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Tafeln im Allgäu: Weniger Spenden, größerer Andrang

Tafeln im Allgäu

Weniger Spenden, mehr Andrang: Bei den Tafeln im Allgäu ist die Lage angespannt

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    Alle Hände voll zu tun haben die unermüdlichen Helfer der Allgäuer Tafeln, wie hier in Kempten.
    Alle Hände voll zu tun haben die unermüdlichen Helfer der Allgäuer Tafeln, wie hier in Kempten. Foto: Ralf Lienert

    Sie sammeln Lebensmittel im Handel, bei Herstellern und teils auch von Privatpersonen - und verteilen sie an Bedürftige. Die Tafeln werden angesichts gestiegener Preise und Inflation für immer mehr Menschen im Allgäu zur Anlaufstation. Zugleich gibt es weniger gespendete Lebensmittel. Das führt dazu, dass teils Öffnungszeiten verkürzt werden oder es sogar zu Aufnahmestopps kommt. "Wir befinden uns im Dauerkrisenmodus. Das muss man leider so sagen", sagt Harald Thomas, Geschäftsführer der Caritas Lindau, die Tafeln in Lindau und Lindenberg betreibt.

    Gegen Vorlage einer Bezugsberechtigung, wie Rentenbescheid oder Bescheid über Arbeitslosengeld II, erhalten Bedürftige eine Karte, die beim Einkauf zusammen mit dem Personalausweis vorgelegt wird. Aufgrund des hohen Andrangs ist das Angebot seit Sommer eingeschränkt: Nur noch an maximal zwei Tagen (Lindau) oder nur noch an einem Tag (Lindenberg) pro Woche können sich Kartenbesitzer mit Lebensmitteln versorgen. Aktuell sind für beide Tafeln zusammengerechnet 260 Ausweise vergeben. Mehr sei nicht möglich.

    "Armut in Deutschland nimmt zu - und das spürbar"

    "Wir haben einen Aufnahmestopp eingeführt." Die Zahl der gespendeten Lebensmittel ist nämlich rückläufig: Supermärkte oder Discounter würden heutzutage deutlich besser disponieren. "Dass weniger Lebensmittel weggeschmissen werden, ist grundsätzlich das richtige Signal. Die Tafeln trifft das allerdings negativ", sagt Thomas. An jeder dritten von mehr als 970 Tafel in Deutschland gibt es mittlerweile Aufnahmestopps oder Wartelisten.

    "Armut in Deutschland nimmt zu - und das spürbar", sagte der Vorsitzende des Dachverbandes Tafel vor Kurzem der Nachrichtenagentur dpa. Das bekommen auch die regionalen Tafeln zu spüren. Rentnerinnen und Rentner, Alleinerziehende oder Arbeitnehmer aus dem Niedriglohn-Sektor zählen genauso zu den Nutzern wie Flüchtlinge.

    (Lesen Sie auch: Hilfe für die Tafel Lindenberg: Schüler kochen für Bedürftige)

    Mehr Andrang bei den Tafeln im Allgäu seit Beginn des Krieges 2022

    Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Lage weiter verschärft. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 meldeten die Tafeln im Durchschnitt 50 Prozent mehr Kundinnen und Kunden. So beispielsweise auch die in Memmingen. "Die Zahl der Berechtigten ist bei uns um fast die Hälfte gestiegen", sagt Helmut Gunderlach, Geschäftsführer des Katholischen Vereins für Soziale Dienste Memmingen und Unterallgäu (SKM).

    Vom SKM sind derzeit etwa 420 Berechtigungskarten im Umlauf, damit werden rund 980 Personen versorgt – so viele wie noch nie. Bewährt habe sich bei der Memminger Tafel ein neues System: Für die drei Verkaufsnachmittage werden fixe Termine im Viertelstundentakt vergeben. Zwischen jedem Einkauf vergehen etwa zwei Wochen.

    Tafel in Memmingen: "Einsatz der Helferinnen und Helfer kann nicht hoch genug geschätzt werden"

    Zudem gebe es rund 100 Personen, die zwar keine Berechtigungskarte haben, die aber dennoch von der Tafel profitieren. Sie bekämen alle sechs Wochen einen Warengutschein. Der Einsatz der 25 Helferinnen und Helfer könne gar nicht hoch genug geschätzt werden. Sie seien immer stärker gefordert, für Harmonie und Besonnenheit zu sorgen, so Gunderlach.

    Gerade die ukrainischen Flüchtlinge würden teils neidvoll betrachtet. Zum Beispiel von jenen russischen Spätaussiedlern, die ebenfalls auf die Tafel angewiesen sind. "Es ist ganz wichtig, dass alle Seiten miteinander im Gespräch bleiben."

    (Lesen Sie auch: Die Tafel in Memmingen besteht seit 25 Jahren – wie hat sie sich gewandelt?)

    Bei den Supermärkten bleibt weniger für die Tafeln übrig

    Schwieriger ist die Lage auch bei den Tafeln in Kempten: "Die Supermarktketten kalkulieren besser", sagte BRK-Tafelkoordinator Markus Wille kürzlich in einem Interview mit allgäu.tv. "De facto bleibt weniger übrig."

    Vor diesem Hintergrund würden Aktionen, beispielsweise in Schulen oder Kindergärten, an Bedeutung gewinnen. Oder die Aktion "Eins mehr" bei der Kunden eines Lebensmittelmarktes am Eingang gebeten werden, beim Einkauf ein Produkt zusätzlich zu kaufen und dieses am Ausgang in Kisten der Tafel zu legen.

    Etwas Aufschwung hat zuletzt die Buchloer Tafel bekommen. Die Einrichtung erhielt in den vergangenen Monaten immer weniger Spenden, wie Leiterin Barbara Gabrys berichtet, doch nach einem Artikel unserer Lokalredaktion in Buchloe über die missliche Lage der Tafel zeigten einige Buchloerinnen und Buchloer „echt Nächstenliebe“ und spendeten mehrere Hundert Euro. Auch die Lebensmittelabgaben nahmen jüngst wieder zu. „Dafür sind wir wirklich sehr dankbar“, sagt Gabrys, die auch künftig auf Unterstützung durch die Bevölkerung hofft.

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