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Nach Angriff in Aschaffenburg: „Wenn die Politik jetzt nicht handelt, ist ihr nicht mehr zu helfen“

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Wenn die Politik jetzt nicht handelt, ist ihr nicht mehr zu helfen

Peter Müller
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    Bundeskanzler Olaf Scholz (M) bespricht sich nach dem Messerangriff von Aschaffenburg mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (2.v.r) und Vertretern der Sicherheitsbehörden, Jürgen Peters (l), Vizepräsident BKA,  Hans Georg Engelke (2.v.l), Staatssekretär im BMI.
    Bundeskanzler Olaf Scholz (M) bespricht sich nach dem Messerangriff von Aschaffenburg mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (2.v.r) und Vertretern der Sicherheitsbehörden, Jürgen Peters (l), Vizepräsident BKA, Hans Georg Engelke (2.v.l), Staatssekretär im BMI. Foto: Jesco Denzel, BPA/dpa

    Fast schien es, als wollte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz Donald Trump imitieren, als er bereits am Morgen nach dem grauenhaften Messeranschlag von Aschaffenburg vor die Presse trat. Ab dem ersten Tag als Kanzler will Merz nun an allen Grenzen Kontrollen einführen und ein faktischer Einreiseverbot für alle, die nicht über gültige Dokumente verfügen. All das will Merz mit seiner künftigen Richtlinienkompetenz durchsetzen, unabhängig vom Koalitionspartner.

    Ähnlich markig hatte Trump vor wenigen Tagen mit seiner handtellergroßen Unterschrift unter präsidentielle Dekrete drastische Verschärfungen der Flüchtlingspolitik in Gang gesetzt – nur wenige Stunden nach seiner Amtseinführung. Notstand an der Grenze zu Mexiko, mehr Soldaten am Grenzzaun, all das sollte Entschlossenheit demonstrieren. Sogar eine App für Asylgesuche wurde auf Geheiß des Präsidenten blockiert.

    Merz fordert Grenzkontrollen nach Messerangriff in Aschaffenburg

    So entschlossen wie Trump soll nun auch die deutsche Politik auf Aschaffenburg reagieren, so wünschen es sich viele. Der Ruf nach der starken Hand, der starken Regierung, selten war er stärker als heute, nach Aschaffenburg. Ein Kitaausflug endet mit Tod eines Zweijährigen und eines Passanten, der den Täter stoppen wollte. Wieder, wie in Solingen und Mannheim, war ein Messer die Tatwaffe. Wieder, wie schon beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg, handelte es sich um einen psychisch gestörten Ausländer, der den Behörden bestens bekannt war. Wieder hätte der Mann Deutschland längst verlassen müssen. Und wieder setzten die Behörden geltendes Recht nicht durch.

    All das ist Gift für den Bundestagswahlkampf. Auf einen Moment des Innehaltens, des Gedenkens an die Opfer, darunter ein Zweijähriger marokkanischer Abstammung, mag man gar nicht mehr hoffen. Aber die Geschwindigkeit, mit der die in weiten Teilen rechtsextreme AfD die Toten umgehend instrumentalisiert, um beim Wähler zu punkten („Remigration jetzt“), lässt den Atem stocken. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die AfD auch dann profitieren würde, wenn sie einfach gar nichts täte. Der Grund dafür, man muss es so hart sagen, liegt am jahrelangen Unvermögen der Regierenden in Bund und Land, Migration sinnvoll zu steuern, ausreisepflichtige Täter rasch abzuschieben und psychologisch auffällige Flüchtlinge engmaschig zu betreuen.

    Die Integration von Asylbewerbern gelingt nicht ausreichend

    Sicher, all das ist leichter gesagt als getan. Die Rechtswege sind kompliziert und ziehen sich, so dass trotz vermehrter Abschiebungen so mancher schon bald wieder in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber sitzt. Dazu kommt, dass die Anstrengungen die Zahl der Migranten zu reduzieren, nicht ohne Erfolg sind. Das EU-Abkommen mit Tunesien und ja, auch Giorgia Melonis harsche Flüchtlingspolitik in Italien, zeigten zuletzt eine gewisse Wirkung. Ob das allerdings so bleibt, wenn die gefährliche Mittelmeerroute im Sommer wieder befahrbarer wird, kann heute niemand sagen.

    Klar ist indes, dass die Integration der in Deutschland lebenden Asylbewerber nicht ausreichend gelingt. Auch das zeigt Aschaffenburg - erneut. Der Terrorforscher Peter Neumann hat Recht: Entweder, so schreibt er, wir sagen, „wir schaffen das“. Dann müssen wir die Ressourcen für Integration im großen Umfang erhöhen. Oder wir gestehen uns ein, „wir schaffen das nicht“. Dann müssen die Zahlen der nach Deutschland kommenden Migranten weiter sinken und das europäische Asylsystem vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Das ist dann in der Tat eine Entscheidung, die die neue Bundesregierung besser schnell treffen sollte. 

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