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Drogen-Skandal bei der Polizei München: Groß-Razzia und Ermittlungen gegen 21 Polizisten

München

Drogen-Skandal bei der Polizei München: Groß-Razzia und Ermittlungen gegen 21 Polizisten

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    In München sollen Polizisten beste Kontakte in die Drogen-Szene gepflegt haben. Ob es zu einem Prozess kommt, steht noch aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Polizisten aus München und Augsburg.
    In München sollen Polizisten beste Kontakte in die Drogen-Szene gepflegt haben. Ob es zu einem Prozess kommt, steht noch aus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Polizisten aus München und Augsburg. Foto: Frank Leonhardt, dpa

    Sie sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur selbst Drogen konsumiert und sie untereinander weitergegeben haben. Mehr als 70 Ermittler des Landeskriminalamtes und 100 weitere Beamte durchsuchten am Mittwoch im Rahmen einer großen Razzia 30 Wohnungen und sieben Dienststellen in und um München, in Augsburg, Dachau, Wolfratshausen, Ebersberg und an der Hochschule der Polizei in Fürstenfeldbruck. Es sind nach Angaben einer Sprecherin die wohl umfangreichsten Ermittlungen, die die Staatsanwaltschaft jemals gegen Polizeibeamte führte.

    Ermittelt wird wegen des Verdachtes auf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Anti-Dopinggesetz. Gegen einzelne Beamte werde auch wegen des Verdachts der Verfolgung Unschuldiger oder Strafvereitelung im Amt ermittelt. Aus Sicht der Ermittlungsbehörden wiegt vor allem der Vorwurf der Verfolgung Unschuldiger schwer. Es sollen Anhaltspunkte vorliegen, dass es in einem Fall einen von den Polizisten behaupteten Widerstand gegen Polizeibeamte gar nicht gegeben hat.

    Drogen-Skandal bei der Polizei München: Kokain auf der Diensstelle abgezweigt

    In einem anderen Fall soll ein Polizist auf einer Dienststelle verwahrtes Kokain abgezweigt haben (der strafrechtliche Vorwurf lautet auf "Verwahrungsbruch") und von seinen Kollegen nicht daran gehindert worden sein - was wiederum Strafvereitelung bedeuten würde.

    Die Ermittlungen waren 2018 ins Rollen gekommen, nachdem ein mutmaßlicher Drogenhändler, der vor allem Kunden eines Münchner Nachtclubs mit Rauschmitteln versorgt haben soll, vor Gericht Vorwürfe gegen Polizisten erhoben hatte. Ursprünglich hatte der Verdacht von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sich nur gegen zwei Polizisten gerichtet, die selbst Drogen konsumiert haben sollen, dann gegen acht - nun sind es mehr als doppelt so viele: 21 Polizeibeamte auf neun Dienststellen sowie 17 weitere Personen wie Drogenhändler oder Verkäufer von Dopingmitteln stehen unter Verdacht. Einige der Polizisten sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft bereits suspendiert worden.

    Ermittlungsgruppe "Nightlife": Umfangreiche Ermittlungen gegen Kollegen

    Über Monate hinweg seien zahlreiche Durchsuchungen durchgeführt und toxikologische Gutachten eingeholt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Einer der beschuldigten Beamten verrichtet den Angaben zufolge derzeit seinen Dienst bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei, ein anderer hat vor kurzem den Dienst bei der Polizei unterbrochen, um an der Hochschule der Polizei in Fürstenfeldbruck zu studieren.

    Inzwischen laufen die Ermittlungen bei einer im Juli 2020 eingerichteten Ermittlungsgruppe "Nightlife" im LKA zusammen. Bislang sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft 20 Mobiltelefonen, rund 1,6 Millionen Chatnachrichten und mehr als eine Million Bild und Videodateien sichergestellt worden, die derzeit gesichtet werden.

    Bei den Durchsuchungen am Mittwoch wurden die bayerischen Ermittler von Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen unterstützt. "Die eingesetzten Beamten haben mehrheitlich erst kurz vor Beginn des Einsatzes von dessen Ziel und den betroffenen Objekten erfahren", teilte die Staatsanwaltschaft mit.

    Münchner Polizeipräsident fordert harte Konsequenzen

    Der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä forderte harte Konsequenzen. "Für mich ist das hier im Raum stehende Verhalten der betroffenen Polizeibeamten absolut inakzeptabel und muss, wenn sich die Vorwürfe wirklich bestätigen, mit aller gesetzlicher Härte bestraft werden", sagte er am Mittwoch. "Wir als Polizeibeamte haben durch unsere Aufgabe eine besondere Stellung in der Öffentlichkeit, die es auch stets zu achten gilt", sagte Andrä. "Es kann definitiv nicht geduldet werden, dass, wie es die bisherige Ermittlungslage vermuten lässt, wissentlich von Mitarbeitern unseres Polizeipräsidiums Straftaten verübt wurden."

    Der Skandal weckt im Allgäu Erinnerungen an die Verfehlungen des früheren Allgäuer Chef-Drogenfahnder, bei dem vor sechs Jahren 1,8 Kilogramm Kokain im Dienstschrank gefunden wurden.

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