Aufwendig geschmückte Faschingswagen rollen vorbei, kostümierte Fußgruppen führen Tänze auf und die Menschenmenge feiert ausgelassen mit. Damit ihre Umzüge gelingen, stecken Faschingsvereine im Voraus viel Arbeit in die Organisation. Dieses Jahr ist der Aufwand vielerorts weiter gestiegen. Der Grund: Wegen Attentaten, wie in Magdeburg, Aschaffenburg oder zuletzt in München, haben zahlreiche Kommunen die Sicherheitsauflagen verschärft. In Kempten sagte der Veranstalter den Gaudiwurm deshalb unerwartet ab, anderswo in der Region hoffen Vereine, dass ihr Umzug nicht noch kurzfristig platzen wird.
Faschingsumzug in Kempten abgesagt, Stadt bot finanzielle Hilfe
„Hauptverantwortlich für die Sicherheit ist der Veranstalter selbst“, teilt auf Anfrage unserer Redaktion ein Sprecher des Innenministeriums mit. Es seien vom Freistaat keine Auflagen für Faschingsumzüge vorgegeben. Konkrete Anordnungen mache demnach die Stadt- oder Gemeindeverwaltung vor Ort in Zusammenarbeit mit Fachstellen wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Denn bevor Veranstaltungen wie ein Faschingsumzug stattfinden können, muss die Kommune sie genehmigen.
In Kempten im Allgäu forderte die Stadtverwaltung dieses Jahr, dass die Zufahrten zu den Straßen, durch die Närrinen und Narren ziehen, abgesichert sein müssen. „Das können wir so kurzfristig mit so wenigen Leuten nicht umsetzen“, hieß es seitens des Veranstalters, der Faschingsgilde Rottach 97, die den Umzug einen knappen Monat vorher über Facebook absagte.
Deren Präsident Kevin Loibl sagte unserer Redaktion: „Sperren Sie mal alle Haupt- und Nebenstraßen auf der Umzugsstrecke. Das ist ein Riesenaufwand.“ Die Stadt Kempten teilte nach enttäuschten Reaktionen auf den kurzfristigen Ausfall mit, sie habe dem Verein finanzielle Unterstützung angeboten und eine alternative Route für den Gaudiwurm vorgeschlagen. Auch in Heidenheim sagten die Veranstalter den für vergangenen Samstag geplanten Fasnetumzug überraschend ab. Auslöser: Die Stadtverwaltung hat die Sicherheitsauflagen nach monatelangen Planungen kurzfristig ausgeweitet.
Weiterhin Fragezeichen um den Gaudiwurm in Landsberg am Lech
Das bayerische Innenministerium verweist auf einen unverbindlichen Leitfaden der Polizei mit dem Titel „Schutz vor Überfahrtaten“, der Kommunen helfen könne. Darin findet sich zum Beispiel eine Checkliste, mit der analysiert werden kann, wie hoch das Risiko eines derartigen Attentats für eine bestimmte Veranstaltung einzuschätzen ist. Es fließen etwa die Anzahl der Besucher, die Lage des Veranstaltungsorts und die bauliche Struktur ein. Die Polizei könne zudem ein Gefährdungslagebild erstellen, sagt ein Sprecher des Innenministeriums.
Die Menschen vor einem mutmaßlichen Attentat zu schützen, stellt dieses Jahr auch in Landsberg am Lech die Stadtverwaltung und die Faschingsgesellschaft Licaria vor große Herausforderungen. Laut Ordnungsamtsleiter Ernst Müller unterstützt das THW mit zehn Fahrzeugen inklusive Fahrern die Faschingsfreunde, um Zufahrten zu sichern. Nach dem Anschlag in München sei es aber manchem auf Veranstalterseite „nicht mehr ganz wohl“. Auch bei den Sicherheitsbehörden steige die Verunsicherung.

In Landsberg findet der Umzug am „Lumpigen Donnerstag“ statt. Im Altstadtbereich seien die Läden gleichzeitig geöffnet, sagt Müller. Alle dort zu kontrollieren, sei nicht möglich. Trotzdem sei der Veranstalter für die Sicherheit verantwortlich. Der Umzugsweg müsse vom Faschingsverein überwacht werden, um Vorfälle bei Bedarf an Ordnungsdienst und Polizei zu melden. Ob die Veranstaltung stattfinden wird, stand bis Dienstag nicht fest. Nun ist klar: Der Lumpige findet statt.
In Klosterlechfeld kontrolliert der Faschingsverein Besucher
In Klosterlechfeld organisiert der Faschingsverein Lecharia um Präsident Martin Krause den Gaudiwurm. „Es wird immer schwieriger“, sagt er. Die Gemeinde im Landkreis Augsburg hat für den Tag des Umzugs eine Verordnung erlassen, die von zwölf bis 24 Uhr im gesamten Ortszentrum gilt. „Sie ist in Zusammenarbeit entstanden, wir haben mitbestimmt“, sagt Krause. Der Aufwand für seinen Verein sei „bis jetzt noch nicht nennenswert gestiegen“.
Zu den Maßnahmen in Klosterlechfeld zählt, dass in dem mit Betonpollern gesicherten Bereich alle Messer oder Waffen jeder Art verboten sind. Außerdem ist dort laut dem Präsidenten der Lecharia kein starker Alkohol erlaubt, nur Sekt und Bier. Es dürfen zudem keine Getränke aus Glasflaschen oder zerbrechlichen Behältnissen getrunken werden. Wer am Umzugstag in den Faschingsbereich möchte, wird an einer von vier Schleusen von Mitgliedern des Faschingsvereins kontrolliert. Innerhalb des Faschingsbereichs sorgen von der Gemeinde beauftragte Ordner und die Polizei dafür, dass niemand gegen die Regeln verstößt.
Die Kontrollen der Faschingsgesellschaft mit Schleusen gebe es schon ziemlich lange, sagt Krause. Was den Gaudiwurm am Faschingsdienstag noch gefährden könne, sei, dass der Landkreis zusätzlichen Verordnungen erlässt. „Es gibt keinen Plan B“, sagt Krause. Landratsamt und Regierung sind die Kontrollinstanzen der Kommune. „Wir hoffen, dass nichts mehr kommt.“
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