Einen Tag nach der schrecklichen Gewalttat im fränkischen Aschaffenburg steht die Suche nach dem Tatmotiv im Fokus der Ermittler. Nachdem der mutmaßliche Täter am Donnerstagnachmittag einem Haftrichter vorgeführt worden war, wurde später eine einstweilige Unterbringung des Verdächtigen in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, wie dpa und Bild berichten. Die Frage nach der Schuldfähigkeit des Verdächtigen zur Tatzeit dürfte die Ermittlerweiter beschäftigen. Zudem müssen sich Behörden Fragen dazu gefallen lassen, warum der ausreisepflichtige mutmaßliche Täter noch in Deutschland war. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nahm nun zum ersten Mal Stellung dazu - auch Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich.
Der womöglich psychisch labile Afghane soll am Mittwochmittag in einem Park zwischen Bahnhof und Innenstadt zwei Menschen mit einem Messer getötet haben. Darunter war auch ein zweijähriger Junge, wie ein Polizeisprecher des Präsidiums Unterfranken der Mainpost bestätigte. Bei dem Messer-Angriff starb neben dem Kleinkind ein 41-jähriger Mann. Die Polizei nahm bereits kurz nach der Tat einen Verdächtigen fest, der sich nun in Gewahrsam befindet. Nach der Festnahme des Einzeltäters habe keine weitere Gefahr für die Öffentlichkeit mehr bestanden, heißt es.
3000 Menschen gedenken in Aschaffenburger Park, am Sonntag folgt eine Trauerbeflaggung
Mehrere Tausend Menschen haben in Aschaffenburg der Opfer der tödlichen Messerattacke gedacht. Rund 3000 Menschen kamen nach Polizeiangaben am frühen Abend in dem Park zusammen, in dem der kleine Junge und der Mann mit Messerstichen getötet worden waren. Es sei tatsächlich das angekündigte „stille Gedenken“ gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. Vorkommnisse habe es nicht gegeben.
Ministerpräsident Markus Söder ordnete zudem für Sonntag, 26. Januar 2025, eine landesweite Trauerbeflaggung an, teilte die Bayerische Staatsregierung am Freitag mit. Er sagte: „Die Gewalttat von Aschaffenburg ist unfassbar und schockierend. Bayern zeigt Solidarität. Wir trauern mit den Angehörigen und beten für die Opfer und die Verletzten.“
Messerattacke in Aschaffenburg: Tatverdächtiger wegen verstrichener Frist nicht abgeschoben
Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sei der mutmaßliche Täter unter anderem wegen einer verstrichenen Frist nicht abgeschoben worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe den Asylantrag des Mannes zwar am 19. Juni 2023 abgelehnt und nach den Regeln des Dublin-Verfahrens eine Abschiebung nach Bulgarien angeordnet, sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in München.

Das Bamf habe zwar den Afghanen über die Abschiebung informiert, aber „aufgrund welcher Fehler und Probleme auch immer“ erst am 26. Juli die bayerischen Ausländerbehörden - wenige Tage vor Ablauf der Frist für eine solche Abschiebung. „Es ist offenkundig, dass, wenn eine bayerische Behörde am 26. Juli davon erfährt, dass jemand jetzt ausgewiesen werden soll in ein anderes Land, nicht innerhalb von sechs Tagen eine derartige Rückführung organisiert werden kann - noch dazu, wenn das völlig unvorbereitet entsprechend kommt“, sagte Herrmann. Nach der ausgebliebenen Abschiebung sei das Asylverfahren beim Bamf gelegen, das nicht darüber entschieden habe - bis der Verdächtige im Dezember 2024 selbst ankündigte, nach Afghanistan ausreisen zu wollen.
Gewerkschaft der Polizei: „Die Attacke hätte verhindert werden können“
Die Gewerkschaft der Polizei fordert nach dem Angriff in Aschaffenburg, mehr in die Sicherheit Deutschlands zu investieren. Sei es durch mehr Kompetenzen für die Polizei, eine verbesserte technische Ausstattung und den sinnvollen Einsatz KI-basierter Systeme. Auch spricht sie sich für mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum aus, eine bessere Vernetzung der Polizeien der Länder und des Bundes sowie mehr Personal. „Wenn jetzt nicht in die Innere Sicherheit ähnlich wie bei der Bundeswehr investiert wird, dann wars das mit der Inneren Sicherheit und die Bevölkerung wird es ausbaden“, sagt der Landesvorsitzende der GdP, Florian Leitner.
Außerdem teilt Leitner mit, dass es einen ehrlicheren Umgang mit dem Thema Migration über politische Ideologien hinweg brauche. „Die Messerattacke hätte verhindert werden können, wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, uns intensiv mit dem drogenabhängigen und psychisch auffälligen Täter beschäftigen zu können und konsequente Abschiebungen möglich wären“, ist er als Sprecher der Gewerkschaft der Meinung. Um die Bevölkerung besser zu schützen, brauche es daher eine Begrenzung der illegalen Migration.
Scholz sieht Versäumnisse in Bayern
Bundeskanzler Olaf Scholz warf dagegen den bayerischen Behörden Versäumnisse bei der Umsetzung bestehender Asylregeln vor. „Es gibt offensichtlich Vollzugsdefizite, insbesondere in diesem Fall bei den bayerischen Behörden, die ein großes Problem sind“, sagte er am Rande einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Erfurt.
Er verwies darauf, dass die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen habe, um Abschiebungen zu erleichtern. „Die Regierung wird alles dafür tun, dass wir den Kurs fortsetzen, den wir eingeschlagen haben“, so der Kanzler. „Aber es gibt erkennbar ein erhebliches Vollzugsdefizit. Und deshalb muss es jetzt aufhören, dass nicht alle alles tun dafür, dass man diejenigen, die nicht hier bleiben können, hier nicht auch zurückführt.“
Herrmann zu mutmaßlichem Täter: Bayerische Behörden „völlig unvorbereitet“
Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 28-jährigen Mann mit afghanischer Nationalität, wohnhaft in einem Asylantenheim. Der getötete kleine Junge war marokkanischer Herkunft.
Laut Zeugenaussagen soll der Festgenommene in dem Park auf eine Gruppe von etwa einem halben Dutzend kleinen Kindern einer Kinderkrippe samt Erzieherinnen losgegangen sein. Nach Angaben einer Zeugin soll ein Mann „mit einem Kind auf dem Arm“ noch versucht haben, den Angreifer abzuwehren. Dabei erlitt der 41-jährige Deutsche jedoch dann selbst schwere Stichverletzungen, an denen er laut Polizei letztlich starb.
Täter von Aschaffenburg mehrmals auffällig – 41-Jähriger opferte sein Leben
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) reiste am Tattag nachmittags nach Aschaffenburg und sprach von „großer Betroffenheit“. Der Politiker gab weitere Details über den Tatverdächtigen bekannt. Dieser sei in der Vergangenheit bereits dreimal auffällig gewesen und daraufhin psychiatrisch behandelt worden. Der Mann reiste Ende 2022 nach Deutschland ein und stellte in der Folge einen Asylantrag. Hinweise auf eine radikale islamistische Gesinnung gebe es nicht, die Ermittlungen fokussieren sich auf dessen psychische Probleme.
Worauf Herrmann und auch Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach hinwiesen: Der gestorbene 41-Jährige habe durch sein Eingreifen vermutlich den Tod weiterer Kinder verhindert, dies jedoch mit seinem eigenen Leben bezahlt. Unter den Verletzten der Messerattacke befindet sich ein weiteres Kleinkind, ein zweijähriges Mädchen mit syrischer Herkunft sowie ein 72-Jähriger. Zudem befinde sich eine 59-jährige Erzieherin mit gebrochenem Arm im Krankenhaus. Alle Verletzten seien mittlerweile außer Lebensgefahr.
Kanzlerkandidat Friedrich Merz gibt Statement zu tödlichem Angriff
Falls CDU-Chef Friedrich Merz der nächste Bundeskanzler wird, will er ein „faktisches Einreiseverbot“ für illegale Einwanderer erlassen, berichtet die Bild. Merz hatte angesichts des tödlichen Angriffs in Aschaffenburg eine Pressekonferenz am Donnerstag einberufen. Das Einreiseverbot will er ohne Kompromisse durchsetzen, egal wer mit ihm regieren sollte, habe er gesagt. Ganz im Stil des US-Präsidenten Donald Trump wolle er das Verbot bereits an seinem ersten Tag im Amt erlassen.

Außerdem soll er gesagt haben, dass er nicht bereit sei, diese „völlig enthemmter Brutalität“ wie sie in Aschaffenburg geschehen war, zu akzeptieren. Deutschland müsse von seinem Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen.
Markus Söder und Joachim Herrmann geben Pressekonferenz nach Aschaffenburg
Der bayerische CSU-Chef Markus Söder gab ebenfalls eine kurzfristig einberufene Pressekonferenz zum Angriff in Aschaffenburg. Söder werde am kommenden Sonntag zum Gedenktag vor Ort sein, berichtete er. „Der Mord an einem kleinen Kind, ist das schäbigste und ekligste Verbrechen, dass man sich vorstellen kann“, sagte er. Auch lasse ihn der Mord an einem Mann, der Zivilcourage zeigte, fassungslos zurück. Ihm solle posthum die bayerische Rettungsmedaille verliehen werden, als Zeichen der Anerkennung seiner Tat.
Künftig müsse sich auf bundespolitischer Ebene etwas ändern, so Söder, der am selben Strang zieht wie Friedrich Merz zuvor. Vorfälle wie in Aschaffenburg seien keine Zufälle, sondern Folgen einer jahrelangen falschen Migrationspolitik. „Es ist überfällig, dass sich in Deutschland etwas ändert“, sagte er. Für den Fall, dass Friedrich Merz Kanzler wird, soll es künftig eine Null-Toleranz- sowie Null-Kompromiss-Politik beim Thema Migration geben. Derzeit passiere vonseiten der Bundespolitik zu wenig, es werde zu halbherzig agiert, sagte Söder.
Messerattacke in Aschaffenburg: Polizei bittet um Hinweise
Es sollten laut Söder künftig weniger Menschen ins Land kommen und mehr raus aus dem Land geschickt werden. Er sprach sich dafür aus, dass die Bayerische Grenzpolizei künftig das Recht der Zurückweisung erhalten soll. Es soll außerdem einen Visa-Stopp geben, zudem müsse das Asylgrundrecht überarbeitet werden. Deutschland soll künftig selbst entscheiden dürfen, wie viele Menschen integriert werden. An Flughäfen soll es zudem nationale Ausreisezentren geben.
Die Kriminalpolizei Aschaffenburg führt die Ermittlungen und bittet die Bevölkerung um weitere Hinweise, auch unter der Telefonnummer 06021-8571733. In einer 2024 veröffentlichten Kriminalstatistik belegte Aschaffenburg Platz acht unter Bayerns sicherste Städten. (mit dpa)
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