650 Stellen, die bei Bosch im Allgäu gestrichen werden - ist das erst der Anfang? Die Branche der Automobilzulieferer ist in der Region stark vertreten. Sie beschäftigt hier Tausende Menschen. Und kämpft mit einer Reihe von Schwierigkeiten.
„Die Branche im Allgäu steht unter Druck“
Unter Druck: „Insgesamt steht die Branche auch im Allgäu unter Druck“, sagt Niklas Gouverneur von der IHK Schwaben. „Ein flächendeckender Stellenabbau in der Branche lässt sich aktuell nicht feststellen, jedoch bleibt das Risiko real.“ Wenn der Kostendruck nicht nachlasse, sei weiterer Personalabbau nicht auszuschließen. „Die genaue Dimension lässt sich derzeit nicht quantifizieren.“
Wodurch entsteht dieser Kostendruck? Gouverneur: hohe Energiekosten, anhaltender Preisdruck in den Lieferketten, Unsicherheiten durch politische Entscheidungen und eine schwache Weltkonjunktur. „Diese Faktoren treffen besonders mittelständisch geprägte Zulieferbetriebe, die oft auf wenige große Kunden angewiesen sind.“
Dass es Verunsicherung in der Autobranche im Allgäu gibt, zeigt das Beispiel eines mittelständischen Unternehmens. Auf unsere Fragen schreibt es: „Derzeit geben wir keine internen Informationen bekannt und äußern uns nicht zu laufenden Planungen.“

Hohes Maß an Anpassungsbereitschaft im Allgäu
Wie Allgäuer Unternehmen reagieren: Viele Betriebe suchten derzeit intensiv nach Lösungen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und sich technologisch breiter aufzustellen, sagt Gouverneur. „In den Allgäuer Standorten zeigt sich ein hohes Maß an Anpassungsbereitschaft.“ Es gehe darum, Prozesse effizienter und digitaler zu gestalten, neue Produktionsverfahren einzuführen. Einige Betriebe prüften auch, ob es möglich ist, zusätzlich Produkte für andere industrielle Bereiche zu fertigen, etwa für den Maschinenbau, die Elektrotechnik oder in nachhaltigen Technologien.
Konkurrenz aus China als Chance: In der Branche der Autozulieferer sorgen sich viele Unternehmen vor der Konkurrenz aus China, die nach Europa drängt. Aumovio aus Lindau geht es nach Angaben einer Sprecherin nicht so. Dieser Autozulieferer gehörte bis zum Frühjahr zu Continental, ist seitdem selbstständig und beschäftigt 600 Mitarbeiter in Lindau.
China ist nicht nur Bedrohung, sondern auch eine Chance
Mit vielen Projekten habe das Unternehmen „bewiesen, dass wir die Anforderungen unserer chinesischen Kunden erfüllen. So kommt bereits heute ein bedeutender Teil unserer Aufträge von chinesischen Fahrzeugherstellern“. Im Wachstum der asiatischen Automobilindustrie sieht das Unternehmen also vor allem eine Chance.
Wie können Zulieferer bestehen? „Wettbewerbsfähigkeit und Geschwindigkeit sind das A und O, um im internationalen Marktumfeld und vor allem bei chinesischen Fahrzeugherstellern erfolgreich zu sein“, heißt es bei Aumovio. Bei Grob in Mindelheim wird es so gesehen: „Die deutschen und europäischen Automobilhersteller sollten gemeinsam mit ihren Zulieferern und Anlagenbauern an einem Strang ziehen“, um wieder aus dem Tal herauszukommen. Im Grob-Werk arbeiten 6100 Mitarbeiter. „Aktuell gibt es keinen Anlass für uns, einen Stellenabbau in Erwägung zu ziehen.“
Breiter aufstellen, nicht nur Autohersteller beliefern
Das Unternehmen ist breit aufgestellt. Es beliefert nicht nur die Autobranche, sondern unter anderem auch die Luft- und Raumfahrtindustrie, den Maschinenbau und die Medizintechnik. „Im Branchenvergleich geht es uns relativ gut, doch die schwache Nachfrage der Automobilindustrie ist auch für uns spürbar – viele Projekte verzögern sich oder werden verschoben.“ Indem Grob aber die Effizienz steigere und alle Abläufe digitalisiere, könne das Unternehmen „den Marktanforderungen bisher sehr gut folgen“.

Situation auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote im Allgäu lag im September unverändert bei 3,1 Prozent. Die übliche Herbstbelebung blieb aus, teilt die Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen mit. Die wirtschaftliche Flaute und die Konjunkturschwäche würden auch im Allgäu zunehmend spürbar. Allerdings stehe die Region weiterhin vergleichsweise gut da. Bundesweit beträgt die Arbeitslosenquote 6,3 Prozent. Die meisten Beschäftigten gibt es im „verarbeitenden Gewerbe“, worunter auch die Autobranche zählt. 90.000 Arbeitnehmer wurden dort 2023 im Allgäu gezählt.
Wer jetzt seinen Job verliert, der ...
„Wer jetzt seinen Job als Fachkraft in der Autobranche verliert, der hat nach wie vor gute Chancen, in einer anderen Branche unterzukommen“, sagt eine Sprecherin. So hätten Rüstungsbetriebe volle Auftragsbücher. Auch in anderen Bereichen gibt es Firmen, die händeringend suchen. Beispielsweise die Hans Hundegger AG mit 600 Mitarbeitern allein in Hawangen (Unterallgäu). Sie stellt vollautomatische Maschinen für Holzbau-Betriebe her. „Holzbau boomt“, sagt Gründer Hans Hundegger. Deshalb sucht das Unternehmen Bewerber für zahlreiche Stellen, zum Beispiel im Bereich IT oder in der Servicetechnik.
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