Diese Ferien in Australien waren bedrückend. Morgens das Rollo geöffnet und oftmals alles Grau in Grau. Die Nase zum Fenster rausgestreckt und kalten Rauch eingeatmet. Die Konsequenz: Mit den Enkelkindern (1 und 2 Jahre) trotz sommerlicher Temperaturen die Tage zu Hause verbracht in Woonona bei Wollongong in New South Wales.
Dort, wo seit Oktober Buschfeuer wüten und unser Sohn mit seiner Familie wohnt. Selbst mittags ist die hochstehende Sonne an manchen Tagen nur als rote Scheibe durch die Wolken zu erkennen. Diese Gegend kann sich dennoch glücklich schätzen. Bis jetzt sind die Wälder dort verschont geblieben von den Bränden, die sich bereits über elf Millionen Hektar Land walzten.
Noch ist alles grün neben der 70 Kilometer langen Bahnstrecke von Sydney nach Wollongong. Der Nationalpark wirkt wie ein Urwald. Grillen zirpen, Kakadus und Papageien kreischen. „Lucky“, also glücklich schätzen darf sich diese Region, sagt eine Frau, die mir im Zug gegenübersitzt. Sie selbst komme aus Nawra, südlich von Wollongong. Ihr Haus stehe noch, ja, aber sie sei auch schon evakuiert worden für einen Tag. Sie sucht in ihrem Handy, zeigt mir einen Film mit glutrotem Himmel. Diese Feuerwalze sei Silvester hinter dem Haus vorbei. Das sei schon gut gewesen, dass alle Anwohner dort von den Behörden in Sicherheit gebracht wurden, samt Hunden, Katzen und sonstigen Haustieren.
Buschfeuer sind für die Australier etwas Normales. Die Zahl von derzeit etwa 170 Feuern in New South Wales und im südlich gelegenen Victoria ist ungewöhnlich hoch. 2.000 Häuser sind bislang durch Feuer zerstört, 25 Menschen gestorben, heißt es im Nachrichtensender des Landes, bei ABC-News. Tausende von Wildtieren wie Koalas, Reptilien, Vögel und Kängurus sollen zudem Opfer der Flammen geworden sein.
Im Netz kursiert ein Video, das zeigt, wie eine Gruppe von Radfahrern einem durstigen Koala aus ihren Wasserflaschen zu trinken gibt.

Der Zusammenhalt ist trotz aller Widrigkeiten groß. Im Fernsehen ist auch zu sehen, wie Besitzer von Ferienanlagen die Häuser denjenigen zur Verfügung stellen, die Hab und Gut verloren haben und momentan nicht wissen, wie es weitergehen soll.
Als „Heroes“ (Helden) werden in den Tageszeitungen die ehrenamtlich tätigen Brandbekämpfer in New South Wales und im südlich gelegenen Victoria bezeichnet. Eine davon ist Annika Cortiana (33) aus Wollongong. Bitter ist für sie, dass wegen des schnell fortschreitenden Feuers die Brandbekämpfer nicht jedes Haus retten können. Cortiana ist Lehrerin an einer privaten Schule, die „glücklicherweise die freiwillige Feuerwehr unterstützt und mich von der Arbeit freistellt“, sagt die 33-Jährige. Jetzt allerdings sind Sommerferien.

Annika Cortiana ist dennoch dreimal pro Woche im Einsatz als „Firefighterin“ (Brandbekämpferin). Sie ist wie viele andere australische Feuerwehrleute der Meinung, dass seit Jahren zu wenig in die Landpflege investiert wurde. Schon die Ureinwohner Australiens, die Aborigines, hätten dürres Gras und Laub im Winter kontrolliert abgebrannt. Das sei nicht mehr üblich, teilweise nicht mehr erlaubt. Feuerwalzen können sich über den ausgedorrten Untergrund von einem ins nächste Waldgebiet vordrängen. Immer wieder steigt das Thermometer auf über 40 Grad.
Hinzu kommt starker Wind. Schon über ein Jahr hat es in manchen Regionen nicht mehr geregnet. Der Klimawandel ist in den Medien ein großes Thema. Im Bundesstaat New Wales ist der Notstand ausgerufen. Behörden ordnen Evakuierungen an und sperren Straßen.
In den Städten und nicht von den Feuern betroffenen Gebieten wie in Wollongong und Woonona geht das Leben aber weiter wie bisher. Die Menschen gehen zum Arbeiten – und auch an den Strand. Morgens der Blick auf die Buschfeuer-App, die anzeigt, wo die Brände wüten und welche Straßen gesperrt sind. Die Luftverschmutzung zeigt eine andere App am Handy. Die ist an manchen Tagen extrem, vor allem in der Hauptstadt Canberra im Landesinneren. Dort hat die Regierung tausende Atemschutzmasken verteilt.
Auch in Woonona an der Ostküste ziehen sich manche zum Radfahren, Spazierengehen oder Arbeiten im Freien Schutzmasken an. Die Rußpartikel dringen durch die Ritzen der Häuser, die Fensterbretter sind morgens mit schwarzem Staub bedeckt. Wegen anhaltender Dürre wird auch dort das Wasser knapp. Seit Wochen dürfen die Bewohner die Gärten nicht mehr mit dem Schlauch wässern. Ob es auch dort noch schlimmer kommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Mit Regen wird erst Ende Februar gerechnet.