Unterdessen wurden weitere Einzelheiten zum Ablauf der spektakulären Flucht bekannt. Anja Ellinger, Leiterin des Memminger und des Kemptener Gefängnisses, spricht Klartext: „Ich konnte es kaum glauben.“ Auf dem Video einer Überwachungskamera ist zu sehen, mit welcher „unglaublichen sportlichen Höchstleistung“ (Ellinger) die beiden Untersuchungshäftlinge am Sonntag die sieben Meter hohe, oben mit Stacheldraht gesicherte Gefängnismauer überwinden und ins Freie gelangen.
Sieben Meter hohe Mauer
Ihnen werden Raub- und Eigentumsdelikte in der Region vorgeworfen. Vieles spricht dafür, dass sie sich erst im Gefängnis kennengelernt haben. Ellinger will keine Einzelheiten darüber bekannt geben, wie den beiden die Flucht gelang. „Wir wollen keine Nachahmer“, sagt sie – auch nicht in anderen Gefängnissen. Die Chefin der Justizvollzugsanstalt (JVA) stellt sich ausdrücklich hinter ihre Mitarbeiter: „Keiner hat einen Fehler gemacht“, versichert sie. Und Ellinger betont immer wieder, dass die Art und Weise der Flucht in Sekundenschnelle vorher für unmöglich gehalten worden wäre.

Rückblick: Es ist Sonntagnachmittag gegen 14 Uhr, als die Memminger Häftlinge Freigang haben. Eine Stunde im Freien steht jedem Inhaftierten pro Tag zu. So will es das Gesetz und das gilt für verurteilte Straftäter genauso wie für Untersuchungshäftlinge, die auf ihren Gerichtsprozess warten.
An diesem Nachmittag drehen auch die beiden Untersuchungshäftlinge im Hof ihre Runden.
JVA-Chefin kündigt Konsequenzen an
Nach Auswertung des Videos einer Überwachungskamera hat die Memminger JVA-Leiterin Anja Ellinger Konsequenzen angekündigt.
Wie genau den Männern die spektakuläre Flucht gelungen ist, wird nicht bekanntgegeben. Es soll
keine Nachahmer
geben. Ellinger geht nach eigenen Worten davon aus, dass die beiden Männer ihre Flucht im Vorfeld geplant haben: „Eine Spontanaktion war das mit Sicherheit nicht.“
Die JVA hat „
bauliche Veränderungen
“ angekündigt, um eine derartige Flucht unmöglich zu machen. Eine bauliche Schwachstelle, die die Männer nutzten, soll bereits behoben worden sein.
Um möglichen weiteren Ausbrüchen vorzubeugen, wurden die
Sicherheitsvorkehrungen
umgehend verbessert. Jetzt sei
deutlich mehr Personal
während des Hofgangs im Einsatz sein, sagte Ellinger.
Fast noch geschnappt
Gegen 14.15 Uhr gelingt den beiden der für unmöglich gehaltene Coup: In Windeseile überwinden sie die sieben Meter hohe und mit Stacheldraht gesicherte Mauer. Einer der beiden Männer verletzt sich am Stacheldraht, ansonsten klappt die Flucht reibungslos. Mitarbeiter der JVA nehmen umgehend die Verfolgung auf, einer der Männer wird beinahe gefasst. Doch beiden flüchtigen Untersuchungshäftlingen gelingt es, zu entkommen. Nochmals gesehen werden sie von einem Passanten gegen 15 Uhr in der Memminger Innenstadt.
Die umgehend eingeleitete Fahndung der Polizei im Großraum Memmingen und besonders im Bahnhofsbereich in unmittelbarer Nähe der JVA bleibt zunächst erfolglos. Zeugen sind sich sicher, die beiden Ausbrecher am Sonntagabend in einem Memminger Lokal gesehen zu haben.
Ein Hinweis aus der Bevölkerung führt am Montag gegen 14.45 Uhr, gut 24 Stunden nach dem Ausbruch, zur Festnahme des Untersuchungshäftlings mit georgischem Pass im Außenbereich von Frickenhausen. Das Unterallgäuer Dorf liegt etwa 20 Kilometer von Memmingen entfernt.