Rund 30 000 Sterbebilder dürften es wohl sein, die der Schwangauer Diakon Wolfgang Broedner in gut 30 Jahren gesammelt hat. Es sind Dokumente aus mehreren Jahrhunderten, die Geschichten von Persönlichkeiten erzählen, die aus Schwangau stammen, aber auch aus Nicaragua, Spanien, Italien, England oder Luxemburg.
Einige haben durch tragische Unglücke den Tod gefunden oder sind gar im Krieg gefallen, andere sind ihr Leben lang ihrem Beruf nachgegangen. In Broedners Sammlung finden sich aber auch Namen von großen Persönlichkeiten von Queen Mum über Niki Lauda und John F. Kennedy bis hin zu Papst Johannes Paul II.
Im März werden ausgesuchte Teile dieser großen Sammlung zum ersten Mal im Rahmen einer kleinen Ausstellung in der neu gestalteten Aussegnungshalle in Schwangau-Waltenhofen öffentlich gezeigt.
"Es sind Zeitdokumente, die einiges über die Menschen erzählen"
Unzählige Stunden hat Wolfgang Broedner in den vergangenen Jahren in sein eher ungewöhnliches Hobby investiert, um alle Sterbebilder zusammenzutragen, sie nach Jahrgängen zu sortieren und sorgfältig zu archivieren. Als Diakon hat er eine eigene Sicht auf das Thema Beerdigungen und den Tod. Als ungewöhnlich empfindet er sein Hobby deswegen nicht wirklich. „Es sind Zeitdokumente, die einiges über die Menschen erzählen“, sagt er.
Die "Totenzettel" haben ihre Ursprünge im 17. Jahrhundert
Das Brauchtum der sogenannten Totenzettel hat sich ursprünglich im 17. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Belgiens und der Niederlande entwickelt. Erste handgeschriebene Totenzettel wurden damals vornehmlich zum Gedenken an katholische Geistliche und den Adel angefertigt. Aus dem Jahr 1670 sind bereits gedruckte Totenzettel aus Amsterdam bekannt. Ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Brauch dann auch über die Grenzen hinaus in Gebiete Europas, deren Bevölkerung überwiegend dem katholischen Glauben angehörte. Mit den Totenbildern wollte man vor allem gefallene männliche Angehörige ehren und ihrer gedenken. Die einfachen oder gefalteten Zettel, die auch heute noch meist im Rahmen des Requiems an die Trauergäste verteilt werden, enthalten gewöhnlich die wichtigsten Lebensdaten eines Verstorbenen, verbunden mit einem Erinnerungsfoto und einem Sinnspruch.
Angefangen hat seine Sammelleidenschaft im Jahr 1989. „Daran erinnere ich mich noch ganz genau“, sagt Broedner, der für die Gemeinde Schwangau auch als Archivar tätig ist. Eine ältere Dame brachte ihm damals ein ganzes Paket vorbei. „Ich habe mir diese alten Bilder und die Lebensdaten der Verstorbenen mit großem Interesse angesehen und mir gedacht, dass es viel zu schade wäre, wenn diese Erinnerungen verschwinden würden. Schließlich gehört das auch zur Dorfgeschichte.“
Heute hat er 60 Alben voller Sterbebilder
So habe sich diese Leidenschaft bei ihm immer mehr entwickelt, „ich war auf vielen Flohmärkten und habe in Zeitschriften inseriert, war sogar auf Auktionen und so wurden es mit der Zeit immer mehr.“
So fing Broedner an, verschiedene Ordner anzulegen. Heute sind es etwa 60 Alben, die er in seiner Wohnung aufbewahrt, zeitlich geordnet. „Allein aus der eigenen Gemeinde habe ich rund 2500 Bilder aus 150 Jahren gesammelt, beginnend im Jahr 1855. Das älteste zivile Sterbebild stammt aus dem Jahr 1779“, erzählt der Diakon und ergänzt, dass er mit zivil normale Sterbliche meine. „Ich habe aber auch noch eins von 1705 von Kaiser Leopold I.
In der Zeit konnten sich nur die wirklich gut betuchten oder Adligen so etwas wie ein Sterbebild leisten, Fotos der Verstorbenen kamen erst ab den 50er Jahren dazu.“ Für große bekannte Namen wie Lady Diana, Roy Black, Rudolph Moshammer oder Peter Alexander hat Wolfgang Broedner ein eigenes dickes Album angelegt. Auch Könige, Päpste, Bischöfe und Staatsmänner sind darunter. Es sind Erinnerungen an viele prominente Persönlichkeiten, von Bundeskanzler Konrad Adenauer, dem slowenischen Komponisten Slavko Avsenik über Entertainer Udo Jürgens und Skilegende Toni Sailer bis hin zu Schauspieler und Pumucklstimme Hans Clarin oder Ordensschwester und Missionarin Mutter Theresa.
Das Sterbebild des "Kini" fehlt im Original
Zu gerne wäre Broedner natürlich auch im Besitz des originalen Sterbebildes von König Ludwig II., das er leider nur als Kopie besitzt. „Das Original hat man mir vor einigen Jahren auf einer Auktion quasi vor der Nase weggeschnappt.“ Zwei weitere Sterbebilder fehlen ihm auch noch in seiner Sammlung. „Andreas Hofer und Charles de Gaulle“, sagt er. „Hofer war ein Freiheitskämpfer und de Gaulle eine der größten Persönlichkeiten der Neuzeit.“
Bei einer kleinen Ausstellung werden große Teile dieser wertvollen und seltenen Sterbebildersammlung nun erstmalig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einheimische und Gäste haben so die Möglichkeit, an allen Wochenenden im März die verschiedenen Ordner, die abwechselnd einzeln ausgelegt werden, durchzublättern.
Die Sterbebilder sind in der neu gestalteten Aussegnungshalle im Schwangauer Ortsteil Waltenhofen zu sehen. Geöffnet hat die Ausstellung samstags und sonntags im März jeweils von 10 bis 17 Uhr.