gidd's kui zweitsmôl meah.

    (Übersetzung: Brücht jetz koiner me ..., :-)

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