Nach einer Bluttat wie der von Aschaffenburg beherrschen die Lauten die öffentliche Debatte, und am lautesten sind die Zornigen, die Zuspitzer, die Vereinfacher und die Spalter. Sie schaden jeder Debatte, vor allem verstören sie die Trauernden. Die Angehörigen der Opfer von Aschaffenburg mussten miterleben, wie nach routinierten Mitleidsbekundungen umgehend ein migrationspolitisches Überbietungs- und Schuldzuweisungsspiel einsetzte. Wie der Rechtsextreme Höcke und weitere Funktionäre seiner Partei in ihrer Stadt eine beschämende und schamlose Selbstinszenierung darboten.
Nach einer so fassungslos machenden Messerattacke, die noch dazu den laufenden Bundestagswahlkampf und politische Entscheidungen beeinflusst, müsste so einiges geschehen – auch und gerade müsste es weniger Gelärme geben.
„Die“ Politik ist nicht zu einem gemeinsamen Handeln fähig
Zumindest ein Moment des Innehaltens war am Sonntag der ökumenische Trauergottesdienst für die Opfer eines wohl psychisch kranken und ausreisepflichtigen Asylbewerbers, der am helllichten Tag in einem Aschaffenburger Park ein zweijähriges Kind und einen 41-jährigen Mann tötete. Die evangelische Landeskirche hatte am Freitag per Pressemitteilung auf die Gedenkveranstaltung samt Gottesdienst hingewiesen: Sie sei eine Einladung an alle, innezuhalten. Und ein „Symbol für das, was in diesen schweren Stunden am wichtigsten ist: Mitgefühl, Zusammenhalt und die Hoffnung auf ein friedliches Miteinander auch über alle kulturellen und religiösen Grenzen hinweg“. Das ist der richtige Ton.
Am Sonntag erinnerten unter anderem der evangelische Landesbischof Christian Kopp, der Aschaffenburger Oberbürgermeister sowie der Vertreter der islamischen Glaubensgemeinschaft Ahmadiyya, zu der das getötete Kind gehörte, an das Zusammenstehen der Bevölkerung nach der Tat. Die Aschaffenburger Bevölkerung hatte sich auch gegen Höcke gestellt. Ihr Zusammenstehen zeige, so Kopp, dass sie sich nicht auseinanderdividieren lasse – weil es jetzt nötiger sei denn je, gemeinsam durch diese dunklen Stunden zu gehen. „Die“ Politik ist zu dieser Gemeinsamkeit ganz offensichtlich nicht fähig.
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