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Felßner doch nicht Landwirtschaftsminister: So platzte der Coup

Landwirtschaft

„Drohungen und Diffamierungen“: Wie der Coup mit Günther Felßner platzte

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    Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands und Wunschkandidat von CSU-Chef Söder, will nicht Bundesagrarminister werden.
    Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands und Wunschkandidat von CSU-Chef Söder, will nicht Bundesagrarminister werden. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Es war der Überraschungscoup der CSU, eine Personalie, die von Anfang an reichlich umstritten war: Dass Bayerns oberster Bauernfunktionär Günther Felßner für die Christsozialen Bundesagrarminister werden sollte, hatte Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder schon im vergangenen Jahr, weit vor der Bundestagswahl, verkündet. Kritik daran, dass er vom Amt des bayerischen Bauernpräsidenten direkt ins Agrarministerium nach Berlin wechseln wollte, ließ Felßner stets an sich abprallen. „Diese von vornherein negative Haltung ist typisch deutsch – immer erst das Problem suchen“, sagte Felßner im Dezember im Interview mit unserer Redaktion. „Dass man ein Fachministerium mit jemandem, der vom Fach ist, besetzt, könnte ja auch eine echte Chance sein, oder?“

    Nun hat ausgerechnet Söders Mann für die Bauern einen Rückzieher gemacht, obwohl er in den vergangenen Tagen noch bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin am Tisch gesessen war. Bei einer kurzfristig anberaumten Presseerklärung vor der Bauernverbandszentrale in München nannte der 58-Jährige „Drohungen, persönliche Anfeindungen und Diffamierungen“ als Grund, warum er nicht für das Amt zur Verfügung stehe.

    Mitglieder der Protestgruppierung Animal Rebellion bei ihrer Aktion auf Felßners Hof.
    Mitglieder der Protestgruppierung Animal Rebellion bei ihrer Aktion auf Felßners Hof. Foto: Animal Rebellion, dpa

    Wer verstehen will, worauf Felßner sich bezieht, muss sich die Bilder aus Günthersbühl im Nürnberger Land ansehen. Das Banner prangt riesig über dem Stalltor des Milchviehbetriebs, der Felßner Familie gehört: „Kein Tierausbeuter als Agrarminister“ steht darauf in großen Buchstaben, das Wort „Tierausbeuter“ ist blutrot unterlegt. Die Tierschutzaktivisten der Protestgruppe Animal Rebellion haben es aufgehängt, ein Video von der Aktion luden sie unter anderem auf ihrem Instagramprofil hoch.

    Felßner selbst schildert am Dienstag deutlich drastischere Szenen als die, die auf dem Video der als radikal geltenden Gruppe zu sehen sind. Während er bei den Koalitionsverhandlungen gewesen sei, sei sein Hof „von sogenannten Aktivisten teilweise vermummt“ überfallen worden. Seine Frau und ein Mitarbeiter hätten sich zu diesem Zeitpunkt im Inneren des Stalls bei den Tieren befunden. „Sie hörten von innen die Geräusche. Und die Schritte auf dem Dach. Sie mussten dann erkennen, dass das Ausgangstor des Stalles mit einer Transparentfolie versperrt war.“ Dann hätten sie bemerkt, „dass von außen Rauch von Feuer und Bengalos durch die Lüftungsgitter in den Stall eindrangen“. Seine Frau habe Angst um Leib und Leben gehabt, berichtet Felßner.

    Felßner galt im Kabinett als nahezu gesetzt

    Und dann wird der bayerische Bauernpräsident deutlich: Er sei nicht bereit, „die Sicherheit meiner Familie auf Spiel zu setzen oder den Hof und seine Tiere durch Einbrüche zu gefährden.“ Zuletzt hatte es Gerüchte gegeben, dass die Aktivisten auch heimlich Kameras auf Felßners Hof installiert hätten. Bislang hat „Animal Rebellion“ keines solcher möglicherweise existierenden Videos öffentlich gemacht.

    Felßner hatte als einziger Minister der CSU in künftigen Bundeskabinett als gesetzt gegolten. Spekulationen, wonach er im Laufe der Koalitionsverhandlungen aber an Rückhalt in der CSU-Fraktion verloren haben könnte, bezeichnete Felßner als „Schwachsinn“. Ministerpräsident Söder bedauerte in einem Statement unmittelbar nach dem von Felßner selbst dessen Rückzug und nannte ihn einen „ausgewiesenen Agrarexperten“.

    Felßner hatte die Bauernproteste angeführt

    Dabei schien über Monate alles auf Felßner als zukünftigen Agrarminister hinauszulaufen. Dass die CSU frühzeitig den Posten für sich beansprucht hatte, schien weder CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz zu stören, noch kam von Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber – die andere als geeignete Kandidatin sahen – ein Murren. Felßner, der für die CSU in Lauf an der Pegnitz im Stadtrat sitzt, sollte für die Partei Boden auf dem Land gutmachen. Schließlich schien der Diplom-Agraringenieur, der vor einem Jahr die Bauernproteste im Land angeführt hatte, der vor Traktorkolonnen gegen die Politik der Ampelregierung wetterte, geeignet, um die unzufriedenen Landwirte wieder mit der CSU zu versöhnen – so, wie damals nach dem Volksbegehren „Rettet die Bienen“.

    Tierrechts- und Umweltaktivisten feierten am Dienstag in den sozialen Netzwerken den Erfolg ihres „Protests“. Für sie ist der Bauernpräsident ein „verurteilter Umweltstraftäter“, der auf keinen Fall Minister werden dürfe. Sie beziehen sich dabei auf einen Strafbefehl gegen Felßner aus dem Jahr 2018. Damals hatte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth nach einer anonymen Anzeige gegen ihn ermittelt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er Silosickersäfte von seinem Hof in ein benachbartes Wasserschutzgebiet geleitet hatte. Wegen Boden- und Gewässerverunreinigung wurde der damalige Bauernvize zu einer Geldstrafe verurteilt.

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